Hof Vom Karten-Händler zum digitalen Start-up

Christopher Michael
Hannes Scholz (links) und Marco Feldrapp haben mit Skinbaron eine Online-Plattform für den Handel digitaler Güter ins Leben gerufen. Dort können Fans von Computerspielen wie Counterstrike ihren Waffen ein neues Aussehen verschaffen. Das Geschäft boomt. Foto: Christopher Michael

Hannes Scholz und Marco Feldrapp haben eine Online-Verkaufsplattform gegründet. Dort wechseln täglich Hunderte Counterstrike-Skins den Besitzer.

 
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Hof - Ungläubige Blicke und verwunderte Aussagen bekommen Hannes Scholz und Marco Feldrapp öfter, wenn sie Leuten von ihrer Handelsplattform Skinbaron erzählen. Mit dem "Baron", wie ihn die beiden Unternehmer nennen, bieten sie ein Portal, auf dem Computerspieler sogenannte Skins, verschiedenfarbige Optiken und Muster für Gegenstände und Waffen in Computerspielen wie Counterstrike (CS) und H1Z1, zum Verkauf anbieten können.

Counterstrike

Counterstrike ist ein Computerspiel. Es ist ein taktischer Online-Shooter, der bereits seit dem Jahr 2000 online ist. In ihm steht der Kampf zwischen Terroristen und Spezialeinsatzkräften im Fokus. Counterstrike zählt eine große weltweite Fangemeinde. Die Auseinandersetzungen haben sportlichen Charakter, es gibt offizielle Weltmeisterschaften, Ligen und professionelle Spieler. Die Waffen der Nutzer können seit 2012 mit einem individuellen Aussehen, den Skins versehen werden. Diese können getauscht oder - wie bei Skinbaron - verkauft werden. Skinbaron übernimmt hierbei die Rolle der Handelsplattform.

Der "Baron" trägt Zylinder, Monokel und Querbinder. Er ist das Gesicht des Projekts, das seit Ende 2015 eine ungewöhnliche Eigendynamik entwickelt und nach Angaben Scholz' im ersten vollen Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von rund 20 Prozent verzeichnet hat - wohlgemerkt pro Monat. Der teuerste Skin, der über die digitale Ladentheke ihres Portals gegangen ist, schlug mit fast 2500 Euro zu Buche. Und gerade solche Summen rufen bei Menschen abseits der Szene Erstaunen vor.

"Ich vergleiche das ein bisschen mit teuren Anzügen oder Luxusuhren", sagt Scholz. Ab einem gewissen Grad gehe es auch nicht mehr um konkreten Nutzen, sondern um das Prestige. Und Feldrapp zieht einen Vergleich zur Tuning-Szene, in der auch manche Autofreunde Tausende Euro für Leichtmetallfelgen ausgäben. Trotzdem: Das Gros der Verkäufe, die über Skinbaron abgewickelt werden, bewegt sich in einem weitaus günstigeren Bereich.

Die Handelsplattform agiert beim Verkauf quasi als Treuhänder. Damit werde sichergestellt, dass die Verkäufer ihr Geld bekämen und die Käufer die entsprechenden Optiken, erklärt Scholz. Eigene Skins vertreiben sie nicht, betont er.

Die beiden Unternehmer Feldrapp und Scholz kennen sich bereits seit vielen Jahren und haben sich ursprünglich durch das Kartenspiel "Magic - The Gathering" kennengelernt. Ihre Passion für das Spiel führte dazu, dass sie vor zehn Jahren in Hof einen Laden für die begehrten Spielkarten übernommen und diesen mittlerweile zum nach eigenen Angaben größten Vertrieb in diesem Bereich erweitert haben. Für März steht bereits die nächste Erweiterung dieses Unternehmens an. Ihre Karten vertreiben sie dabei auf Handelsplattformen im Internet.

Zurück zum neuen Unternehmen Skinbaron: Feldrapp und Scholz sehen durchaus einige Parallelen der neuen Online-Welt zu den traditionellen Magic-Karten und den Gesetzen der Marktwirtschaft. Je rarer ein Skin sei, desto teurer werde er. Auch der optische Zustand der Modifikationen sei entscheidend. Je hübscher eine Textur aussehe, desto begehrter sei sie. "Es gibt regelrechte
Skin-Sammler, die haben Werte von um die 200 000 Euro in ihrem Account liegen", erklärt Scholz. Und noch einen Preistreiber gebe es, erklären sie.

Immer öfter würden Counterstrike-Partien im Internet übertragen. Mittlerweile ist eine richtige E-Sports-Szene entstanden, mit Turnieren und Meisterschaften. "Nutzt der Sieger eines großen Turniers einen bestimmten Skin, schnellen im Anschluss die Verkäufe davon in die Höhe", schildert Scholz und verweist auf die Verkäufe bestimmter Fußballschuhe, wenn etwa Ronaldo mit ihnen Europameister geworden ist.

Dass die Jung-Unternehmer den Schritt zum Einstieg in das Skin-Geschäft gegangen sind, hat auch mit Tobias Herberhold, dem dritten Gesellschafter des Start-ups, zu tun. Er war jahrelang professioneller Counterstrike-Spieler, trainiert nun ein CS-Team und brachte laut Scholz die Idee ins Spiel, eine Onlineplattform für Waffenoptiken auch in Europa zu starten. Bislang gebe es vor allem in den USA eine große Plattform, der Markt jenseits des Atlantiks sei bislang kaum erschlossen gewesen.

"Uns ist zugutegekommen, dass wir dank unseres Magic-Vertriebs wussten, was Händler von Verkaufsplattformen erwarten", sagt Scholz. Nun stehen die "Barone" also auf der anderen Seite. "Mittlerweile haben wir etwa 140 000 Nutzer", rechnet Feldrapp vor. Und täglich würden es mehr. Das schlägt sich auch beim Personal nieder. Das soll rasant wachsen. Noch sind es nur die drei Gesellschafter Feldrapp, Scholz und Herberhold sowie drei Programmierer des Software-Entwicklers Peloba in Saarbrücken, der vierte Teilhaber, die für das Unternehmen arbeiten.

In den nächsten Monaten wollen die Internet-Unternehmer analog zu den wachsenden Nutzerzahlen konstant Personal aufbauen. Für Ende des Jahres peilt Scholz eine Zahl von 30 Mitarbeitern an.

Aktuell liegt der Fokus der "Barone" noch auf Deutschland, Österreich und der Schweiz. Noch 2018 soll der Sprung ins nicht-deutschsprachige Ausland gelingen. Erste Stationen sollen Polen und Frankreich sein. Hierfür haben die Unternehmer bereits Mitarbeiter mit entsprechenden Sprachkenntnissen ins Team aufgenommen, die bald schon ihre Arbeit aufnehmen sollen. Die Ziele der Start-up-Gründer aus Hof sind ambitioniert. Doch eine Zwischenbemerkung kann sich Scholz am Ende nicht verkneifen: "Wir schreiben bereits schwarze Zahlen", sagt er. "Das kann nicht jedes Start-up von sich behaupten."

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