Hof Von Katzen, Kritik und kreativen Köpfen

Kluge Köpfe brauchen Freiraum, um innovativ zu sein. Das war der Tenor beim "Hochfränkischen Wirtschaftstag". Symbolfoto: denisismagilov/Adobe Stock Quelle: Unbekannt

Kluge Geschäftsmodelle, frische Ideen und starke Mitarbeiter - damit heben sich Unternehmen von der Konkurrenz ab.

 
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Hof - Der frühere Siemens-Manager Marcus König ist ein großer Tierfreund. Er hat zwei Hunde und eine Katze. Wenn er nach Hause kommt, dann springen ihm die Hunde voller Freude entgegen, buhlen um seine Gunst und wollen mit ihm spielen. Ihr Herrchen genießt es, dass sie seinen Anweisungen folgen. Die Katze hingegen würdigt den Hausherren oft keines Blickes. "Die spielt schon auch mit mir - aber nur dann, wenn sie Lust hat", erzählt er beim "Hochfränkischen Wirtschaftstag" an der Hochschule Hof.

Oberfranken hat Marketing-Schwächen

Oberfranken braucht ein besseres, vor allem vielschichtigeres Marketing. Das war die Botschaft des Bamberger Psychologie-Professors Claus-Christian Carbon beim "Hochfränkischen Wirtschaftstag", der am Montag an der Hochschule Hof stattfand. Die von der Handwerkskammer initiierte Genussregion Oberfranken bezeichnete er als "tolles Aushängeschild" mit einer herausragenden Marketingwirkung. Doch durch ihre starke Präsenz würden viele andere Branchen und Facetten des Bezirks "in den Schatten gestellt".

Dabei habe die Region so viel zu bieten, sagte Carbon. Er hob besonders die starke Wirtschaft mit ihren zahlreichen sogenannten Hidden Champions hervor. So nennt man Unternehmen, die zwar ziemlich unbekannt sind, aber auf ihrem Feld zu den Weltmarktführern gehören.

Carbon hat in einer- allerdings nicht repräsentativen - Befragung von Neu-Oberfranken herausgefunden, dass kaum einer den Begriff Innovation mit dem Bezirk verbindet. Oberfranken werde nicht als Innovationsregion wahrgenommen, deshalb müsse am Image gearbeitet werden, sagte der Professor. Er empfahl eine Marketing-Offensive. Das sei aber nicht nur die Aufgabe des Regionalmarketing-Vereins Oberfranken Offensiv, sondern aller maßgeblichen Akteure. "Die Oberfranken haben allen Grund, selbstbewusst zu sein. Jeder ist ein Botschafter der Region", betonte Carbon.

Was hat dieser nette Einblick ins Privatleben mit der Arbeitswelt zu tun? Sehr viel, findet König, der heute als geschäftsführender Gesellschafter der Mensch.Business GmbH Unternehmen berät. Die Hunde, also diejenigen Mitarbeiter, die brav das machen, was die Chefs vorgeben, werden immer weniger, ist er überzeugt. "Die Menschen hinterfragen heute mehr, sind kritischer." Für viele sei Arbeit nicht mehr nur reiner Broterwerb, sondern sie suchten Sinn in ihrer Tätigkeit. Das gelte gerade für die kreativen und innovativen Köpfe. Führungskräfte müssten deshalb radikal umdenken. Sie müssen mehr kommunizieren, mehr erklären, wie der Redner betont. Die Mitarbeiter wollten verstehen, warum dieser oder jener Schritt getan wird.

Künftig werde es mehr situative Führung geben. Je nach Projekt könnten es unterschiedliche Köpfe sein. König: "Es wird derjenige die Führung übernehmen, dem es die Gruppe zutraut." Flexibilität sei eine wesentliche Voraussetzung, um in der Arbeitswelt der Zukunft erfolgreich zu sein. Vor allem die Digitalisierung verändere und beschleunige Prozesse dramatisch.

"Wir sind alle potenzielle Kreative, aber wir brauchen die entsprechende Kultur, um unser Potenzial freizusetzen", sagt Claus-Christian Carbon, Professor für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre an der Universität Bamberg. Etwa 140 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft sind an diesem Tag gekommen, um sich Tipps zu holen, wie sie eben jene Innovationskultur in ihren Unternehmen beziehungsweise ihren Bildungseinrichtungen etablieren können.

Freiräume für die kreativen Köpfe - das ist nach Ansicht des Professors eine zentrale Voraussetzung für ein gutes Innovationsklima. Carbon, der über Erfahrung als Unternehmer verfügt, ist ein starker Befürworter von Teamarbeit mit Mikro-Budgets. Das bedeutet, dass eine Gruppe innerhalb einer Firma eine überschaubare Summe und ausreichend Zeit bekommt, um eigene Projekte voranzutreiben und umzusetzen. Und zwar ohne dass sich die Mitglieder permanent rechtfertigen müssen - und ohne Vorgaben des Chefs, in welche Richtung sie denken sollen. Seine Erfahrungen mit dieser Art von Teamarbeit seien positiv, weil dadurch Energie, Einsatzbereitschaft und Kreativität der Mitarbeiter gesteigert würden, sagt Carbon.

Andreas Ermer von der AVS Allgemeine Verwaltungs- und Service GmbH hat sich intensiv mit Innovationsmanagement auseinandergesetzt. In dem Bayreuther IT-Unternehmen, das etwa 200 Mitarbeiter beschäftigt, hat er mit einem Team an neuen Geschäftsfeldern gearbeitet. Ermer rät zu einem "Handeln in kleinen Schritten". Entscheidend sei es, viel zu kommunizieren und die Mitarbeiter mitzunehmen. Mitunter müsse man auch mal einen Schritt zurückgehen, um dann wieder zwei nach vorne machen zu können. "Veränderungen sind manchmal nur in homöopathischen Dosen möglich", sagt Ermer. Um glaubwürdig zu sein, sei ebenfalls Selbstkritik wichtig. Daher müsse man nicht nur gute Projekte preisen, sondern auch offen darüber reden, wenn etwas schlecht gelaufen ist.

Robin Cyrnik, geschäftsführender Gesellschafter der Audemagna GmbH in Memmelsdorf im Landkreis Bamberg, rät Unternehmern und Teamleitern, viel stärker die ruhigen und zurückhaltenden Mitarbeiter einzubinden, um Innovationspotenziale zu heben. Nicht immer hätten die lauten und meinungsstarken "Platzhirsche" auch die meiste Ahnung. Gerade viele männliche Führungskräfte überschätzten ihre Kompetenzen.

Pema-Chefin Dr. Laura Krainz-Leupoldt sagt, das kulturelle Engagement ihres Betriebs wirke sich positiv auf das Unternehmens- und Innovationsklima aus.

Die Gründerkultur in Deutschland habe nachgelassen, äußert sich Dr. Heinrich Strunz, Vorsitzender des IHK-Gremiums Hof und Chef der Rehauer Firma Lamilux, besorgt. "Deutschland lebt von seiner Innovationskraft. Wir müssen den Nährboden für Innovation bereiten", fordert er.

Auch der Hofer Hochschul-Präsident Professor Jürgen Lehmann warnt vor Selbstzufriedenheit. Deutschland habe eine starke Wirtschaft, doch in puncto Digitalisierung gebe es "noch eine Menge zu tun". Das gelte auch für die Hochschulen, zeigt er sich selbstkritisch.

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