Coburg Eine Saison "ums Überleben"

Beim Media-Day des Handball-Bundesligisten HSC 2000 Coburg ist die Corona-Pandemie ein zentrales Thema. Sportlich sehen Geschäftsführer Gorr und Trainer Mráz das Team für den Kampf gegen den Abstieg gerüstet.

 
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Coburg - "Coburg ist eine schöne und liebe Stadt mit hilfsbereiten Menschen", beschreibt der neue Rückraumspieler des HSC 2000 Coburg Draško Nenadic seinen ersten Eindruck vom neuen Arbeitsplatz. Und dann herrscht am Media-Day seines aktuellen Klubs noch ein Wetter wie in Spanien, das der 30-jährige serbische Weltenbummler seine bisherige Lieblingsstation nennt. Mit Blick auf die Wohnqualität der Wahlheimat können die weiteren Zugänge der Vestestädter - der iranische Spielmacher Pouya Norouzi Nezhad sowie die beiden aus Magdeburg gekommenen Nachwuchstalente Justin Kurch und Paul Schikora (siehe Einzelportraits auf dieser Seite) - dem Champions-League-Sieger von 2014 mit Flensburg-Handewitt nur beipflichten. Währenddessen berichtet der neue Trainer Alois Mráz auch im sportlichen Bereich von sehr guten ersten Eindrücken: "Die Jungs ziehen gut mit", lobt der 41-jährige tschechische Ex-Nationalspieler seine Mannschaft, die nach dem zweiten Aufstieg des HSC 2000 in die "beste Handball-Liga der Welt" den Klassenerhalt schaffen soll.

HSC-Kader 2020/2021

Trikot-Nummer 1 Kulhánek Jan (Position TW/geboren am 26.05.1981/Gewicht 108 Kilogramm/Größe 1,88 Meter);

2 Preller Max (LA/27.07.2000/85/1,89); 7 Norouzi Nezhad Pouya (RM/23.06.1994/88/1,88); 8 Sproß Felix (LA/23.03.1997/81/1,83); 9 Kelm Dominic (KM/19.01.1988/95/1,86); 12 Poltrum Konstantin (TW/20.02.1994/88/1,95); 15 Nenadic Draško (RL/15.02.1990/102/2,03); 21 Billek Florian (RA/16.07.1988/85/1,87); 24 Mustafic Dino (RM/27.10.2001/90/1,89); 25 Knauer Jakob (RR/11.03.1999/90/1,93); 27 Zetterman Pontus (RR/11.01.1994/94/1,88); 28 Apfel Fabian (TW/28.01.1999/80/1,84);34 Varvne Tobias (RM/18.01.1987/92/1,90); 44 Schikora Paul (RA/03.05.2000/82/1,84); 47 Dettenthaler Felix (LA/20.02.2002/76/1,83); 52 Kurch Justin (KM/20.04.1999/108/1,98); 66 Zeman Štepán (KM/09.05.1997/119/2,02); 71 Schröder Andreas (RL/26.08.1991/103/1,95); 94 Neuhold Christoph (RL/27.04.1994/100/1,94. - Trainer Mráz Alois (08.09.1978/108/1,96); Co-Trainer Baucke Ralf (04.07.1965/1,90).

Anspruchsvolle Aufgabe

Sein Vorgänger auf dem Kommandostand und neuer Geschäftsführer Jan Gorr hält das Potenzial dazu für vorhanden: "Es ist eine wahnsinnig anspruchsvolle Aufgabe, trotzdem sehe ich fünf bis sieben Teams, die mit uns auf ähnlichem Level unterwegs sind." Nach dieser Saison wird es einen verschärften Abstieg geben, bei dem am Ende vier Klubs den Weg nach unten antreten müssen.

Vieles werde von der Entwicklung der Corona-Pandemie abhängen. Auch ob der Klub seinen "Coburger Weg", der einen jungen Spieler und einen Routinier auf jeder Position im Kader vorsieht, in der "besten Liga der Welt" erfolgreich weitergehen kann. Denn sollte die Saison nicht wie erhofft im Oktober mit Zuschauern beginnen, könnte es für die Vestestädter, aber auch für viele weitere Klubs, finanziell schnell sehr eng werden. "Hinter dem Sponsoring spielt der Ticket-Verkauf bei uns im Etat die wichtigste Rolle", sagt Gorr.

Umso mehr hofft der 42-jährige Manager auf die Akzeptanz eines Hygienekonzepts für Spiele vor Publikum in der HUK-Arena, an dem intensiv gearbeitet werde. Wobei die Sportstätte auf der Lauterer Höhe seiner Einschätzung nach allerbeste Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen biete.

Beim Gedanken an Bundesliga-Duelle vor Geisterkulisse wird es auch Dominic Kelm Angst und Bang. Das HSC-Urgestein fungiert inzwischen als Leiter der Geschäftsstelle des Klubs, steht aber auch im diesjährigen Kader erneut als Kreisläufer-Backup im Kader. "Er hat es immer noch drauf und gibt im Training alles", schmunzelt Chefcoach Mráz zufrieden. Noch weit mehr gefordert als beim Erhalt der Fitness ist der 32-Jährige jedoch im "Corona-Chaos", wie er es selbst beschreibt. Die Pandemie-Lage und die Vorschriften können sich täglich ändern, der organisatorische Aufwand sei immens gewachsen. "Sollten vorerst nur Spiele ohne Zuschauer erlaubt werden, kann man das vielleicht bis Weihnachten durchhalten. Danach sehe ich schwarz", hofft auch der "HSC-Tausendsassa" Kelm auf ein erfolgreiches Hygienekonzept und gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden.

Eine ähnlich wichtige Rolle wie ihm, der wie in der vergangenen Saison bei Verletzungspech jederzeit auf der Platte aushelfen kann, wird auch den aus dem eigenen Nachwuchs nachrückenden Talenten zukommen. "Wir haben bewusst Felix Dettenthaler aus der A-Jugend, Max Preller und Dino Mustafic in den erweiterten Kader genommen. Und auch Fabian Apfel, der ja schon länger dabei ist, rückt immer näher an die Stammtorhüter heran", hofft der Geschäftsführer auf Weiterentwicklung in allen Bereichen. Dennoch tritt bei ihm - ungewohnter Weise - angesichts der Corona-Pandemie das Sportliche fast ein wenig in den Hintergrund. "Fast mein komplettes Tagesgeschäft hat inzwischen mit Corona zu tun. Oberstes Ziel muss es erst einmal sein, das Unternehmen sicher durch diese Krise zu bringen und das Überleben zu sichern", stellt der Geschäftsführer klar.

Trainingslager in Pilsen

Allerdings ist ja auch nicht mehr er selbst in erster Linie für die Schlagkraft der Mannschaft verantwortlich, sondern sein Nachfolger, den er aus seiner mittelhessischen Heimat nach Oberfranken gelockt hat. "Erfahrung sammeln, Sicherheit gewinnen, die Qualität steigern", formulierte Anton Mráz beim Media-Day als seine nächsten Primär-Ziele. Darauf hinarbeiten wird er mit seinen Schützlingen in der kommenden Woche bei einem Trainingslager in seiner tschechischen Geburtsstadt Pilsen. Dort sind ebenso Testspiele vorgesehen wie nach der Rückkehr gegen Dresden, Leipzig und Eisenach. Rechtsaußen Florian Billek, wie Gorr und Mráz mit Hüttenberger Vergangenheit, charakterisiert den neuen Chefanweiser im Vergleich zu seinem Vorgänger als ruhiger und weniger impulsiv. Dennoch habe der vierfache Familienvater eine große sportliche und menschliche Autorität und könne, wenn nötig, auch einmal die Stimme erheben.

Vor allem dann, wenn der akribische Handball-Fachmann der Meinung ist, dass nicht alle zu hundert Prozent bei der Sache sind. Denn dass bei allen Corona-Sorgen und Unwägbarkeiten der Spaß beim HSC 2000 nicht zu kurz kommt, scheint sicher. Torjäger Billek und auf dem musikalisch-tänzerischen Sektor Christoph Neuhold hat Trainer Mráz bereits als aktivste Stimmungskanonen ausgemacht. "Aber alles im grünen Bereich", sieht der ausgebildete Erzieher augenzwinkernd nach wie vor keinen Anlass zu entsprechenden restriktiven Maßnahmen.

Bis die Fans in Gelb-Schwarz den neuen HSC erstmals live erleben können, dürfte es noch etwas dauern. "Wir hoffen, eventuell kurz vor Saisonstart noch ein Testspiel mit Zuschauern anbieten zu können, aber die Situation ist und bleibt weiter unberechenbar", will Jan Gorr nicht spekulieren.

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