Coburg Schwarzkittel fühlen sich sauwohl

Schäden durch Wildschweine nehmen zu. Den Tieren geht es hier zu gut. Die Jäger sind gefordert, ihre Zahl im Rahmen zu halten. Aber das ist nicht so einfach.

 
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Coburg - Knietiefe Wühllöcher auf Äckern, Wiesen und in den Wäldern zeigen: Hier waren Wildschweine am Werk. Die Tiere vermehren sich fröhlich, denn sie finden in der Region beste Bedingungen vor und haben keine Feinde außer dem Menschen. Und der tut sich mit der Bejagung der schlauen Schwarzkittel schwer.

Afrikanische Schweinepest

Auch wenn es aktuell keinen Fall im Landkreis Coburg gibt, warnen die Behörden vor der für Schweine ansteckenden Krankheit. Menschen sind nicht gefährdet, aber landwirtschaftliche Tierbestände.

Die größte Gefahr geht von einer unsachgemäßen Entsorgung von Speiseabfällen aus. Unter ungünstigen Bedingungen können unachtsam entsorgte Reste von virushaltigem Reiseproviant ausreichen, um die Seuche einzuschleppen.

Deshalb sollten Essensreste nur in fest verschlossenen, für Wildschweine nicht zugänglichen Müllbehältern entsorgt werden.

"In den siebziger Jahren gab es im Landkreis Coburg so gut wie keine Wildschweine", weiß der Kreisobmann der Jägerschaft im Coburger Land, Heinz Gilbricht. Inzwischen sind es so viele geworden, dass sie bei der Suche nach Nahrung den Menschen in die Quere kommen. Wirft ein Reh maximal ein bis zwei Kitze, bringt eine Bache mehrmals im Jahr bis zu acht Frischlinge zur Welt. Selbst wenn nicht alle durchkommen, wächst die Population dadurch ständig an. Das großzügige Futterangebot und nicht zuletzt der Klimawandel mit den milden Wintern sind für Fachleute aus Forst und Jagd die Hauptursachen für die hohe Reproduktionsrate. Auch die veränderte Landwirtschaft mit den weitläufigen Maisflächen schafft ideale Bedingungen - aus der Schweineperspektive.

Zahlen für den Wildschweinbestand im Landkreis Coburg gibt es nicht. "Schwarzwild lässt sich nicht erfassen, da es kein Standwild ist, wie etwa Rehe, sondern wandert", sagt Jäger Gilbricht. Die Untere Jagdbehörde verweist auf die Abschusszahlen, denn diese stehen immer auch im Verhältnis zur Population. Im Jagdjahr 2018/2019 wurden in den 140 Jagdrevieren im Landkreis Coburg 1050 Schwarzkittel erlegt, das sind 180 Stück weniger als im Zeitraum 2017/2018, aber fast wieder genauso viel wie 2016/2017, wo 1091 Wildschweine zur Strecke gebracht wurden.

Indikatoren für eine zugenommene Population seien vor allem die angerichteten Schäden, sagt Oliver Kröner, Bereichsleiter Forsten im Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF). Beim Rehwild lassen sich die Bestände durch den Verbiss und die alle drei Jahre dazu erstellten Gutachten einschätzen, die als Basis für die Abschusszahlen dienen (die NP berichtete). Anders beim Schwarzwild: Hier gibt es keine Gutachten. Vom Forst wird die Wühlarbeit des Schwarzwilds toleriert: "Mir als Forstmann macht die Sau im Wald keinen Schaden", sagt Albert Schrenker, Leiter des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten (Baysf). Auch für die Naturverjüngung sind die eichel- und buchenmastfressenden Wildschweine laut Aussage des Staatsförsters keine Bedrohung. "Wir bejagen die Sauen eher aus Solidarität mit den Landwirten mit."

Die beklagen durchaus vermehrte Schäden: "Die Tiere graben jetzt im Frühjahr frisch bestellte Felder um auf der Suche nach tierischem Eiweiß", weiß Bauernverbands-Obmann Martin Flohrschütz. "Das ist besonders ärgerlich, weil derzeit das Futter aufgrund der großen Trockenheit im vergangenen Jahr ohnehin knapp ist." In seiner Wahrnehmung ist die Schwarzwild-Population in den letzten Jahren deutlich angewachsen. "Das ist nicht weit weg von einer Plage!", sagt der Vertreter der Landwirte in der Region. Allerdings würden die Schäden oft nicht aktenkundig, weil sich Bauern und Jäger untereinander einigten. Das sei auch gut so, denn das zeuge von einem guten Einvernehmen zwischen den beiden Interessensgruppen, betont Flohrschütz.

Konkrete Abschusszahlen wie etwa beim Rehwild sind im Jagdrecht nicht vorgesehen. Dazu bedürfe es einer Änderung des Jagdgesetzes, sagt Oliver Kröner vom Landwirtschaftsamt. Allerdings habe es zu der Zeit, als das Gesetz festgeschrieben wurde, auch bei Weitem nicht so viele Wildschweine gegeben, räumt Kröner ein. Die Zahl der erlegten Tiere zeige jedoch, dass der Bestand im Landkreis Coburg in den letzten drei Jahren etwa gleich geblieben sei.

Die Untere Jagdbehörde erklärt, dass "seitens der Jägerschaft im Landkreis Coburg die Bejagung auf Schwarzwild sehr intensiv und zielführend durchgeführt wird". Dies bestätigt Forstbeamter Kröner: "Schwarzwild wird mindestens so intensiv bejagt wie Rehwild - in manchen Jagdrevieren aus Angst vor Schwarzwildschäden sogar intensiver. Das Problem ist, dass das intelligente und nachtaktive Schwarzwild mit traditionellen Methoden (Ansitzjagd bei Mondschein) nur sehr schwer zu bejagen ist und zeitgemäße Methoden wie revierübergreifende Bewegungsjagden, Einsatz von Nachtzieltechnik oder Saufänge noch nicht überall angewandt werden. Darüber hinaus wird nicht überall verantwortungsvoll mit Kirrung und Fütterung umgegangen, was die beim Schwarzwild ohnehin hohen Reproduktionsraten weiter in die Höhe treibt."

Seit dem Jagdjahr 2017/2018 sind im Landkreis Coburg auch Nacht-sichtgeräte für die Bejagung von Schwarzwild erlaubt. Das Fleisch der Tiere findet durchaus seine Abnehmer, eine radioaktive Belastung wird nur noch in Einzelfällen gemessen. Die Hauer der Keiler sind bei Waidmännern begehrte Trophäen. "Schwarzwild zu bejagen hat durchaus seinen Reiz", erklärt Albert Schrenker. "Aber man muss es erst mal erwischen!"

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