Teuschnitz Der Netzwerker der Arnikastadt

Heike Schülein
Netzwerkmanager Andreas Bayer im Lehr- und Schaugarten an der Arnika-Akademie in Teuschnitz. Für die Zukunft hat er viele neue Ideen. Foto: Heike Schülein Quelle: Unbekannt

Vor gut 100 Tagen hat Andreas Bayer in Teuschnitz die Nachfolge von Oliver Plewa angetreten. Auf den Neuling warten viele Herausforderungen.

 
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Teuschnitz - Ein idyllisch eingebetteter Wasserbereich, eingestreute Rasenflächen, Blühpflanzen, vor allem aber Kräuter über Kräuter - den Besuchern im rund 3000 Quadratmeter großen Lehr- und Schaugarten an der Teuschnitzer Arnika-Akademie tut sich ein herrlicher Blick auf. Der im Juni 2016 eröffnete Garten mit rund 3500 Pflanzen ist ein Aushängeschild der Arnikastadt. Dessen Projektplanung und Management bildet aber keineswegs den einzigen Aufgabenbereich von Netzwerkmanager Andreas Bayer, der dieses Amt vor rund 100 Tagen angetreten hat.

Akademie, Laden, Café

1989 ist das Landschaftsschutzgebiet Teuschnitz-Aue ausgewiesen worden. Um auf die Schätze in Fauna und Flora aufmerksam zu machen, feierte man 2005 das erste Arnikafest. Daraus bildete sich ein Kreis ehrenamtlich engagierter Bürger. Bald stellte sich heraus, dass das Vorhaben "Arnikastadt" ohne professionelle Hilfe nicht umsetzbar ist. Der erste Schritt hierzu war 2014 die Einstellung von Oliver Plewa als Netzwerkmanager. Die Arnika-Akademie wurde 2014 eingerichtet; die beiden Küchen 2016. Hinzu kam vor zwei Jahren der Laden "Naturmanufaktur - grünerleben" mit hauseigenen Produkten. Dazu gibt es das Arnika-Café.


"Die Stelle ist eine große Herausforderung", sagt der 28-Jährige, der seit 1. Mai in Diensten der Stadt Teuschnitz steht. Die Stelle war frei geworden, als Vorgänger Oliver Plewa zum neuen Bürgermeister in Mitwitz gewählt wurde. "Das Arnika-Projekt wurde in den vergangenen Jahren sehr nach vorne getragen, hat aber - meiner Meinung nach - noch viel Potenzial", zeigt sich der Teuschnitzer, der sowohl ein Bachelor-Studium für Holztechnik als auch ein Master-Studium für Forst- und Umwelt-Ingenieurwesen abgeschlossen hat, sicher. Wie er ausführt, habe er sich der Natur schon immer sehr verbunden gefühlt. In seinem Forst- und Umwelt-Ingenieurwesen-Studium an einer Universität in Lissabon habe er sich auch mit dem Bereich Wildkräuter beziehungsweise essbare Wildpflanzen beschäftigt, wobei ihm vor allem deren gesundheitsfördernde Wirkung auf den Menschen fasziniere. Die Stelle sei für ihn - nach seiner Rückkehr aus Portugal - genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen.

"Meine Tätigkeit ist wirklich breit gefächert, wenngleich das in der Öffentlichkeit vielleicht nicht so wahrgenommen wird", sagt er. Sie umfasst zum Beispiel das Knüpfen von Netzwerken, das Finden von Verbündeten und Kooperationspartnern sowie die Koordination von Arbeits- und Projektgruppen für das Arnika-Projekt.

Hintergrund für das Projekt Arnika-Akademie sei es gewesen, dass die Stadt im Laufe der vergangenen Jahre viele Arbeitsplätze verloren hatte. Die Rennsteig-Gemeinden hätten Leitbilder erarbeitet, um vorhandenes Potenzial zu nutzen. "Da man in Teuschnitz über das größte Vorkommen an Arnika im gesamten deutschen Mittelgebirgsraum sowie über weitere rund 50 Heilkräuter direkt vor der Haustüre verfügt, gab man sich das Leitbild ‚Gesundheit und Natur’", erklärt Bayer. Dabei gelang es der damaligen Bürgermeisterin Gabriele Weber, hohe Fördermittel zu akquirieren.

"Das Arnika-Projekt ist ein großes Konstrukt, an dem viel hängt", stellt der Netzwerkmanager heraus - alles mit dem Ziel, Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Kräutern zu vermitteln, Arbeitsplätze zu schaffen, Ideen für Neugründungen anzubieten, Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu wecken, Inspirationen für die Küche daheim zu liefern sowie Menschen zu mehr Wohlbefinden zu verhelfen. Entstanden sei ein touristischer Meilenstein nicht nur für die Stadt, sondern für die ganze regionale Entwicklung am Rennsteig sowie darüber hinaus. Auch zwei neue Arbeitsplätze wurden dadurch geschaffen. Die Arnika-Akademie sei sicher kein Allheilmittel und man werde allein auch keine 100 Arbeitsplätze schaffen können, aber man habe den Stein ins Rollen gebracht. Sein Dank gilt dabei den vielen Ehrenamtlichen des Arnika-Vereins Teuschnitz mit Hans-Peter Müller an der Spitze.

In der Arnika-Akademie stößt vor allem die Weiterbildung zum TEH-Praktiker auf großes Interesse. Seit seiner Premiere ist der Lehrgang mit IHK-Zertifikat zur "Traditionellen Europäischen Heilkunde" Jahr für Jahr ausgebucht. Dies gilt auch für den im September startenden Kurs. Für 2021 gibt es schon 16 Interessenten. "Wir überlegen, im Frühjahr einen zusätzlichen Lehrgang eventuell als Block-Kurs anzubieten", verdeutlicht Andreas Bayer, der selbst am nächsten Kurs im September teilnehmen wird. Für die Arnika-Akademie schwebt ihm ein Lehrgangskonzept mit eigenen Strukturen vor, losgelöst von der Kooperation mit dem TEH-Verein in Österreich. Konzipiert werden soll dieser Lehrgang in Zusammenarbeit mit einer Universität. Überlegt wird beispielsweise der Aufbau einer eigenen Hausapotheke mit Kräutern und Hausmitteln.

Forcieren möchte der neue Netzwerkmanager die Zusammenarbeit mit weiteren Vereinen, Institutionen und Einrichtungen, gerade am Rennsteig. Bereits jetzt sei die Verzahnung gut. Ein großes Anliegen ist ihm außerdem die Nachnutzung des "Schwarzen Kreuzes" als Gastronomie- beziehungsweise Übernachtungsangebot. Zudem soll im Nebengebäude ein Informationszentrum für die Arnika-Akademie entstehen. Für die Gastronomie ist die Gründung einer Bürgergemeinschaft im Gespräch, für die auch schon Anteile gezeichnet wurden. Weitere Werbemaßnahmen für neue Genossenschaftsmitglieder konnten corona-bedingt nicht stattfinden. Dies wird nachgeholt, sobald es die Situation ermöglicht.

Überhaupt habe die Corona-Krise seinen Einstieg nicht gerade vereinfacht, sagt Bayer; seien doch zum umfangreichen Tagesgeschäft weitere unvorhergesehene Aufgaben wie das Beantragen von Kurzarbeit der Mitarbeiterinnen sowie staatlicher Hilfen und ähnliches hinzugekommen. Der laufende TEH-Lehrgang musste unterbrochen und ein neues Hygienekonzept ausgearbeitet werden. Im Juni wurde der Kurs fortgesetzt, unterteilt in zwei achtköpfige Gruppen; im Oktober soll er beendet sein. "Ich wurde schon etwas ins kalte Wasser geworfen. Aber ich habe mich schnell gut eingewöhnt", sagt der Netzwerkmanager. Sein Dank gilt allen Rathaus-Mitarbeitern sowie Bürgermeister Frank Jakob für die Unterstützung. "Mir hätte nichts Besseres passieren können", freut er sich. Seine Stelle läuft noch bis Ende 2022; eine Verlängerung muss erneut beantragt werden. Das Potenzial hinter der Arnika-Idee sei durch die Corona-Pandemie sogar noch größer geworden, merkt Bayer an; erfolge doch gerade eine noch größere Rückbesinnung der Menschen auf die Kraft der Natur.

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