Coburg Eine Verbeugung vor den Opfern

Wolfgang Desombre
Um an die Coburger Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern, beteiligten sich Ramona Brehm und Roman Rink an der Reinigung der "Stolpersteine gegen das Vergessen" - hier vor dem Haus Steinweg 19, wo einst Heinrich Zucker gewohnt hatte. Foto: Desombre

16 Teams kümmern sich bei einer Aktion der Jusos darum, die mehr als 100 Stolpersteine in Coburg zu reinigen. Und nicht nur das.

 
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Coburg - Die mehr als 100 in ganz Coburg verteilten Stolpersteine glänzen wieder. Sie erinnern an die Coburger Opfer des Nationalsozialismus. Die Jusos im SPD-Stadtverband Coburg reinigten die Steine mit fleißigen Helfern am Samstag.

Die Mahnmale waren im Rahmen eines Kunstprojekts von Gunter Demnig in Coburg verlegt worden. Die Betonquader mit Messingtafel sind in den Bürgersteig vor jenen Häusern eingelassen, in denen die jüdischen Mitbürger einst gelebt oder gewirkt hatten. Die Inschrift der Tafel gibt Auskunft über ihre Namen, ihr Alter und ihr Schicksal.

Seit 2009 wurden im gesamten Stadtgebiet weit über 100 solcher Stolpersteine verlegt. Da die Messingtafeln mit der Zeit ihren Glanz verlieren und sich verfärben, rufen die Coburger Jusos seit 2012 jedes Jahr zum gemeinsamen Putzen auf. Auch in diesem Jahr wurde auf diese Weise an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Es fanden sich Aktive aus 32 Haushalten, die auf 16 Teams aufgeteilt wurden. An jeder Adresse wurde eine Kerze entzündet, eine Rose niedergelegt und bei einer Schweigeminute innegehalten.

Ein großes Zusammentreffen, wie es normalerweise zu Beginn der Aktion am Rathaus stattfindet, sei wegen Corona leider nicht möglich gewesen, sagte Oliver Pieschel, einer der Organisatoren. Umso wichtiger sei es, die Reinigungsaktion trotzdem durchzuführen. "Dieses Thema bleibt und ist wichtiger denn je", betonte Pieschel. "In Zeiten, in denen der Hass auf andere wieder zunimmt, müssen wir der Gegenpol bleiben und für eine offene Gesellschaft eintreten. Wir dürfen diese schrecklichen Taten niemals vergessen, auch wenn die letzten Überlebenden nicht mehr unter uns sein werden. Ihre Geschichten und ihr Leben haben immer einen Platz in unseren Herzen."

Auch Oberbürgermeister Dominik Sauerteig war unter den Aktiven: "Ich nehme seit vielen Jahren an der Stolperstein-Reinigung der Coburger Jusos teil und bin sehr dankbar, dass es junge Menschen gibt, die sich um die Erinnerungskultur in Coburg kümmern." Vor einigen Jahren habe er im Konzentrationslager Auschwitz Ester Bejarano, eine Holocaust-Überlebende, getroffen, sagte Sauerteig: "Sie berichtete von grenzenloser Unmenschlichkeit durch die Nazis. Und die Nationalsozialisten gingen auch bei uns in Coburg mit unglaublicher Brutalität gegen Juden, Kommunisten, Gewerkschafter und Sozialdemokraten vor.”

SPD-Stadträtin Ramona Brehm wirkte ebenfalls an der Reinigung der Stolpersteine mit: "So können wir uns gemeinsam vor den Menschen, die grausam von Nationalsozialisten ermordet wurden, wortwörtlich verbeugen und ihnen Respekt erweisen." Um weitere Opfer zu ehren, regte sie an, zusätzliche Stolpersteine im Stadtgebiet von Coburg zu verlegen. Juso-Vorsitzender Bastian Braunersreuther würdigte das Engagement der Aktiven. Besonders in Coburg, eine der ersten Hochburgen des NS-Regimes, sei es wichtig, eine dauerhafte Erinnerungskultur aufrechtzuerhalten, sagte er.

"Mich stimmt es positiv, dass in diesen Zeiten der Zuspruch zu unserer Reinigungsaktion steigt und viele Menschen sich uns anschließen", hob Toni Münster, einer der Aktiven, hervor.

Ähnlich äußerte sich Roman Rink, der sich ebenfalls beteiligte. Mit der Aktion wolle er erreichen, dass diese Zeit niemals vergessen werde und dass sich Bürger Gedanken darüber machten, was die Stolpersteine bedeuten.

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