Anlage am Bretzenstein Aufwind und Gegenwind

Pia Bayer
Interesse, aber auch weiterer Informationsbedarf: Am Montag und am Dienstag fanden die beiden Bürgerinformations-Abende zum Thema Windenergie in Untermerzbach und Ebern statt. Foto: Pia Bayer

Das Interesse an den Bürgerinformationen zum Thema Windenergie in Untermerzbach und Ebern ist groß – und die Debatte teils hitzig. Konkret geht es um die Pläne für ein neues Windrad am Bretzenstein, die schon Ende 2023 umgesetzt werden könnten.

 
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Kurz vor Veranstaltungsbeginn um 19 Uhr werden am Montagabend in der Turnhalle der Grundschule Untermerzbach weitere Stühle in den Raum getragen. Am Ende reichen die Sitzplätze trotzdem nicht. Auch die folgende Veranstaltung am Dienstagabend in der Frauengrundhalle in Ebern wird fast bis auf den letzten Patz gefüllt sein. Das Interesse ist groß an den beiden Bürgerinformationen in Untermerzbach und Ebern zum Thema Windenergie. Immer wieder werden Handykameras gezückt, um Vortragsfolien während der Präsentationen abzufotografieren, manche Zuhörer machen sich Notizen, wieder andere diskutieren noch lange an den Tischen des Infomarktes, der sich an die Vorträge anschließt. Gleichzeitig wird auch Kritik laut.

Gemeinsam hatten die Bürgermeister der beiden Kommunen, Helmut Dietz und Jürgen Hennemann (beide SPD), zu den Informationsabenden eingeladen. Aktueller Anlass ist ein sogenanntes „Repowering“-Projekt am Bretzenstein, zu dem es bereits seit zwei Jahren Vorabstimmungen im Hintergrund gibt. Die geänderte Rechtslage für die Windenergie auf Bundesebene und die Lockerung der seit 2016 geltenden 10-H-Regelung in Bayern, die zum 16. November in Kraft tritt, machen eine Umsetzung nun möglich.

Konkret geht es darum, die beiden bestehenden Windkraftanlagen zwischen Ebern und Untermerzbach abzubauen. Stattdessen soll ein neues Windrad entstehen: rund 2,5 Mal so hoch wie die alten Anlagen, der Standort etwas weiter südlich Richtung Wald auf Untermerzbacher Gemeindegebiet. Es wird als „Bürgerwindrad“ beworben, das heißt: Bürger können sich finanziell am Projekt beteiligen, die Gemeinden vor Ort sich über Gewerbesteuereinnahmen freuen.

Vorträge und Thementische

Bei den beiden Bürgerinformationen nun sollten die Bewohner vor Ort über den Stand der konkreten Planungen ins Bild gesetzt werden, allgemeine Informationen zum Thema Windenergie und entsprechende Rahmenbedingungen erfahren sowie Gelegenheit für Fragen erhalten. Dazu hatten sich die unterfränkischen Windkümmerer Johanna Merthan und Rolf Pfeifer, die die Gemeinden Untermerzbach und Ebern bereits seit zwei Jahren bezüglich weiterer Potenziale für die Windenergie beraten und betreuen, folgendes Format überlegt: Nach einer kurzen Begrüßung durch den jeweiligen Bürgermeister wurde das Thema Windenergie in fünf Vorträgen von der Lage auf Bundesebene über die Kreisebene bis hin zum geplanten Projekt auf dem Bretzenstein heruntergebrochen. Darüber hinaus standen Informationen über das anstehende Genehmigungsverfahren und rechtliche Rahmenbedingungen für den Rückbau der beiden bestehenden Windkraftanlagen an. Anschließend konnten im Plenum Fragen gestellt werden, bevor abschließend diverse Thementische Gelegenheit zur weiteren Diskussion boten.

Bayern hat zu wenig Strom

Einig waren sich dabei alle Referenten, dass Deutschland vor gesellschaftlich großen Herausforderungen steht und die Energiewende schnell vorangehen muss. „Wenn wir die Energiewende wirklich angehen wollen, geht es nicht nur um die Stromversorgung, sondern vor allem auch um die Wärmeversorgung“, hob dabei Windkümmerer Rolf Pfeifer hervor. Dafür habe Bayern derzeit „schlicht und ergreifend zu wenig Strom“. Markus Siller, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge mbH (GUT), wiederum betonte die Wichtigkeit eines Energie-Mix aus Photovoltaik und Windenergie sowie die zusätzliche Notwendigkeit von Speichermöglichkeiten für die Versorgungssicherheit.

Dann ging es ins Detail für den Bretzenstein – und Handys und Kugelschreiber kamen immer häufiger in den Reihen der Zuhörer zum Einsatz: Reinhold Zeilinger erläuterte den aktuellen Planungsstand zum Repowering-Projekt. Mit weniger Umdrehungen pro Minute, einem verbessertem Strömungsprofil sowie insgesamt technischen Weiterentwicklungen bezüglich Schallverhalten und Effizienz warb er für das geplante neue Windrad und versuchte Anwohnern Ängste zu nehmen: „Wir sind bei jedem Immissionsort im Irrelevanzbereich. Ich denke, es gibt wenige Planungen, die solche Werte vorweisen“, betonte er und sagte weiter: „Es ist eine Verbesserung zu erwarten.“

Investitionssumme: acht Millionen Euro

Die avisierte Investitionssumme für das neue Windrad beträgt acht Millionen Euro, zehn bis 35 Prozent will man dabei mittels Bürgerbeteiligung generieren, erklärte Zeilingers Tochter Katrin Held die finanziellen Rahmendaten. Mögliche Anteile starten bei 500 Euro, die Höchst-Einlagegrenze pro Person beträgt 25 000 Euro. „Die Bürger aus Ebern und Untermerzbach haben ein Vorzeichnungsrecht.“ Um weitere Faktoren wie den Beteiligungszeitraum möglichst nach den Wünschen vor Ort gestalten und Interessierte über die weiteren Schritte des Projekts informieren zu können, wurde unter der Internetadresse https://buergerbeteiligung.naturenergie-zeilinger.de/ bereits eine Online-Plattform eingerichtet.

Regierungsrat Matthias Hohmann, Leiter der Abteilung Bau und Umwelt am Landratsamt Haßberge, machte anschließend den Rechtsrahmen für eine Genehmigung deutlich. Demnach handelt es sich um ein besonderes bauliches Projekt, das nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und den Vorgaben für das Repowering in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren geprüft werden muss. Die Öffentlichkeit müsste in diesem Fall gar nicht beteiligt werden, lobte er, dass die Bürgerinformationen dennoch stattfanden. „Wir sind noch im Genehmigungsverfahren: Es ist noch keine Entscheidung getroffen worden, sondern es wird erst noch geprüft“, machte er auf Nachfrage während der Fragerunde im Plenum deutlich.

Vogelschutz und Treibhausgas

Weitere Fragen reichten vom Vogelschutz über das Treibhausgas Schwefelhexafluorid bis hin zu den konkreten Bedingungen für den Rückbau und erwarteten Schall- und Schattenbelastungen. Kritisch gegenüber dem Vorhaben äußerten sich vor allem die Bewohner des Aussiedlerhofs bei Hemmendorf, die 1180 Meter vom geplanten Standpunkt des neuen Windrads entfernt wohnen. Zu oft seien ihnen in den letzten 20 Jahren bereits leere Versprechungen bezüglich der zwei bestehenden Windräder gemacht worden, mahnten sie an und fühlen sich erneut bereits vor vollendete Tatsachen gestellt. „Ist es möglich, die Kommunikation in Zukunft offen und fair zu gestalten?“, fragte deshalb Karina Stüllein. Ein eigener Vortrag war ihnen nicht zugestanden worden, an einem Thementisch konnten allerdings auch sie ihre Argumente mit Interessierten am Ende des Abends austauschen.

Kritik an Kommunikation

Auch unter den Anwohnern gibt es dabei unterschiedliche Meinungen zu eventuellen neuen Windrädern. „Warum macht man dann denn nur eins und nicht gleich fünf?“, fragte so ein Anwohner aus Fierst.

Deutlich wird an den beiden Abenden, dass es Kritik gibt, aber auch Zustimmung für die Planung des neuen Windrads. Die Kritik richtet sich dabei im Wesentlichen auf die Art der Kommunikation, die Zustimmung bezieht sich auf die Energiewende als Ganzes und das Interesse an der konkreten Beteiligung.

Um 22.33 Uhr verlassen die letzten Besucher die Turnhalle der Grundschule Untermerzbach am Montagabend. Am Dienstagabend wären einige noch länger geblieben, doch Bürgermeister Jürgen Hennemann knipst in der Frauengrundhalle schließlich um 22.36 Uhr die Lichter aus. Interesse, aber auch weiterer Informationsbedarf bei den Bürgern sind vorhanden.

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