Architektur der Zukunft Diese Häuser sind ein Traum

Wie sieht das Wohnen der Zukunft aus? Eberner Gymnasiasten machen sich nicht nur Gedanken, sondern dazu auch sagenhafte Modelle. Da staunt auch der Profi-Architekt.

 
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Wie wollen wir in Zukunft leben? Eine Frage, die Politik und Wissenschaft ebenso beschäftigt wie die Schüler des Friedrich-Rückert-Gymnasiums (FRG) in Ebern. Die künftigen Abiturienten der Q12 geben nun äußerst kreativ und handwerklich geschickt die Antwort und präsentieren ihre persönlichen Traumhäuser.

Kunstlehrer Claus Gehring hatte das Thema in seinen beiden Kursen angestoßen und zeigt sich begeistert über die Resultate. „Wahnsinnig tolle Arbeiten“, seien dabei herausgekommen, hinter denen viel Mühe, aber auch viel Zeit stecken würden. Und das so kurz vorm Abitur. Er habe es auch schon mit anderen Themen versucht, Studentenwohnheim oder ähnliches, aber am interessantesten für die Schüler sei doch, wie sie selbst ihre Wohnsituation in ein paar Jahren sehen – „und für mich auch“, schmunzelt Gehring. Ein Kunsthalbjahr der Oberstufe beschäftigt sich mit Architektur, von Klenze über Le Corbusier bis zu den Bauten der NS-Zeit, einige Kenntnisse davon dürften auch in die Werke seiner Schüler eingeflossen sein, hofft Gehring. Mit deren Zukunftsvisionen wiederum könnte ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen werden: „Wir haben das Projekt ,Friedrich-Rückert-Siedlung’ genannt“, sagt Gehring: „Weil wir hoffen, dass etwas davon in den künftigen Siedlungsbau einfließt.“ Dort habe nämlich Ästethik oder Kreativität gemeinhin noch viel zu wenig Einfluss. Ganz im Gegensatz zu den Modellen der Schüler. „Ich finde, in der Siedlung stehen schon zu viele eckige Häuser“, befindet etwa Bastian Lorz: „Deshalb wollte ich etwas Gegensätzliches.“ Eine runde Sache, die nur im Inneren Ecken und Kanten hat – „schon wegen der Möbel“, wie Bastian Lorz erklärt. „Ich weiß zwar nicht, ob das alles dann so den Bauvorschriften entspricht, aber es wäre schön, sich mit seinem Haus von den anderen unterscheiden zu können.“

Das tut auch Victoria Wrazidlo mit ihrem „A-frame-house“ im skandinavischen Stil. „Nurdachhaus“ nennt man die Form von Häusern auch, bei bei denen die Dachflächen bis fast auf den Boden hinunter reichen. „Ich mag es, wenn über dem Kopf viel frei ist“, formuliert es die Schülerin. Eine große Fensterfront bietet bei ihrem Modell darüber hinaus viel Weitsicht. Viel Wert legt Victoria Wrazidlo auf Natürlichkeit und den Baustoff Holz – auch wenn der bekanntlich derzeit alles andere als günstig ist, wie sie an der Baumarktkasse erleben musste: Mit 95 Euro waren ihre 15 Punkte letztlich zwar teuer, aber auf jeden Fall verdient.

Natur und Klimafreundlichkeit spielten auch bei Wenzel Berninger eine große Rolle. Er brachte an seinem Hausmodell gleich Solarpaneelen an. Außerdem plant er groß, „mit vielen Wirtschaftsräumen im Inneren und angegliedertem Hofladen“, wie er zeigt: Arbeit und Familie unter einem Dach, ein Modell der Zukunft.

Für das Material konnten er und die anderen Schüler sich unter anderem aus dem großen Fundus der Kunsterzieher bedienen, aber auch das ehemalige Schulhaus hatte noch verwertbare Hinterlassenschaften. „Stuhllehnen zum Beispiel“, grinst Wenzel Berninger – Recycling der kreativen Art.

Apropos kreativ: Die Bandbreite der Werke ist wirklich enorm. Da gibt es den spektakulären „Deininger-Dower“, eine fränkische Turmbauvariante, benannt nach seinem Schöpfer, oder eine futuristische „Wohnkapsel“, die Jasmin Kleilein vorstellt. Dazu gleich mehrere Varianten in ökologischer Bauweise, Wohnen im Grünen und Bauhaus-Villen mit viel Licht.

Mitunter steckte regelrechte Profiarbeit in und hinter den Modellen. Noah Binder beispielsweise zog seinen Bruder, Student der Informatik, zurate, der ihm bei der Programmierung einer Intervallschalte für die Hausbeleuchtung half. Sein Haus glänzt jedoch nicht nur mit Lichtkreationen, sondern vor allem mit einem Pool „als Haus- und Lebensmittelpunkt“, wie Noah Binder erklärt. Deswegen ist das gute Stück in einer Art Atrium auch von allen Räumen im Erdgeschoss zugänglich, besonders vom Arbeitszimmer aus – Stichwort Entspannung im Homeoffice. „Gerade in Coronazeiten besonders wichtig“, sagt Noah Binder: Wasser beruhigt und nimmt den Stress.

Bis ins kleinste Detail hat Noah Binder seine Räume verplant, die Skizzen dazu säuberlich ausgearbeitet. Und tatsächlich: Er wolle wirklich Architektur studieren, sagt der Abiturient, der sich dafür schon Innsbruck als Studienort ausgesucht hat.

Die Studienpläne dürfte Peter Kuhn mit Freuden vernommen haben. Der Architekt von Baurconsult aus Haßfurt, verantwortlich für den Gymnasiumsneubau, ist ebenfalls zu Gast bei der kleinen Ausstellung, die Claus Gehring in der neuen Schulaula organisiert hat. Quasi zur „Aula-Einweihung als Ausstellungsort“, wie der Kunstpädagoge schmunzelt. Die neue Aula, ihrerseits als Atrium mit hellem Oberlicht gestaltet, lobt auch Schulleiter Martin Pöhner und mit ihr den Architekten. Der wiederum erzählt den Schülern, dass er selbst als ersten Entwurf in seinem Studium ein Einfamilienhaus geplant hatte. Über die vorgestellten Werke zeigte er sich begeistert – prämieren könne er sie aber nicht, sie seien „unterschiedlich toll“, wie der Profi befand. „Beim Thema Traumhaus kann es keinen Sieger geben“, so Peter Kuhn, „jeder hat hoffentlich selbst den ersten Platz für sich erreicht“.

Zu viel Euphorie für die künftige „Friedrich-Rückert-Siedlung“ will der Architekt aber nicht verbreiten: Unter Profis sei es schon länger fraglich, ob das Einfamilienhaus angesichts der zunehmenden Wohnungsnot eine Zukunft habe. „Das Traumhaus wird für viele ein Traum bleiben“, so Kuhn.

Andererseits, hält die einstige First Lady Eleanor Roosevelt weise entgegen: „Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben.“

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