Astronomisches Rätsel gelüftet Wie der Zwergplanet Pluto an sein Herz kam

Markus Brauer/
Grafische Darstellung des riesigen und langsamen Einschlags auf Pluto, der zur herzförmigen Struktur auf dessen Oberfläche führte. Foto: Universität Bern, Illustration Thibaut Ro/dpa

Auf der Oberfläche des Zwergplaneten Pluto ist eine riesige herzförmige Struktur zu erkennen. Wie ist sie entstanden? Eine internationale Forschungsgruppe hat das Rätsel um ihre Herkunft gelöst.

 
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Das riesige helle Herz auf Plutos Oberfläche ist wahrscheinlich Ergebnis einer Kollision mit einem Eisbrocken. Das ergeben Simulationen einer internationalen Forschungsgruppe, über die im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichtet wird. Die Studie stellt zudem infrage, ob sich unter der Oberfläche des Zwergplaneten wirklich ein Ozean befindet.

Das helle Herz des Eiszwerges

Im Juli 2015 flog die US-amerikanische Raumsonde „New Horizons“ nach über neunjähriger Flugzeit an dem Zwergplaneten am Rand unseres Sonnensystems vorüber und lieferte erstmals hoch aufgelöste Bilder und Daten von Pluto und seinen Monden zur Erde.

Dabei zeigten die Aufnahmen ein großes helles Herz auf der Oberfläche des Eiszwerges. Jene Struktur wurde auf den Namen „Tombaugh Regio“ getauft – nach dem US-Astronomen Clyde Tombaugh, der Pluto vor fast 100 Jahren entdeckte.

Der Zwergplanet Pluto trägt ein auffallend helles Herz auf seiner Oberfläche. Foto: © Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/ Southwest Research Institute

„Sputnik Planitia“ im Fokus der Astronomen

Eine internationale Gruppe aus Astrophysikern um Harry Ballantyne von der Universität Bern hat sich nun mit dem Rätsel um Entstehung und Beschaffenheit von Plutos Herz befasst. Dabei konzentrierte sich das Team auf „Sputnik Planitia“, den westlichen, tropfenförmigen Teil der Struktur.

„Sputnik Planitia“ liegt drei bis vier Kilometer tiefer als der größte Teil des Pluto. Foto: Imago/Piemags

Dieser Teil umfasst eine Fläche von 1200 mal 2000 Kilometern, was einem Viertel der Fläche Europas entspricht, und liegt drei bis vier Kilometer tiefer als der größte Teil der Himmelskörper-Oberfläche.

„Das helle Erscheinungsbild von ‚Sputnik Planitia’ ist darauf zurückzuführen, dass es überwiegend mit weißem Stickstoff-Eis gefüllt ist“, erklärt Hauptautor Ballantyne. Das Eis bewege sich und es finde ein Strömungstransport statt, sodass die Oberfläche ständig geglättet werde. „Dieser Stickstoff hat sich höchstwahrscheinlich nach dem Einschlag aufgrund der geringeren Höhe schnell angesammelt.“

Das „Herz“ des Pluto ist zweigeteilt. Der größere Westteil wird von der Tiefebene Sputnik Planitia gebildet. Foto: © Nasa/JHUAPL/SwRI

Plutos Herz ist Ergebnis einer Kollision

Mithilfe einer Simulationssoftware bildete das Team nach, wie „Sputnik Planitia“ entstand. Auf diese Weise errechneten die Forscher, dass jener Teil des Herzens wahrscheinlich Ergebnis einer Kollision ist, bei der ein planetarischer Körper mit einem Durchmesser von etwa 700 Kilometern mit geringer Geschwindigkeit auf die Oberfläche prallte.

Der Brocken bestand vermutlich überwiegend aus Eis mit einem Gesteinskern. „Die längliche Form von ‚Sputnik Planitia’ deutet stark darauf hin, dass es sich nicht um einen direkten Frontalaufprall, sondern um einen Schrägaufprall handelte“, erläutert Co-Autor Martin Jutzi – eine These, welche durch die Simulationen bestätigt wurde.

Seitliche Ansicht des Einschlags: Der Einschlag durchschlägt fast den gesamten Plutomantel, der Kern (violett) des Impaktors rutscht dabei weiter als sein Eismantel (grün). Nach dem ersten Krater (a) füllt sich der größte Teil der Senke mit Eismaterial des Brockens (b). Der schwere Gesteinskern des Impaktors bleibt unter der Südhälfte der Einschlagsregion liegen. Foto: © Ballantyne et al./Nature Astronomy/CC-by 4.0

Pluto verlor vor 20 Jahren seinen Status als Planet

„Plutos Kern ist so kalt, dass das Gestein sehr hart blieb und trotz der Hitze des Einschlags nicht schmolz“, erläutert Ballantyne. Dank des schrägen Einschlagwinkels und der geringen Geschwindigkeit sei der Kern des Einschlagkörpers nicht in Plutos Kern eingesunken, sondern auf ihm liegengeblieben.

Die eisige Oberfläche des Pluto. Foto: Imago/StockTrek Images

„Irgendwo unter ‚Sputnik’ befindet sich der Restkern eines anderen massiven Körpers, den Pluto nie ganz verdaut hat“, fügt Mitautor Erik Asphaug von der US-University of Arizona in Tuscon hinzu.

Wie die Autoren anmerken, werfe ihre Studie auch ein neues Licht auf die innere Struktur des Eiszwerges, der vor knapp 20 Jahren seinen Status als Planeten verlor. Bislang wird davon ausgegangen, dass Pluto – ähnlich wie andere Himmelskörper im äußeren Sonnensystem – einen unterirdischen Ozean aus flüssigem Wasser besitzt. Die Simulationen ließen nun auch die Sichtweise zu, dass es auf Pluto nur einen sehr dünnen oder gar keinen unterirdischen Ozean gebe.

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