Ausstellung in der Mühle Mürsbach Kunst und der industrielle Komplex

Sonderborgs „Electric Chair“ von 1974. Foto:  

Die Mürsbacher THEgallery stellt Werke des Informel-Künstlers K.R.H. Sonderborg den zeitgenössischen Arbeiten Michelle-Marie Leteliers gegenüber.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In diesem Jahr wäre der 100. Geburtstag von Karl Rudolf Hoffmann alias K.R.H. Sonderborg gewesen. Die neue Ausstellung in der THEgallery Mürsbach zeigt die politischen Motivationen eines Künstlers des deutschen Informel in politisch bewegten Zeiten. Parallel dazu präsentiert sich Michelle-Marie Letelier zwei Langzeitprojekte ihre künstlerischen Forschung – der internationalen Lachsindustrie und dem chilenischen Salpeterhandel.

Als Karl Rudolf Hoffmann 18 Jahre alt war, wurde er von Hitlers „Gestapo“ wegen „Anglophilie“ und „Volksverhetzung“ verhaftet, nur weil er als Sohn eines Jazzmusikers seinen Lebensstil pflegte. Er gehörte zu dieser Zeit zur so genannten „Swing-Jugend“ in Hamburg. Ein Verbrechen, das mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden konnte und laut Heinrich Himmler dazu führen sollte, dass das Mitglied niemals an einer Universität studieren durfte.

Sonderborg, wie er sich später nach seinem Geburtsort in Dänemark nannte, kam nach fünf Monaten wieder frei. Er musste nicht im Zweiten Weltkrieg dienen, weil er ohne rechte Hand geboren worden war. Er studierte Kunst in Hamburg, aber der akademische Ansatz gefiel ihm nicht. Stattdessen faszinierte ihn vor allem der Hafen mit seinen Kränen, Schiffen und Brückenpfeilern. Es waren diese riesigen Strukturen, die er als unmenschlich groß und überwältigend beschreibt, die zu seiner lebenslangen Obsession wurden - der industrielle Komplex jenseits des menschlichen Maßstabs.

Michelle-Marie Letelier, die mehr als ein halbes Jahrhundert später auf der anderen Seite des Erdballs geboren wurde, teilt eine gewisse Faszination für die überwältigenden Ausmaße des industriellen Komplexes, seine Handelswege und seine globalen wirtschaftlichen Errungenschaften. Eine ihrer ersten großen Zeichnungen erinnert auf unheimliche Weise an die Strukturen, die den jungen Sonderborg so beeindruckt hatten. Aber natürlich blieb Michelle-Marie nicht dabei stehen. Ihre Forschung geht viel tiefer in die kolonialen, techno-ökonomischen, soziologischen und ökologischen Aspekte unserer Ausbeutung der sogenannten natürlichen Ressourcen. Bekannt wurde sie durch das Projekt „Younger Than Jesus“ 2009 im New Museum, New York.

THEgallery, Mühlstraße 8, Mürsbach 23 . Juli bis 24. August, Donnerstag bis Sonntag, 15 bis 18 und nach Vereinbarung www.the-gallery.online, Tel. 0160 556 2 556

Autor

Bilder