Bahnbrechender Beschluss Future Energy Lab „in trockenen Tüchern“

Die Ministerpräsidenten Markus Söder und Michael Kretschmer beim Eintrag in die Goldenen Bücher des Landkreises und der Stadt Wunsiedel. Interessiert blicken ihnen (von links) über die Schulter: Landrat Peter Berek, Bezirkstagspräsident Henry Schramm, Regierungspräsidenten Heidrun Piwernetz und Bürgermeister Nicolas Lahovnik. Foto: Florian Miedl

Das Kabinettstreffen bringt nicht nur schöne Bilder, sondern auch Handfestes für Wunsiedel. Der Freistaat Bayern fördert das Energieforschungszentrum.

 
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Die Future Energy Lab GmbH gibt es bereits. Diese haben die Stadt Wunsiedel und die Universität Bayreuth vor wenigen Wochen gegründet. Alles schön und gut, aber am Ende nutzen ohne die notwendigen Finanzen die schönsten Pläne nichts. Seit Dienstag ist auch dieses Problem gelöst: Der bayerische Ministerrat beschloss in der gemeinsamen Sitzung mit den Kollegen aus Sachsen das Future Energy Lab mit 15,5 Millionen Euro zu unterstützen. Konkret trägt der Freistaat in den ersten fünf Jahren einen möglichen Fehlbetrag in Höhe der vereinbarten Summe. Dies gibt den Gründern Sicherheit und Zeit, die Einrichtung zu etablieren.

„Grüner Wasserstoff ist die Energiebrücke der Zukunft. Bayern leistet hier Pionierarbeit für Deutschland und Europa“, beschrieb Wissenschaftsminister Markus Blume die Bedeutung des Wunsiedler Projekts. So forschen schon in absehbarer Zeit im Future Energy Lab unter anderem Wissenschaftler der Universität Bayreuth und Experten aus der Praxis in Zusammenhang mit der Gewinnung und Speicherung grünen Wasserstoffs.

Forschung und vielleicht Lehre

„Jetzt ist das Future Energy Lab in trockenen Tüchern“, freute sich der Wunsiedler Bürgermeister Nicolas Lahovnik nach der Sitzung im Gespräch mit unserer Zeitung. Nach dem Kabinettsbeschluss könne jetzt mit der Umsetzung begonnen werden. Gut möglich, dass der Dienstag, der 2. Mai 2023 als historischer Tag in die Geschichte der Stadt Wunsiedel eingehen wird. Nicht nur der Bürgermeister hofft, dass eines Tages in der Stadt nicht nur geforscht, sondern auch gelehrt wird. Immerhin begleitet die Universität Bayreuth die Arbeit der Stadtwerke SWW in Sachen erneuerbarer Energien wissenschaftlich. Seit längerem gilt Wunsiedel für mehrere Forschungseinrichtungen geradezu als „Reallabor der Energiewende“.

Im Gespräch ist am Dienstag auch der mögliche zweite Elektrolyseur in Wunsiedel gewesen. Diesen haben die Gesellschafter des eigens für die Wasserstoffproduktion gegründeten Unternehmens Wun-H2 ursprünglich geplant gehabt, angesichts der juristischen Fallstricke des Gesetzes zur Strompreisbremse waren sie allerdings wieder davon abgekommen. (Unabhängig davon ist auch der eine Wunsiedler Elektrolyseur der bislang größte und stärkste in Deutschland.) Lahovnik hofft, dass mit dem Anstoß der Minister die Wasserstoffproduktion in Wunsiedel verdoppelt wird, wenn sie – voraussichtlich – Ende Juni wieder anläuft.

Chance für Gespräche

Schon einige Zeit vor der Doppelkabinettssitzung hatten Lahovnik und Landrat Peter Berek mehrere Gespräche mit Ministern vereinbart. „Das ist eine wahnsinnige Chance für Wunsiedel“, so der Bürgermeister. Vor der Sitzung hatten auf Initiative von Landtagsabgeordneten Martin Schöffel die Landwirte Gelegenheit,sich mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber auszutauschen und vor allem ihre Sorgen vorzutragen.

Der Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, am Dienstag nach der Sitzung Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger das Unternehmen Lamberts vorzustellen. Der Glashersteller ist zum Betrieb seiner Hightech-Brennöfen nach wie vor auf Erdgas angewiesen. „Der Betrieb steuert den Energieeinsatz allerdings derart effizient, dass er weltweit der Glashersteller mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß ist“, so Lahovnik. Firmenchef Christoph Lamberts erläuterte dem Wirtschaftsminister, wie es möglich sein könnte, die Glasindustrie international noch besser aufzustellen. Das Unternehmen hat erst kürzlich in eine neue Produktionshalle investiert und setzt auf den Standort Wunsiedel. Ein wesentlicher Grund ist das Engagement der Stadtwerke SWW in erneuerbare Energien und vor allem grünen Wasserstoff. Da sich das Erdgas für die Brennöfen technisch offenbar aber nicht eins zu eins durch Wasserstoff ersetzen lässt, plant die SWW bereits die Herstellung synthetischen Erdgases (CH4). All dies trägt laut Lahovnik dazu bei, die Wunsiedler Glasindustrie international wettbewerbsfähig zu machen. Aiwanger zeigte sich dem Vernehmen nach interessiert und versprach seine Hilfe, so sie möglich sei.

Einzigartiges Erlebnis

Mehrere bayerische Minister führten am Dienstag noch Gespräche im Landkreis (siehe Seite 8). Lahovnik zeigte sich denn auch im Gespräch mit unserer Zeitung rundum zufrieden mit dem Tag. „Für mich war es natürlich einzigartig, dass ich an der Sitzung teilnehmen durfte. So etwas erlebt man wahrscheinlich nur einmal im Leben.“ Der Wunsiedler Bürgermeister berichtete insbesondere der sächsischen Ministerriege mit Ministerpräsident Michael Kretschmer an der Spitze vom Kampf der Wunsiedler Bürger gegen den Rechtsextremismus. Mehrere Kommunen und Landstriche in Sachsen sehen sich derzeit vor die gleichen Probleme gestellt, die Wunsiedel Anfang des Jahrhunderts hatte, als Rechtsextreme versuchten, die Straße zu okkupieren. Letztlich haben die rechten Kräfte in Wunsiedel nie Fuß fassen können. Kretschmer zeigte sich vom Vortrag Lahovniks beeindruckt und bezeichnete den von den Wunsiedler Bürgern getragenen Widerstand als Vorbild für Sachsen.

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