Bundestagswahl Einfach nur dankbar

Bianca Henning
René Boldt, der Jonas Geissler bei der Nominierungsversammlung der CSU unterlag, zählte zu den ersten Gratulanten. Foto: Frank Wunderatsch

Der neue Coburg-Kronacher CSU-Abgeordnete am Tag eins nach der Bundestagswahl. Der direkt gewählte Abgeordnete hatte eine kurze Nacht und packt schon für die erste Fahrt nach Berlin.

 
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Coburg/Kronach – Jonas Geissler strahlt noch immer. Das Lächeln weicht auch am Montag nicht aus seinem Gesicht, nachdem er am Sonntag das Bundestagsdirektmandat für den Wahlkreis Coburg/Kronach gewonnen hat. Er lächelt und lächelt und lächelt, obwohl sein Terminkalender keine Verschnaufpause zulässt. Der Kronacher Kreistag, dem Geissler angehört, hat in Steinbach am Wald wichtige Weichenstellungen vorzunehmen. Doch der Wahlsieger kommt zunächst nicht mal in den Saal. Zu viele Hände sind zu schütteln, zu viele Schulterklopfer auszuhalten. Nur Tettaus Bürgermeister Peter Ebertsch hebt mahnend den Finger. „Jonas, du wolltest doch jetzt weniger rauchen bei dem Stress, der jetzt vor dir liegt“, tadelt er den designierten Abgeordneten, der vor der Tür noch eine geraucht hatte. Doch das spitzbübische Grinsen Ebertschs verrät, dass das so ernst nicht gemeint ist.

Wie lange die Wahlparty am Sonntagabend gegangen ist? Die Optik Geisslers lässt keine Rückschlüsse zu. Er wirkt frisch, geradezu ausgeruht. Und in der Tat: „So viel Schlaf wie letzte Nacht hatte ich ewig nicht mehr“, sagt er. Irgendwann zwischen 1 und 2 Uhr müsse es gewesen sein, „da haben sie uns rausgeschmissen“, feixt Geissler. Da ist es gerade kurz vor 10 Uhr morgens. Zeit genug offenbar, um sich vom Positiv-Schock zu erholen.

Künftig wird er in der CSU-Geschäftsstelle in Coburg eines seiner Büros haben. Dort, wo bisher Hans Michelbach saß. Aktuell ist er übrigens noch gar kein Abgeordneter. Das wird er erst, wenn der Bundeswahlleiter das amtliche Endergebnis feststellt. „Das passiert in den nächsten zwei Wochen.“ Der Bundestag komme Ende Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Bis dahin will er schon die ersten Pflöcke eingeschlagen haben. Er möchte unbedingt in den Bau- und in den Verkehrsausschuss. „Momentan sind das noch zwei. Es gibt aber Überlegungen, sie zusammenzuführen. Ich will in den Bauausschuss wegen der Städtebauförderung. Die wäre in unserer Region wichtig wegen der Leerstände. Der Verkehrsausschuss soll es sein wegen der B 173, der B 4 und dem Schienenlückenschluss beim ICE.“

Seine Wunsch-Koalition in Berlin wäre „generell die absolute Mehrheit“. Danach Schwarz-Gelb, aber tatsächlich bliebe wohl nur Jamaika – Schwarz-Gelb-Grün. Das schlechte Abschneiden der Union im Bund bewertet Jonas Geissler so: „Man hat nicht auf den Willen der Leute bei der Wahl des Kanzlerkandidaten gehört.“ Soll heißen: Mit Markus Söder wäre das Ergebnis besser gewesen. „Die, die bei uns CSU gewählt haben, haben sie trotz Laschet gewählt, nicht wegen ihm. Ich denke aber trotzdem, dass er ein guter Kanzler werden würde, wenn er die Chance dazu hat. Ich halte ihn nicht für so schlecht, wie über ihn geschrieben wird.“

Jonas Geissler hat erst in der Wahlnacht gegen 2 Uhr so richtig realisiert, was da nun eigentlich passiert ist. „Ich habe mir zu Hause das Ergebnis noch einmal angeschaut. Und das war ein ganz eigener Moment. Da war ich einfach nur dankbar“, sagt er.

Ihm sei in dieser Wahlnacht aber auch klar geworden, wie viel Verantwortung das jetzt ist. Noch nie sei die Gesellschaft so auseinandergedriftet wie jetzt. Er nennt ein Beispiel: Da gibt es die einen, die Angst vor der Klimaerwärmung haben und alles für den Klimaschutz tun würden. Denen gegenüber stehen die anderen, die sich um ihren Arbeitsplatz sorgen, die sich für den Klimaschutz wenig begeistern können. Und beide lassen Argumente des anderen gar nicht erst zu. Dass sich die Menschen wieder zuhören, „das ist eine Mammutaufgabe“.

War seine Kampagne nun so viel besser als die von Ramona Brehm, seiner Gegenkandidatin von der SPD, die in den letzten Wochen als Favoritin gesehen wurde? Geissler überlegt kurz, sagt dann: „Ich denke, ich konnte meine Leute mehr dazu bewegen, Wahlkampf für mich zu machen. In Kronach war das klar, aber in Coburg musste ich sehr dafür werben. Und ich war zwei Monate lang fast nur in Coburg unterwegs. Habe manche Orte ein paar Mal besucht. Das war der Schlüssel dazu. Die Kampagne hat nur funktioniert, weil die CSU in Coburg-Stadt, -Land und Kronach dahinter stand.“

Was steht in den nächsten Tagen für ihn noch an? Jonas Geissler wird seine Wohnung in München auflösen und sich dann eine Bleibe in Berlin suchen. Dort, wo für die nächsten vier Jahre sein Arbeitsplatz ist.

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