Cannabis-Konum Schizophrenien bei Männern häufig durch Kiffen

Markus Brauer/

Hoher Cannabiskonsum steht in Zusammenhang mit bestimmten psychischen Erkrankungen. Wie deutlich das Risiko durch starkes Kiffen steigen kann, zeigen Forscher nun am Beispiel Schizophrenie.

 
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Ein Mann zündet einen Joint an: Joint (auch Tüte genannt) ist ein mit Cannabisprodukten (meist Haschisch oder Marihuana) gefülltes Papier, das zusammengedreht wird, um es zu rauchen. Foto: dpa/Christoph Soeder

Bei jungen Männern dürften bis zu 30 Prozent aller Schizophrenie-Fälle auf problematischen Cannabis-Konsum zurückgehen. Das schreiben Forscherinnen und Forscher im Fachblatt „Psychological Medicine“.

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Die Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis. Thomasius und andere Experten vermuten, dass der Konsum damit hierzulande insgesamt steigen wird.

Cannabiskonsum-Störung

Die Wissenschaftler hatten sich in einem riesigen Datensatz aus Dänemark angeschaut, wie sogenannte Cannabiskonsum-Störungen (englisch: Cannabis use disorder, CUD) und Schizophrenie zusammenhängen. Kriterien für eine CUD sind unter anderem hoher Konsum, starkes Verlangen nach der Droge oder die Aufgabe oder Einschränkung wichtiger sozialer, beruflicher oder Freizeit-Aktivitäten.

Bisherige Studien hatten bereits gezeigt, dass Cannabiskonsum-Störungen mit schweren psychischen Erkrankungen einhergehen können, beispielsweise mit einer Schizophrenie. Das gilt für Männer genauso wie für Frauen. Nun haben Forscher um Carsten Hjorthøj von der Uniklinik Kopenhagen untersucht, für wen das Risiko am höchsten ist.

Schizophrenie

Die Analyse zeigt, dass 15 Prozent aller Schizophrenien bei Männern in Dänemark im Jahr 2021 ohne Cannabiskonsumstörungen (CUS) hätten vermieden werden können. Bei den Frauen waren es vier Prozent. Besonders hoch war der Anteil mit bis zu 30 Prozent bei den jüngeren Männern im Alter von 21 bis 30 Jahren. CUS seien demnach ein wichtiger Risikofaktor für die Krankheit Schizophrenie, schlussfolgern die Forscher.

Sie hatten Daten von mehr als 6,9 Millionen Männern und Frauen aus dänischen Gesundheitsregistern gesammelt. Bei rund 45 300 dieser Menschen war eine Schizophrenie diagnostiziert worden. Anschließend prüften die Wissenschaftler, bei welchen Personen in den verschiedenen Geschlechts- und Altersgruppen außerdem Cannabiskonsumstörungen bekannt waren und schätzten dann den Anteil aller Schizophreniefälle, bei denen es einen Zusammenhang zu einer solchen Störung gibt.

Eine der schwersten psychiatrischen Erkrankungen

Die dänischen Forscher weisen darauf hin, dass die Anzahl der Menschen mit einer Cannabiskonsumstörung mit den Jahren generell gestiegen sei und auch der THC-Gehalt in Cannabisprodukten immer höher werde.

Für die Betroffenen beginnt in vielen Fällen ein langer Leidensweg: „Die Schizophrenie gehört zu schwersten psychiatrischen Erkrankungen, weil sie mit einer stark verminderten Lebensqualität, einer hohen Behandlungsbedürftigkeit, Unselbstständigkeit und einer starken Einschränkung gesellschaftlicher Teilhabe verbunden ist“, erklärt Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg. Die Studie aus Dänemark lasse sich auch auf Deutschland übertragen.

Info: Wenn die Seele krank ist

Psychische Erkrankungen
Psychische Krankheiten werden heute sehr viel häufiger diagnostiziert als noch vor wenigen Jahrzehnten. Die Grenzen zwischen Befindlichkeitsstörung und echter Krankheit sind fließend, der Spielraum für Diagnose und Therapie groß. Hier eine Übersicht über schwere und häufig auftretende psychische Erkrankungen:

Schizophrenie
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen gehören zu einer Gruppe schwerer psychischer Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik. Im Akut-Stadium treten Probleme der Wahrnehmung, des Denkens, Gefühls- und Gemütslebens (Affektivität) sowie des seelischen Antriebs (Psychomotorik) auf.

Affektive Störungen

Bipolare Störung
Die bipolare affektive Störung (früher manisch-depressive Erkrankung genannt) ist eine schwere Störung und gehört als Erkrankung des Gefühls- und Gemütslebens zu den Affektstörungen. Betroffene leiden unter episodischen, nicht kontrollierbaren und bipolaren (extrem entgegengesetzten) Schüben beim seelischen Antrieb sowie bei Aktivität und Stimmung, die mal in Richtung Depression, Manie oder gemischten Phasen reichen können.

Manie
Eine Manie ist durch gesteigerten Antrieb, Rastlosigkeit und unverhältnismäßig starke Euphorie gekennzeichnet. Diese Störung des Gefühlslebens verläuft meist in Phasen. Antrieb und Stimmung sind weit über das normale Maß gesteigert. Wie die meisten Psycho-Erkrankungen können auch Manien zahlreiche Ursachen haben (psychosoziale Belastungen, Störungen im Hirnstoffwechsel). Die abgeschwächte Form nennt man Hypomanie.

Depression
Depressive Störungen äußern sich in Zuständen seelischer Niedergeschlagenheit, die episodisch oder rezidivierend (wiederkehrend) auftreten. Die Diagnose erfolgt nach Symptomen und Verlauf. Nachdem Ursachen und Verlauf der Erkrankung geklärt sind, werden vom Facharzt Antidepressiva verschrieben und/oder eine verhaltenstherapeutische oder tiefenpsychologische Gesprächstherapie verordnet. Depressionen lassen sich nicht durch pure Willenskraft überwinden, sind aber gut behandelbar. Auch hier ist eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung am effektivsten.

Soziale Phobien
Kennzeichnend für soziale Phobien (auch soziale Angststörungen genannt) sind Ängste – etwa die Angst bei Gesprächen oder Vorträgen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und sich dabei zu blamieren

Zwangsstörungen
Neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen (englisch: obsessive-compulsive disorder, OCD) zählen zu den besonders schweren seelischen Leiden. Betroffene verspüren innere Zwänge, bestimmte Dinge zu denken und/oder zu tun. Auch wenn diese (wie ein Wasch- oder Aufräumzwang) als übertrieben und sinnlos erlebt werden, kann man sich ihnen nicht entziehen, wodurch das komplette Leben beeinträchtigt wird. Bewährt hat sich – vor allem bei schweren Verlaufsformen – eine Kombination aus Verhaltenstherapie und Medikamenten. Ist die Therapie erfolgreich, kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik.

Neurosen
Zum großen Gebiet der Zwangsstörungen gehören die Neurosen, die sehr häufig auftreten. Neurosen sind nervlich bedingte rein funktionelle Erkrankungen, die keine unmittelbare organische Ursache haben. Sigmund Freud (1856-1939), der Begründer der Psychoanalyse, klassifiziert sie als eher leichtgradige Störungen, die durch bestimmte Konflikte verursacht werden. Er stellt sie den Psychosen gegenüber, worunter er schwere seelische Störungen versteht. Der Begriff Neurose ist sehr allgemein, so dass heute neurotische Krankheitsbilder in Gruppen eingeteilt werden, denen spezifische Störungen zugrunde liegen.

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Diese Störungen (wie zum Beispiel Paranoia, Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung oder Posttraumatische Belastungsstörung) sind schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens. Bestimmte Merkmale der Persönlichkeit sind besonders ausgeprägt, unflexibel oder wenig angepasst. Sie können durch Erlebens- und Verhaltensmuster in der Kindheit und späteren Lebensaltern, genetische Veranlagung oder Hirnschäden bedingt sein. Das gestörte Verhalten führt oft zu schweren Beeinträchtigungen des sozialen Zusammenlebens, der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Persönlichkeitsstörungen werden nach ihren typischen Merkmalen unterteilt, wobei Überschneidungen häufig sind. So gibt es paranoide, schizoide, dissoziale, emotional-instabile, zwanghafte, ängstliche, abhängige oder kombinierte Persönlichkeitsstörungen. In Deutschland leiden schätzungsweise neun bis zehn Prozent der Bevölkerung sowie 40 bis 60 Prozent der psychiatrischen Patienten an solchen Beschwerden. Besonders häufig ist die ängstliche Persönlichkeitsstörung, während paranoide und schizoide Störungen sehr viel seltener auftreten. Psychotherapeutische Verfahren wie Psychoanalyse oder Tiefenpsychologie werden am häufigsten eingesetzt. Psychopharmaka können die Symptome abmildern. Je nach Schweregrad kann sich eine Therapie über Jahre hinziehen. (mb)