Coburg Damit das Summen nicht verstummt

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Leider nimmt die Zahl der Blumenwiesen ab. Darunter leiden Bienen und andere Insekten. Foto: Max Busl

Bayerns Bienen geht es schlecht. Ein Volksbegehren will das ändern. Im Februar stimmen die Bürger ab, wie der Artenschutz in Bayern künftig aussehen soll.

 
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Dörfles-Esbach - Bei den aktuellen Temperaturen schwirren noch keine Bienen durch den Garten von Simone Wohnig. Trotzdem ist sie in Gedanken bereits jetzt voll und ganz bei ihnen, denn sie ist Mitbegründerin des Aktionsbündnisses "Rettet die Bienen" im Landkreis Coburg. Das Ziel des Aktionsbündnisses: In den ersten beiden Februarwochen viele Bürger in die Rathäuser im Landkreis zu lotsen, um sich dort am bayernweiten Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit Bayern - Rettet die Bienen!" zu beteiligen

So schlecht geht es den Bienen

Honigbienen müssen von ihren Imkern oft bereits im Hochsommer mit Zuckerwasser zugefüttert werden, weil es nicht genug Blüten gibt.

In Bayern leiden Bienenvölker nicht nur darunter, dass es nicht genug Blüten gibt, sondern auch unter Varroamilben.

40 der 506 in Bayern heimischen Wildbienenarten gelten als verschollen oder ausgestorben.

Von den 466 verbliebenen Wildbienenarten gilt die Hälfte als gefährdet oder bedroht.

Einige Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide stehen unter dem Verdacht, Bienen zu schaden.

Das Bienensterben wirkt sich auch auf die Vogelbestände im Freistaat aus, denn viele Singvogelarten ernähren sich hauptsächlich von Bienen und anderen Insekten.

"Das ist schwierig", sagt Wohnig. "Wenn es so kalt ist, dann denkt keiner wirklich an Bienen. Und auch für die Unterstützer ist es sehr unangenehm, sich bei klirrender Kälte vors Rathaus zu stellen." Trotzdem wollen sie und ihre Mitstreiter sich nicht unterkriegen lassen, denn die Lage sei ernst. "Die Bienen sind für uns lediglich ein Beispiel für das Artensterben direkt vor unserer Nase", sagt Wohnig. Damit bezieht sie sich unter anderem auf eine Studie des Etnomologischen Vereins Krefeld, derzufolge die Zahl der Insekten seit 1989 bundesweit um etwa 76 Prozent abgenommen hat. Und in Bayern gelten mittlerweile knapp 40 Prozent aller heimischen Tierarten als gefährdet. So steht es im Artenschutzbericht Bayern aus dem Jahr 2010.

"Höchste Zeit, zu handeln", meint ÖDP-Kreisvorsitzende Simone Wohnig. Verantwortlich für den Artenschwund sei nicht die Landwirtschaft im Freistaat, sondern die Agrarpolitik. Während auf vielen Gebieten die Politik der Staatsregierung als hart und besonders strikt gelte und dies von den Verantwortlichen auch gerne betont werde, setze die gleiche Staatsregierung beim Erhalt der Lebensgrundlagen systematisch auf Freiwilligkeit. Als einziges Bundesland verzichte der Freistaat zum Beispiel auf den konsequenten Schutz der Gewässerrandstreifen. Wer sich nicht freiwillig zu Einschränkungen bereit erklärt, dürfe bis an die Gewässerkante ackern und Pestizide ausbringen. "Wenn es um höchste Güter wie den Artenreichtum und die Bodenfruchtbarkeit geht, müssen endlich auch klare Regeln herrschen", sagt Wohnig. Aus diesem Grund brachte die ÖDP im vergangenen Jahr ihr Volksbegehren auf den Weg.

In diesem fordert sie ein stärkeres Bekenntnis der bayerischen Politik zur ökologischen Landwirtschaft, die Schaffung von Lebensräumen für Tiere - etwa dadurch, dass zehn Prozent aller Wiesen zu Blühwiesen umgewandelt werden müssen - und dass weniger Pestizide in der Landwirtschaft genutzt werden. "Wir sind nicht gegen die Landwirte. Die haben ja oft keine andere Möglichkeit, wenn sie weiterbestehen wollen, sie sind durch die Politik zum Wachsen oder Weichen gezwungen", sagt die ÖDP-Frau. "Ganz im Gegenteil. Wir wollen, dass ökologische Landwirtschaft und kleine Betriebe wieder eine Chance bekommen, zum Beispiel durch faire Bezahlung und Existenzsicherungsverträge."

Bis zum Oktober sammelten die ÖDP und ihre Unterstützer knapp 100 000 Stimmen für ihr Volksbegehren. Etwa viermal so viel, wie die Aktivisten mindestens gebraucht hätten, um es in die Rathäuser zu bringen. "Da sieht man, wie sehr dieses Thema die Leute bewegt", sagt Simone Wohnig. Nun dürfen die bayerischen Bürger vom 31. Januar bis zum 13. Februar ganz offiziell abstimmen, ob sie die Forderungen des Volksbegehrens umgesetzt haben wollen. Dafür müssen mindestens zehn Prozent von ihnen in die bayerischen Rathäuser strömen. Im Landkreis Coburg wären das etwa 10 000 Personen - die Gesamteinwohnerzahl von Bad Rodach und Meeder.

Leider ist es laut Wohnig für viele Bürger schwer, an der Abstimmung teilzunehmen. Schuld daran seien unter anderem die bürgerunfreundlichen Mindestöffnungszeiten in den Rathäusern. "Wir gehen derzeit auf die Gemeinden zu und bitten darum, diese Zeiten zu verlängern", so Wohnig. Ein weitere Herausforderung stelle die Tatsache dar, dass viele Dörfer nicht über ein eigenes Rathaus zum Abstimmen verfügten. Menschen aus solchen Ortschaften müssten mitunter lange Wege auf sich nehmen, um ihre Stimme abzugeben. Das sei vor allem ein Problem für Senioren und Bürger, die nicht mobil sind. "Da wäre es schön, wenn in den Gemeindehäusern bürgerfreundliche Sondereintragungszeiten eingerichtet würden", meint Wohnig. Was die vorgeschriebenen Kernzeiten für Volksbegehren im Rathaus betrifft, gibt es gesetzliche Vorschriften, die längere Öffnungszeiten vorsehen, als normale Rathausöffnungszeiten, jedoch sind diese nicht unbedingt bürgerfreundlich, da die Menschen persönlich im Rathaus erscheinen müssen. Wir hoffen natürlich darauf, dass die Rathäuser darüber hinaus freiwillig weitere Eintragungszeiten bürgerfreundlich anbieten. Aus diesem Grund gehe das Aktionsbündnis auch auf die Gemeinden zu und werbe für derartige bürgerfreundliche Lösungen.

Trotz all der Schwierigkeiten sieht Wohnig der Abstimmung optimistisch entgegen. "Wir von der ÖDP sind zwar eine kleine Partei, haben aber bereits einige Erfahrung mit solchen Bürgerentscheiden." Außerdem wachse die Zahl ihrer Unterstützer stetig. "Bei der Gründung unseres Aktionsbündnisses waren wir 15", sagt Wohnig. "Beim zweiten Treffen vergangenen Donnerstag sind bereits über 40 Leute gekommen, um sich über die Initiative zu informieren." Damit sei die Suche nach Unterstützern aber noch nicht abgeschlossen. "Wir brauchen auch noch jede Menge Rathauslotsen, welche die Leute im Abstimmungszeitraum direkt vor den Rathäusern über unser Volksbegehren informieren", so die ÖDP-Frau. Das nächste Treffen des Aktionsbündnisses findet am 10. Januar, um 19 Uhr im Gasthaus Kaiser in Dörfles-Esbach, statt.

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