Coburg Flaute vor dem Futterhaus

Gerhard Hübner
Die Wacholderdrossel könnte mit dem jetzigen Winterwetter wieder häufiger unsere Gärten besuchen. Foto: LBV Coburg/Reiner Hermes

Im Coronawinter 2022 zählten noch rekordverdächtig viele Coburger ihre gefiederten Gartengäste. Heuer sah es anders aus. Ergebnisse gibt es dennoch. Und dabei zeigte sich Überraschendes.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Ergebnisse der Wintervogelzählung des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern (LBV) und des Naturschutzbunds (NABU) lassen aufhorchen. So konnten die insgesamt 21 000 Beobachter im Januar nur knapp 30 gefiederte Besucher pro Garten im Freistaat sichten – der niedrigste Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2005. Grund zur Sorge ist das aber nicht unbedingt, denn besonders im Winter schwankt die Zahl der Tiere in den Gärten stark. „Die Besuche an den Futterstellen im Siedlungsraum sind abhängig von der aktuellen Witterung, aber auch vom Nahrungsangebot in den umliegenden Wäldern und sogar in den nördlichen Ländern Europas. Von dort können nämlich Wintergäste nach Bayern einfliegen”, erklärt LBV-Biologin Angelika Nelson.

Der Haussperling, auch Spatz genannt, flattert bereits zum fünften Mal in Folge an die Spitze der Top zehn der am meisten gemeldeten Vogelarten, gefolgt von Kohlmeise und Feldsperling. Besonders freuen konnten sich viele Teilnehmer über vermehrte Sichtungen von Zaunkönig und Wintergoldhähnchen, denen die milden, schneefreien Winter womöglich zugute kommen.

Auch im Coburger Land wurden von den Teilnehmern deutlich weniger Vögel registriert. „Die 309 Beobachter haben insgesamt 8177 unserer gefiederten Freunde, 3947 weniger als 2022, in 244 Gärten, 73 weniger als 2022, in Stadt und Landkreis Coburg gemeldet“, schildert der LBV Coburg. Allerdings konnten in diesem Jahr auch deutlich weniger Teilnehmer für die Zählaktion gewonnen werden. „Nach dem ernüchternden ersten Zwischenergebnis am Ende des Zählungswochenendes ab Heiligdreikönig brachten Nachmeldungen von weiteren 100 Teilnehmenden noch eine erhebliche Aufstockung der Bilanz. So waren es am Ende nur noch 122 Teilnehmer weniger als im Vorjahr.“ Jedoch hat sich die nachlassende Mitmachresonanz nach den beiden Corona-Wintern 2021 und 2022 wesentlich weniger stark in der Region ausgewirkt als in Gesamtbayern, wo die Rückgänge der Beobachter rund 40 Prozent ausmachen.

Statistisch gesehen sind jedoch die Ergebnisse pro „Erfassungseinheit“ Garten relevant: Da ist in Bayern die Anzahl der beobachteten Vögel pro Garten mit 30 um drei gegenüber dem Vorjahr gesunken. Im Coburger Land war der Einbruch vom hohen Letztjahresniveau mit 38 Vögeln pro Garten auf aktuell 33 gravierender. Hier ist jedoch ein detaillierter Blick interessant: Im Landkreis fiel dieser Rückgang wesentlich drastischer aus (von 42 auf 35), während im Stadtgebiet der Durchschnittswert sogar von 26 auf 28 angestiegen ist. Hier sind einige Arten wie Erlenzeisig, Schwanzmeise, Elster und Türkentaube überproportional häufiger registriert worden als zuvor.

Trotz des milden Wetters seit dem Jahreswechsel bis zum Zählwochenende sind nordische Wintergäste dennoch nicht ausgeblieben. Tatsächlich wurde ein Drittel mehr Bergfinken gemeldet als im Vorjahr und sogar ein Seidenschwanz. Auch der Erlenzeisig war relativ oft in größeren Trupps vor allem im Stadtgebiet gesichtet worden, weshalb er insgesamt im Coburger Land von Rang zehn auf sieben vorgerückt ist. Laut LBV Coburg ist der Bestand aber auch eine Frage des Zeitpunkts. „Wäre die Zählung vergangenes Wochenende mit der Rückkehr von echtem Winterwetter erfolgt, hätten wir zu solchen Arten vielleicht andere Ergebnisse.“ So wurde beispielsweise ein gewaltiger Schwarm von etwa 100 Wacholderdrosseln erfasst, der in die Gärten am Ortsrand von Oberlauter einflog – begleitet von mindestens 40 Staren. Sogar vier Kraniche wurden als Wintervogel gemeldet. „Ein Indiz dafür, dass auch das Zuggeschehen durch die winterlichen Klimawechsel durcheinandergerät.“

Bilder