Coburg Hindenburg kein Ehrenbürger mehr

Paul von Hindenburg wird die Ehrenbürgerwürde aberkannt, die ihm die Stadt Coburg verliehen hat. Die Hindenburgstraße wird aber nicht umbenannt. Foto: Frank Wunderatsch

Der Stadtrat erkennt dem letzten Präsidenten der Weimarer Republik die 1917 verliehene Würde ab. Dies wird insbesondere damit begründet, dass er Steigbügelhalter für das NS-Regime und Hitler war.

 
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Coburg - Was in der März-Sitzung des Stadtrats noch umstritten war, wurde am Donnerstag mit großer Mehrheit verabschiedet: die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde Coburgs für Paul von Hindenburg. Dagegen stimmte nur Annett Dingethal (AfD), ohne dies in einem Redebeitrag zu begründen.

Hatte für die März-Sitzung die Fraktion Pro Coburg den Antrag gestellt, wurde dieser in den vergangenen Wochen überarbeitet und jetzt von SPD und Grünen mitgetragen. Darin heißt es, mit dem Wissen von heute – insbesondere durch die Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Aufarbeitung der NS-Geschichte Coburgs – halte der Stadtrat die im Jahre 1917 vom Magistrat an Paul von Hindenburg verliehene Ehrenbürgerwürde für unangemessen. Allein die damals genannte Begründung der Verleihung könne unter dem Aspekt des friedlichen Miteinanders von Kulturen keinesfalls Anlass für die höchste Ehrung einer Kommune sein, „ganz im Gegenteil“: Wie aus der Stellungnahme von Stadtheimatpfleger Christian Boseckert hervor geht, habe Hindenburg gesagt, dass „die geniale Führung im Weltkrieg, die im deutschen Volk unbeirrbaren Siegeswillen erhalten und ungeahnte Kraft erzeugt, das Vaterland vor Demütigung und Knechtschaft bewahrt und den festen Grund für eine glückverheißende Weltgeltung Deutschlands gelegt hat.“

„Steigbügelhalter“

Hinzu komme, dass Paul von Hindenburg mit der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler zum Steigbügelhalter des unmenschlichen NS-Regimes und dem damit einhergehenden millionenfachen Völkermord insbesondere jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger geworden sei. Ebenfalls sei mit dem Wissen von heute festzustellen, „dass von Hindenburg Mitverantwortung daran trägt, dass mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten die Demokratie in Deutschland zerstört und durch eine brutale Diktatur ersetzt wurde.“ Beide Aspekte seien „moralisch dermaßen verwerflich, dass sich aus heutiger Sicht eine Verleihung der Ehrenbürgerwürde schlichtweg verbietet“, heißt es in dem Antrag von Pro Coburg, SPD und Grünen.

Ob die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde eines Verstorbenen posthum juristisch möglich sei, was in der Stadtratssitzung im März insbesondere von der CSU/JC-Fraktion angeführt wurde, solle nicht diskutiert werden. Vielmehr gehe es um ein klares Zeichen des Stadtrats, „dass die Vergehen von Paul von Hindenburg gegen die Menschlichkeit und die Menschenwürde sowie sein mangelhafter Einsatz zum Schutz der Demokratie als absolut verwerflich anzusehen sind und aus heutiger Sicht jedwede Ehrenbekundung unmöglich machen“. Es sei „nur folgerichtig, nach der Aberkennung der Ehrenbürgerwürde an Adolf Hitler im Jahr 1946 (...) heute auch ein Zeichen der Missbilligung gegen die 1917 an Paul von Hindenburg verliehene Ehrenbürgerwürde auszusenden“.

„Sauberste Lösung“

Stadtheimatpfleger Christian Boseckert sagte zu dem Antrag der drei Fraktionen, dies sei aus historischer Sicht die „sauberste Lösung“ zur Frage, wie mit der Ehrenbürgerwürde von Paul von Hindenburg umzugehen sei. „Ich kann dem Antrag nur zustimmen“, betonte Boseckert.

Norbert Tessmer (SPD) erinnerte daran, dass sich der Stadtrat schon des Öfteren mit der Aberkennung der Ehrenbürgerwürde für Paul von Hindenburg befasst habe, „das ist zu einer unendlichen Geschichte geworden“. Tessmer bat auch die CSU/JC-Fraktion, die im März noch Skepsis geäußert hatte, dem Antrag von SPD, Pro Coburg und Grünen zuzustimmen, lasse er doch „einen gewissen Grundkonsens im Stadtrat“ erkennen. „Den sollten wir aufnehmen“ und ein Zeichen setzen, ein „unglückseliges Kapitel“ in der Stadtgeschichte zu schließen, so Norbert Tessmer.

„Grundkonsens“

Andreas Engel (CSU/JC) zeigte sich für seine Fraktion versöhnlich. „Wir spüren den Grundkonsens“, man werde die Entschließung mittragen. Dafür dankte Thomas Apfel (Pro Coburg). Er äußerte Kritik an der Leitung der März-Stadtratssitzung, für die 2. Bürgermeister Hans-Herbert Hartan CSU/JC) verantwortlich war. Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) war damals wegen einer dringenden Sitzung des Regiomed-Krankenhausverbunds verhindert. Apfel wollte die Kritik an Hartan nicht vertiefen, weil er erkrankt ist und an der Stadtratssitzung am Donnerstag nicht teilnehmen konnte. Apfel bat darum, in der Hindenburgstraße, deren Namen nicht geändert wird, eine Tafel anzubringen, auf der das Handeln des letzten Präsidenten der Weimarer Republik mit Blick auf die NS-Geschichte erläutert wird.

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