Coburg Prozess: Trio traktiert Mann mit Fußtritten in Wohnung

Die Angeklagten im Alter von 20 bis 25 Jahren sind für die Justiz keine Unbekannten. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Wegen räuberischer Erpressung mussten sich drei junge Männer in Coburg verantworten. Sie kommen mit Bewährung davon.

 
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Der Vorfall klingt fast so, als hätte ihn sich ein übereifriger Krimiautor ausgedacht. Drei junge Männer im Alter von 20 bis 25 Jahren drangen Anfang Dezember in ein Wohnhaus in Neustadt ein – auf der Suche nach einem Mann, der sich nach ihrer Auffassung sexuell an minderjährigen Mädchen vergangen und Bilder davon auf einem Computer gespeichert haben soll. Auch die Freundin eines Angreifers soll involviert gewesen sein. Kürzlich musste sich das Trio vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Coburg unter dem Vorsitz von Richter Klaus Halves wegen räuberischer Erpressung in einem besonders schweren Fall verantworten. Dort kamen die drei Männer jedoch mit Bewährungsstrafen davon.

Auf ihrer Suche nach dem vermeintlichen Täter sollen sich die Angeklagten zunächst in der Tür geirrt haben, weshalb sie gewaltsam in die falsche Wohnung eindrangen. Das soll einen der Angeklagten aber nicht daran gehindert haben, den Inhaber mit einem Klappmesser zu bedrohen. In der zweiten Wohnung soll der Bewohner mit Fußtritten traktiert worden sein. Anschließend soll das Trio den Mann in sein Bad geschleift und die Herausgabe des Computers sowie Bargeld gefordert haben. Mit einem Hammer wurden außerdem im Badezimmer und im Treppenhaus mehrere Schäden verursacht.

Alle drei Angeklagten, die in Fußfesseln vorgeführt wurden, sind für die Justiz keine Unbekannten. In den vergangenen Jahren traten sie wiederholt strafrechtlich in Erscheinung. Der Jüngste hatte erst 2019 eine einjährige Jugendstrafe hinter sich gebracht, die ursprünglich zur Bewährung ausgesetzt war. Da es sich bei der Gerichtsverhandlung um einen Fortsetzungstermin handelte, ging es weniger um die Schuldfrage der Angeklagten. Viel wichtiger war die Frage, ob das Trio bei der Tat überhaupt zurechnungsfähig war: Alle drei Männer haben mit Alkoholproblemen zu kämpfen und hatten auch regelmäßig Cannabis konsumiert.

Vor Gericht erklärten zwei Zeugen, dass es vor der Tat zu einem Treffen mit weiteren Bekannten auf dem Gelände eines Supermarktes gekommen sei, bei dem man reichlich Alkohol getrunken habe. „Wie sehr betrunken waren denn die Angeklagten? War das Laufen noch möglich? Immerhin wurde ja mehrmals Nachschub aus dem Supermarkt organisiert“, fragte Richter Halves. Diese Frage konnte vor Gericht nicht eindeutig geklärt werden. Ein Zeuge sagte aus, im Verlaufe des Nachmittages zehn bis 14 Flaschen Bier getrunken zu haben. Einer der Angeklagten sei wohl auf eine ähnliche Menge gekommen. Der Zeuge, der die Runde zwischenzeitlich aufgrund familiärer Pflichten verließ, kam am frühen Abend erneut zum Supermarkt. Allerdings fand er das Trio dort nicht mehr vor. Im Laufe des Abends sollen die Angeklagten den Plan entwickelt haben, zu der Wohnung zu „spazieren“. Unklar blieb jedoch die Antwort auf die Frage, wie stark das Verhalten der drei Männer vom Alkohol beeinflusst wurde. Eine nach der Tat durchgeführte Messung der Polizei ergab bei allen drei Männern höchst unterschiedliche Messwerte.

Zwei der Angeklagten versuchten außerdem, aus der Untersuchungshaft schriftlichen Kontakt mit dem Opfer und mit einer Freundin aufzunehmen. In den besagten Schriftstücken, die vor der Gerichtsverhandlung wegen möglicher Opferbeeinflussung beschlagnahmt wurden, gestehen die Angeklagten die Vorwürfe, schieben sich aber gegenseitig die Hauptschuld in die Schuhe und bitten um Entschuldigung. „Ich bin einer der Männer, die in Ihre Wohnung eingedrungen sind, aber ich habe nicht die Wohnungstür eingetreten und würde gerne für den entstandenen Schaden aufkommen“, verlas Richter Halves aus einem der vorliegenden Briefe.

Letztendlich verurteilte das Gericht zwei der Angeklagten im Alter von 20 beziehungsweise 21 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung in Tatmehrheit mit Nötigung zu einer Jugendstrafe von 20 beziehungsweise 24 Monaten. Der dritte Angeklagte (25) wurde hingegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Zusätzlich wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Vollstreckung der Strafen und der Unterbringung wurde zur Bewährung ausgesetzt.

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