Coburg schmiedet Wagners „Ring“ Siegfried, der Mann fürs Grobe?

Das Bühnenbild kündet schon von der nahenden Götterdämmerung: Michael Lion als Wanderer und Evelyn Krahe als Erda (noch nicht im Originalkostüm) bei der öffentlichen Probe der Wagner-Oper „Siegfried“. Foto: /Dieter Ungelenk

Der Coburger „Ring“ geht in die dritte Runde. Wie er den rabiaten Titelhelden aus Wagners „tragischem Lustspiel“ sieht, verrät Regisseur Alexander Müller-Elmau bei der Soiree.

 
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Nicht nur Drachenblut wird fließen, wenn Siegfried zum magischen Schwert greift. Furcht- und ahnungslos wird er zum mörderischen Werkzeug – und lässt sich allzeit sehr variabel deuten. Zum Hyper-Helden taugt der rüde Recke freilich kaum noch, eher schon zum Mann fürs Grobe: übermächtig, aber schlicht im Geist?! Das Klischee vom naiven Berserker will Alexander Müller-Elmau nicht bedienen in seiner Inszenierung der Wagner-Oper, mit der das Coburger Landestheater am 12. März die dritte Stufe seines Ring-Zyklus zündet.

Erstmals tritt in diesem vorletzten Teil des monumentalen Mythenspiels Siegfried auf den Plan, verwaister Spross der inzestuös liierten Zwillinge Siegmund und Sieglinde und somit Wotans Enkel. Dem unerschrockenen Jüngling obliegt es, die Kohlen aus dem Feuer zu holen (sprich den machtverheißenden Ring des Nibelungen aus Fafners Drachenhöhle) und nach vollbrachten Mordtaten seine Tante Brünnhilde zu (be)freien, die seit dem Finale der „Walküre“ in feuriger Verbannung schlummert.

„Er hat wenig Ahnung von Intrigen, Machtspielen und Sex“, erklärt der Regisseur die prekäre Ausgangslage des jungen Helden, der vom seinem arglistigen Ziehvater Mime („ein etwas spinöser Mann“) im Wald aufgezogen wurde – mit dem Hintergedanken, für ihn den Ring und damit die Weltherrschaft zu erobern. „Viel Interesse und Liebe hat Siegfried nicht erfahren“, meint Müller-Elmau, der die „Kampfmaschine“ auch aus Opferfigur interpretiert.

Die psychologische Ebene hinter der an Merkwürdigkeiten reichen mythologischen Erzählung ist ihm ebenso wichtig wie der Kostümbildnerin Julia Kaschlinski, erfuhr das Publikum bei der von Intendant Bernhard F. Loges moderierten Einführungs-Soiree, die am Freitag zahlreiche Neugierige ins Große Haus lockte. Die Entwicklungen der Figuren und ihre komplexen Beziehungen sollen deutlich werden und Spannung auf die Bühne bringen in diesem (von Wagner einmal so genannten) „tragischen Lustspiel“. Für die Solisten heißt das, ihre anspruchsvollen Partien nicht nur musikalisch zu beherrschen, sondern die Figurengeschichte zu verinnerlichen und stets Präsenz zu zeigen.

Wohin ihre Reise führt, lässt das ebenfalls von Müller-Elmau gestaltete Bühnenbild schon ahnen: Noch bändigt ein goldener Rahmen die Flammenhölle der Götterdämmerung- die alte Welt(un)ordnung wird bald zusammenbrechen. Wie schon in „Rheingold“ und „Walküre“ verbindet die Szenerie archaische und konkret-realistische Momente. Eine zusätzliche technische Herausforderung kam für Müller-Elmau diesmal hinzu: „Es soll auch im Globe funktionieren“ – nach dem Umzug wird „Siegfried“ im neuen Theaterbau wiederaufgenommen.

Der musikalische Leiter Daniel Carter hat die Oper bereits in Berlin und Leipzig dirigiert – und bringt damit die nötige Erfahrung mit, um den Solisten, die ihre herausfordernden Rollendebüts geben, Sicherheit zu vermitteln. Dass ihm in Coburg ein weitaus kleineres Orchester zur Verfügung steht, hat laut Carter auch Vorteile: „Der Klang ist dadurch viel transparenter.“ Die reduzierte Orchesterfassung des deutschen Dirigenten Gotthold Ephrain Lessing lasse keine Wünsche offen: „Das hat Herr Lessing sehr geschickt gemacht. Da fehlt kaum etwas“.

Wagners „Siegfried“

Die Handlung

Das Werk
Richard Wagners „Siegfried“ (WWV 86 C) bildet zusammen mit den drei Opern „Das Rheingold“, „Die Walküre“ und „Götterdämmerung“ die Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ bildet, ein „Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend“. Siegfried wird am vorletzten Tag aufgeführt. Die Uraufführung fand am 16. August 1876 im Bayreuther Festspielhaus unter der Leitung von Hans Richter statt. Der erste Siegfried war dabei Ferdinand Jäger. Das Autograph der Partitur ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.

Die Produktion

Musikalische Leitung: Daniel CarterRegie und Bühne: Alexander Müller-ElmauKostüme: Julia KaschlinskiLichtregie: Markus StretzDramaturgie: Dorothee Harpain, André SieversPhilharmonisches Orchester LandestheaterMit: Patrick Cook als Siegfried, Michael Lion als Wotan / Der Wanderer / Asa Jäger als Brünnhilde, Simeon Esper als Mime, Bartosz Araszkiewicz, Francesaca Paratore als Stime eines Waldvogels, Martin Trepl als Alberich, Evelyn Krahe als Erda

Premiere: 12. März, 17 Uhr. Weitere Vorstellungen: 26. März, 2., 6., 10., 23. April

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