Coburger Land Fasziniert von Adebars

Von Martin Fleischmann

Der Storchenbeauftragte bekommt Verstärkung: Brigitte und Werner Hellwig kontrollieren jetzt die Horste im Süden und Westen des Coburger Landes. Sie beobachten viel Schönes. Aber nicht immer.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Was haben Störche, dass ihnen Brigitte und Werner Hellwig viele Stunden ihrer Zeit widmen? Dass die beiden einmal pro Woche die Horste zwischen Bad Rodach und Lahm abfahren, beobachten, fotografieren und alles dokumentieren, was sich bei Adebars ereignet? Und manchmal stundenlang warten, bis sich überhaupt etwas tut? Während die beiden am Dienstagmorgen in Lahm von ihrer neuen Aufgabe als stellvertretende Storchenbeauftragte berichten, segelt ein Storch heran, landet auf dem Horst neben der Kirche, und die Partner begrüßen sich: Klapp, klapp, klapp, klapp, klapp, klapp. „Einfach faszinierend“, sagt Brigitte Hellwig, „die riesigen Vögel haben keine Stimme, aber klappern können sie, und wie.“ Werner Hellwig hält das Ritual zeitgleich mit dem 300er Teleobjektiv auf der Canon im Bild fest.

Auch bei Sturm

Keine Frage: Störche können beeindrucken. Etwa durch ihre Anflugtechnik. „Sie landen auch bei Sturm präzise auf dem Horst“, erklärt Werner Hellwig, „mit den Füßen voraus, das muss man gesehen haben“. Faszinierend auch die Situation, als er 2020 drei Jungstörche auf dem Stangenhorst in Scherneck fotografiert. Auf dem Display der Kamera entdeckt er noch einen vierten und schließlich sogar einen fünften. Alle können groß gezogen werden, bekommen genug Nahrung und fliegen schließlich davon – ein Highlight im Storchenbeobachterleben. Brigitte Hellwig verweist auch auf die Flugübungen der Kleinen. Wie sie mit den Flügeln schlagen, um sie zu kräftigen und irgendwann mit einem Schubs in die Tiefe gleiten. „Und das klappt“, meint sie beeindruckt.

Vier Jahre lang begleitet

Als die Hellwigs 2012 nach Coburg kommen, fallen ihnen in der Zeitung die Berichte über den Landesbund für Vogelschutz auf. „Die habe ich alle aufgesogen“, blickt Werner Hellwig zurück. Als beide 2018 nicht mehr arbeiten müssen, treten sie dem LBV bei, das Faible für die Natur haben sie schon von klein auf entwickelt. Von den unterschiedlichen LBV-Arbeitsgruppen entscheiden sie sich für die Störche, weil Storchenbeauftragter Hans Schönecker signalisiert, dass er Unterstützung gebrauchen kann. Gut vier Jahre lang begleiten sie ihn bei seinen Kontrollfahrten, lassen sich alles rund um Adebars erklären, manchmal auch mehrfach, wie sie schmunzelnd anmerken. „Er hat uns unter seine Fittiche genommen“, wählt Brigitte Hellwig das passende Bild aus der Vogelwelt. Und nun helfen sie tatkräftig mit, dass Störche Jahr für Jahr ins Coburger Land und in ihrer Zahl noch zunehmen. Dokumentieren etwa den Brutbeginn in Bad Rodach. „Das war vergangenen Montag“, erklärt Werner Hellwig und ergänzt: Einer der beiden Störche bleibt dann immer auf dem Horst, erhebt sich von Zeit zu Zeit, um das Gelege zu drehen – ein untrügliches Anzeichen.

„Das war alleine nicht mehr zu stemmen“, sagt Hans Schönecker mit Verweis auf 17 besetzte Horste im vergangenen Jahr. Von Februar bis August habe er pro Woche gut 20 Stunden aufwenden müssen. Und es kommen immer neue Horste hinzu, in Niederfüllbach, Meilschnitz und Lautertal stehen sie schon, auf dem Joite-Hof zwischen Meeder und Neida wird einer demnächst aufgestellt.

Auch noch im April

Das LBV-Trio hat das Coburger Land aufgeteilt: Die Hellwigs übernehmen den Süden und den Westen, also Itzgrund, Seßlach und Bad Rodacher Raum, Schönecker kümmert sich um den Norden und den Osten; Dörfles-Esbach, Neustadt und den Sonnefelder Raum. Sie haben bereits jetzt viel zu tun, aber Schönecker rechnet mit weiteren Zuzügen: „Letztes Jahr kam noch im April ein ganzer Schwung“.

Aber auch Rückschläge an den Horsten bleiben nicht aus. Etwa im letzten Jahr, als infolge Nässe und Kälte mehrere Bruten verloren gehen. „Das ist eben Natur“, meinen Brigitte und Werner Hellwig. Absolut vermeidbar sei dagegen, dass Giftköder gegen Ratten und Mäuse ausgelegt werden, an denen dann wie in Dörfles-Esbach zwei Störche zugrunde gehen. Die Hellwigs bekommen auch den Kampf um den Lahmer Horst vor gut einer Woche sofort mit, als ein Angreifer tödliche Verletzungen davonträgt (NP vom 14. März). Wenig später gibt es noch eine Attacke, wie die Hellwigs im aktuellen Storchen-Newsletter schreiben, die aber ohne große Auseinandersetzung abgewehrt wird. Mittlerweile ist wieder alles ruhig in Lahm.

Ehrenamtlich für den Naturschutz

Oda Wieding, Storchenexpertin des LBV für ganz Bayern, freut sich über jede Hilfe. „Idealerweise betreuen die Beobachter mehr als nur einen Horst“, sagt die Biologin mit Blick auf die Vielzahl der Storchenhorste in Bayern. Es sei toll, was hier ehrenamtlich im Naturschutz geleistet wird. Was sie noch sagt: Störche sind Zugpferde im Naturschutz. An ihnen lasse sich anschaulich darstellen, dass es lohnt, Natur etwas sensibler zu gestalten.

Bilder