Coburgs Grüner in Berlin Aufbruchstimmung im Parlament

Am Sonntag gewählt, seit Montag in Berlin: Coburgs grüner Abgeordneter Johannes Wagner und seine ersten 100 Stunden auf bundespolitischem Parkett.

 
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Coburg/Berlin - Erholung vom Wahlkampf ist nicht drin – schon gar nicht für die Gewinner. Johannes Wagner zum Beispiel: Im Wahlkreis 238 Coburg / Kronach hat er für Bündnis 90 / Die Grünen das bislang beste Ergebnis aller Zeiten eingefahren und über die Landesliste den Sprung in den Bundestag geschafft. Die Zitterpartie der langen Wahlnacht und die Freudenbotschaft hatte der 30-Jährige noch kaum verdaut, da schwang er sich am Montagmorgen auch schon aufs Klapprad, um zum Coburger Bahnhof zu fahren.

Trotz betriebsbedingter Entschleunigung durch die Deutsche Bahn kam er rechtzeitig zum ersten Meeting der neuen Fraktion an - und seither geht es rund: „Kennenlerntreffen, Einweisungen, Datenschutz, IT-Sicherheit, Ausweise – man ist 14 bis 16 Stunden am Tag eingespannt, aber es macht super viel Spaß“, berichtet der frischgebackene Bundestagabgeordnete nach 100 Stunden auf dem Berliner Parkett.

Noch ist es für den Newcomer etwas Besonderes, täglich seinen politischen Vorbildern wie Claudia Roth, Jürgen Trittin oder Ulrike Schauws zu begegnen. Auch mit den Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck hatte er schon zu tun, die sind allerdings derzeit ziemlich eingespannt: „Sie sondieren fleißig“. Das geschieht vorerst in kleinen Zirkeln, doch mit Rückmeldung an die Fraktion: „Wir kriegen das hautnah mit“, erklärt Wagner.

Dass sich Grüne und FDP nach diesem Wahlergebnis zusammenraufen müssen, war nicht sein Traum, „aber es ist der Kern der Demokratie, Kompromisse auszuhandeln“. In manchen Bereichen sei das relativ leicht: „Bei der Digitalisierung, der Senkung des Wahlalters, in der Drogenpolitik sind wir nahe beieinander“; schwieriger werde die Konsenssuche in der Finanz- und Sozialpolitik. Dass am Ende der Verhandlungen eine Koalition von SPD, FDP und Grünen stehen soll, ist nach Wagners Einschätzung die einhellige Priorität seiner Kolleginnen und Kollegen: „Keiner ist gegen die Ampel“.

Ziel der „größten und vielfältigsten grünen Bundestagsfraktion“ sei es schließlich, „so hart wie möglich für eine wirkliche Klimabundesregierung zu verhandeln, die anderen Parteien werden uns da nichts schenken!“, schreibt Wagner auf Instagram.

Mit seinen fränkischen Kollegen aus anderen Parteien wird er sich wohl bald vernetzen, die ersten Kontakte ergaben sich naturgemäß parteiintern, zum Beispiel zur Forchheimer Abgeordneten Lisa Badum, zu Niklas Wagener aus Aschaffenburg und zu Tessa Ganserer aus Nürnberg.

Zum ersten „Rapport“ beim Kreisverband kommt Johannes Wagner am Wochenende nach Coburg. Dabei werden Pläne für das Abgeordnetenbüro geschmiedet. Ob das derzeitige Pop-Up-Kontor in der Judengasse dafür in Frage kommt, ist noch unklar: Es liegt zwar günstig in direkter Nähe zum Markt, ist aber weder barrierefrei noch energetisch „grün“. „Da wären Baumaßnahmen nötig“, meint Johannes Wagner.

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