Eingemeindung Ermershausen Rebellen der Demokratie

Gerhard Schmidt

Wie die Gallier in „Asterix und Obelix“ kämpften die Ermershäuser einst gegen die Obrigkeit und die Eingemeindung in Maroldsweisach. Dafür wurde die Gemeinde 2020 als „Ort der Demokratie“ gewürdigt. Nun kamen Experten nach Unterfranken, um Material für eine Wanderausstellung zu sammeln.

 
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Ermershausen - „Geschichte wird an Orten konkret fassbar“, so formulierte es einmal die Präsidentin des Bayerischen Landtages, Ilse Aigner. Unter diese Orte im Wurzelwerk der Demokratie wird auch das unterfränkische Ermershausen gezählt. Und das hat der kleine Ort den selbstbewussten Bürgern zu verdanken, denn Ermershausen wehrte sich einst vehement gegen die Eingliederung in den Markt Maroldsweisach. Doch zunächst erfolglos ...

Am 18. Mai 1978 herrscht große Aufregung im kleinen Ermershausen, direkt an der Grenze zur DDR gelegen. Die Gebietsreform in Bayern war vollzogen. Dies bedeutete für die Bürger, dass ihr Heimatdorf in das nur wenige Kilometer entfernte Maroldsweisach eingemeindet werden sollte. Doch nicht nur dies stellte ein einschneidendes Ereignis dar, einen Bürger in Ermershausen traf es zweifach hart: Der Metzgermeister Adolf Höhn verlor mit der Eingemeindung auch offiziell sein Bürgermeisteramt. Dass dies nicht ohne Widerstand blieb, leuchtet ein. Lange wollten sich die Oberen das Rebellentum jedoch nicht anschauen. Frei nach dem Motto: Wenn sich der Ort nicht freiwillig eingemeinden lässt, dann werden eben andere Seiten aufgezogen, rückten am 19. Mai 1978 rund 2000 Einsatzpolizisten Richtung Rathausplatz vor. Mitten in der Nacht besetzten diese die kleine Gemeinde – und dachten, damit sei die Sache erledigt.

Doch die Verantwortlichen rechneten nicht mit dem enormen Widerstand und vor allem nicht mit der Hartnäckigkeit und dem Durchhaltewillen der Ermershausener Bürger. Deren Widerstand währte rund 16 Jahre und wurde in dieser Zeit von Bürgern um Exbürgermeister Adolf Höhn am Leben erhalten.

Dann endlich, im Herbst 1993, kann dieser den Satz verkünden, auf den viele so lange sehnsüchtig gewartet hatten: „Und wir werden und sind somit heute selbstständig.“ Mit der Neujahrsnacht 1994 ändert sich nicht nur das Jahr, auch Ermsershausen erlebt einen Wechsel. Der Ort wird wieder selbstständig und Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim.

Und auch die Sicht auf die Ermershäuser selbst veränderte sich im Laufe der Zeit. Bezeichnete man diese damals noch als Rebellen, so verlieh man dem Ort 2020 den Demokratiepreis des Bayerischen Landtags. Ermershausen befindet sich damit im erlauchten Kreis mit München, Gaibach, Bamberg, Wohlmuthshüll, Nürnberg, Regensburg, Memmingen, Vilshofen, Passau und Herrenchiemsee. Ermershausen wurde vom wissenschaftlichen Beirat bestätigt, „dass Beharrlichkeit und Einigkeit den erwünschten Erfolg brachten.“

Bürgermeister Günter Pfeffer äußerte sich dazu im November 2020 im Rahmen einer Gemeinderatssitzung wie folgt: „„Diese Auszeichnung dürfen wir entgegennehmen, aber intensiv dafür gekämpft und gestritten haben unsere Vorgänger mit allen Bürgerinnen und Bürgern. Diesen Personen gilt unser aufrichtiger Dank und ihnen gebührt auch diese Auszeichnung.“

Doch bei einer Auszeichnung alleine bleibt es nicht. Ein Teil des Projektes „Orte der Demokratie in Bayern“ besteht aus einer Wanderausstellung, in der die Demokratiegeschichte Bayerns dargestellt wird. Aus diesem Grund befanden sich in dieser Woche Amelia Scheder und Anja Schuchardt von der Öffentlichkeitsarbeit des Bayerischen Landtags sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Buchwissenschaft, Laura Mokrohs, in Ermershausen, um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Die drei Frauen trafen zudem Bürgermeister Günter Pfeiffer und einige Bürger vor und im Rathaus, um sich die Geschichte der Gemeindegebietsreform erklären zu lassen.

Hilfreich war dabei auch ein Ordner, in dem viele Fotos den Einsatz der Polizei im Jahr 1978 dokumentieren. Walter Herold, ehemals in der Polizeidienststelle Ebern tätig und am Tag des Polizeieinsatzes im Rathaus wohnend, berichtete ebenfalls von seinen damaligen Eindrücken.

Das gesammelte Material wird nun in München sondiert und in die Ausstellung eingearbeitet. Im Oktober soll eine Ausstellungseröffnung in München mit Ausstellungen aller Preisträger stattfinden. Anschließend ist geplant, jedes Jahr zwei Einzelausstellungen in den Preisträgerorten durchzuführen.

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