Erneut machte Wüst sich für Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union stark. Er glaube nicht, dass die Grünen am Ende ein Problem damit hätten, wenn die Verfahren nach den Regeln der Europäischen Menschenrechtskonvention und unter dem Dach der Vereinten Nationen abliefen. Die Asylverfahren müssten auch nicht in Afrika, sondern könnten auch entlang der Fluchtrouten erfolgen, sagte der CDU-Politiker. So habe Italien etwa eine entsprechende Verabredung mit Albanien getroffen. Auch wenn es ein oder zwei Jahre bis zur Umsetzung von Asylverfahren außerhalb der EU dauere, müsse jetzt gehandelt werden. "Wir laufen in eine Situation der Überforderung hinein", sagte Wüst. "Die Extremisten werden stärker, und jährlich ertrinken Tausende Menschen im Mittelmeer."
Abbau rechtlicher Hürden wichtig für Integration
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen an diesem Mittwoch über Migrations- und Asylpolitik beraten. Im November hatten sie vereinbart, dass der Bund ab 2024 für jeden Menschen, der erstmalig einen Asylantrag in Deutschland stellt, eine jährliche Pauschale von 7500 Euro zahlt. Die Anpassung der Mittel an die Zahl der Asylbewerber sei ein Meilenstein gewesen, sagte Städtetagspräsident Lewe. Der aktuelle Betrag reiche aber nicht aus, um die Kosten zu decken. Insbesondere für die Integration müsse der Bund "noch einmal nachlegen". Die Länder seien aufgefordert, die Bundesmittel möglichst komplett an die Kommunen weiterzugeben. Dies sei nicht überall der Fall. Zudem sollte der Bund die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete wieder vollständig übernehmen.
Lewe wünscht sich zudem beim Abbau rechtlicher Hürden für arbeitswillige Asylbewerber und bei der Rückführung von ausreisepflichtigen Asylsuchenden ohne Bleibeperspektive mehr Tempo. "Uns ist wichtig, dass Asylbewerber, die den Städten zugewiesen werden, sofort arbeiten dürfen - unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus", sagte er. Das würde nicht nur die Städte finanziell entlasten, sondern auch für bessere Integration sorgen. Unzufrieden zeigte sich Lewe bei den angekündigten Vereinbarungen mit Herkunftsländern von Asylbewerbern. "Kaum ein Herkunftsland, mit dem verhandelt wurde, hat sich bisher verbindlich zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber verpflichtet", kritisierte er.
Andauernde "Migrationskrise" sorgt für überlastete Kommunen
Auch der Deutsche Landkreistag hält weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Migration für dringend erforderlich. "Die Beschlüsse vom November haben nicht nennenswert dazu beigetragen, zu mehr Kontrolle im Flüchtlingsgeschehen zu gelangen", sagte Verbandspräsident Reinhard Sager dem "Handelsblatt". "Man arbeitet in den Landkreisen noch immer am Anschlag und muss zusätzlich viele neue Geflüchtete verkraften", betonte Sager. Die von der Ampel-Koalition angekündigte "Rückführungsoffensive" finde nicht statt.
Auch Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) hielt Scholz vor, die bisherigen Beschlüsse der Bund-Länder-Runde zur Migration bei weitem noch nicht umgesetzt zu haben. Scholz müssen den Ländern auch neue Vorschläge machen. "Die Migrationskrise dauert an. Die Asylzahlen sind weiter viel zu hoch für unsere völlig überlasteten Kommunen."