In den 1960er Jahren hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die bloße Anwesenheit als Aufseher in einem KZ für eine Verurteilung nicht ausreicht. 2011 kam die Wende in der Rechtssprechung. Das Landgericht München verurteilte den gebürtigen Ukrainer John Demjanjuk, der Wachmann im Vernichtungslager Sobibor in Polen war, wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 28 060 Fällen. Demjanjuk konnte zwar keine Beteiligung an Tötungen nachgewiesen werden, doch reichte den Richtern die bloße Anwesenheit in Sobibor für das Urteil aus.
Dass es das Verfahren gegen den hochbetagten P. gibt, begründet Gerhard Amend, früherer Vorsitzender Richter am Landgericht Coburg, damit, dass Mord nicht verjährt. Ein hohes Alter bedeute nicht, „dass die Justiz keine Strafverfolgung mehr betreiben kann“. Zudem sei man gegenüber den Opfern der Nazi-Herrschaft verpflichtet, Männer und Frauen, die damals Schuld auf sich geladen haben, zu verurteilen – auch 77 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur.