Blitze sind ein faszinierendes und – wie man beim aktuellen Unglücksfall aus Unterensingen sieht – sehr gefährliches Wetterphänomen. Wie oft hat es in diesem Jahr in Deutschland schon geblitzt? Wo liegen die Blitzhochburgen? Und kann man Blitz-Aktivitäten voraussagen? Ein Überblick.
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Der Blitzeinschlag in der Gemeinde Unterensingen (Landkreis Esslingen) am Samstag (12. August) hat europaweit für Schlagzeilen gesorgt. Drei Personen saßen bisherigen Erkenntnissen zufolge am Samstagnachmittag an einer Biertischgarnitur unter einem Baum, als der Blitz niederging.
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Es handelt sich um einen 35-jährigen Mann, eine 43-jährige Frau und einen 11-jährigen Jungen. Sie wurden von Ersthelfern und später von Rettungskräften medizinisch versorgt und dann in Kliniken gebracht. Der 35-Jährige ist inzwischen an den Folgen des Blitzschlags gestorben. Der Zustand der beiden anderen Opfer ist weiterhin kritisch.
Was ist ein Blitz?
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach definiert Blitze als „Funkenüberschlag großen Ausmaßes zwischen Wolken mit entgegengesetzter Ladung oder zwischen Wolken und der Erdoberfläche“. Die unglaublich Energie, die in Blitzen gespeichert ist, entlädt sich binnen Zehntelsekunden.
Auf die sogenannte Hauptentladung folgen weitere Teilentladungen im Abstand von hundertstel bis tausendstel Sekunden. Durch die explosionsartige Erhitzung der Luft im sogenannten Blitzkanal (innerhalb von Mikrosekunden auf rund 30000 Grad) entsteht dem DWD zufolge der nachfolgende Donner.
In der ersten Jahreshälfte 2023 hat es in Baden-Württemberg Zehntausende Male geblitzt. Insgesamt zählte das Blitzmesssystem im Südwesten 253 021 Blitze, wie das Münchner Blitzortungsunternehmen Nowcast mitteilt.
Der Landkreis mit der höchsten Blitzdichte in Baden-Württemberg war demnach Ulm mit 20,8 Blitzen pro Quadratkilometer.
Wie Deutschlandweit war Fürstenfeldbruck in Bayern mit 31,4 Blitzen pro Quadratkilometer Spitzenreiter. In ganz Deutschland blitzte es vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2023 knapp zwei Millionen Mal. Die Zahl der Blitzentladungen beträgt laut Nowcast-Geschäftsführer Richard Fellner 84 Prozent des Durchschnittswertes der vergangenen zehn Jahre.
Ungewöhnlich reich an Gewittern ist demzufolge der März mit 113 000 Blitzentladungen gewesen. Als Gewittersaison gelten in Deutschland die Monate von Mai bis August.
Auf welchem Platz im Blitz-Ranking steht der Südwesten ?
Baden-Württemberg ist im Ranking der 16 Bundesländer in der ersten Jahreshälfte auf Platz zwei gelandet. Bayern ist mit rund 550 000 Blitzen das blitzreichste Bundesland.
Welcher Tag war bisher der blitzreichste?
Der stärkste Blitz wurde deutschlandweit am 1. Februar in Bockhorn (Kreis Friesland) in Niedersachsen gemessen. Er hatte eine Stromstärke von 369 000 Ampere.
Der mit Abstand blitzreichste Tag war deutschlandweit der 22. Juni. Insgesamt kam es zu 748 300 Entladungen, was einem der höchsten Werte der vergangenen zehn Jahre entspricht. „An diesem Tag wurde innerhalb von 24 Stunden rund die Hälfte der üblichen Blitzentladungen des gesamten Junis verzeichnet“, erläutert Fellner.
Am 22. Juni war ein Randtief mit sehr energiereicher Luft über Deutschland gezogen und hatte an vielen Orten für Unwetter gesorgt, beispielsweise im Raum Kassel.
Nach Bundesländern aufgeschlüsselt wurde die höchste Anzahl an Blitzen zwischen Januar und Juni in Bayern gemessen - nämlich mehr als 554 000.
Die meisten Blitze pro Quadratkilometer verzeichnete Nowcast zufolge in den oberbayerischen Landkreisen Fürstenfeldbruck (31,4) und Dachau (30,3).
Nur etwa 0,1 Blitze pro Quadratkilometer wurden in Kiel und im Kreis Dithmarschen (Schleswig-Holstein) gemessen. Das ist bundesweit der niedrigste Wert.
Wo kracht es besonders häufig in Europa?
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit seinen circa 1,4 Blitzen pro Quadratkilometer auf Rang 18 von 43 Ländern. Die höchsten Blitzdichten gab es vergangenes Jahr in Bosnien-Herzegowina, Slowenien und Montenegro, die niedrigsten in Irland, Norwegen und dem Vereinigten Königreich.
Die Blitze werden mit Hilfe von rund 160 miteinander verbundenen Messstationen in Europa gemessen. Obwohl zwischen den Sensoren bis zu 350 Kilometer liegen, können die Blitzeinschläge damit auf bis zu 50 Meter genau ermittelt werden.
Was ist das Nowcasting-Verfahren?
Bei der Vorhersage von Blitzen kommt auch das sogenannte Nowcasting-Verfahren zum Einsatz. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes dient diese meteorologische Messmethode dazu, „die bestmöglichen Wettervorhersagen auch für Vorhersagezeiten von Minuten bis zu wenigen Stunden im Voraus liefern zu können“.
Das Nowcasting-Verfahren beruht auf zeitlich und räumlich hoch aufgelösten Beobachtungsdaten, die so aktuell wie möglich sind. Diese werden unter Berücksichtigung der Ergebnisse der letzten Vorhersagemodelle in die Zukunft hochgerechnet. „Nowcasting-Verfahren verbessern auf diese Weise die Wetterprognosen für Vorhersagezeiträume bis zu wenigen Stunden voraus“, heißt es beim DWD.
Wie berechnet man den Abstand zu einem Gewitter?
Wenn man sich beim Gewitter, bei dem sich gewaltige elektrische Spannungen entladen, im Freien aufhält, sollte man wissen, wie weit die Blitze noch entfernt sind. Die Distanz zu einem Gewitter berechnet man, indem man die Zeit zwischen Blitz und Donner in Sekunden mit der Schallgeschwindigkeit (343,2 Meter pro Sekunde) multipliziert und die Summe durch 1000 teilt.
Blitz-Rechenformel: Entfernung (in km) = Sekunden zwischen Blitz und Donner x Schallgeschwindigkeit : 1000
Sie messen einen zeitlichen Abstand zwischen Blitz und Donner von zehn Sekunden. In Metern beträgt die Entfernung: zehn Sekunden x 343,2 Meter pro Sekunde – also 3432 Meter, die durch 1000 geteilt werden, um die Kilometerzahl zu erhalten. Ergebnis: Der Blitz ist 3,43 Kilometer von ihnen entfernt.
Info: Unwetterwarnstufen des Deutschen Wetterdienstes
Unwetterwarnung Blitze, Hagel, Starkregen: Über solche Wetterlagen informiert der Deutsche Wetterdienst regelmäßig und gibt im Ernstfall auch amtliche Unwetterwarnungen heraus. Mehrmals in der Stunde aktualisiert der DWD seine Karte zu Wetter- und Unwetterwarnungen. Neben der „Vorabinformation Unwetter“ gibt es vier Warnstufen zu unterscheiden.
Vorabinformation Unwetter Vorabinformationen gibt der DWD heraus, wenn eine Region generell mit Unwettern rechnen muss. „Das kann man als eine Art Vorwarnung begreifen“, erklärt Meteorologe Thomas Ruppert. Das Problem sei, dass sich zu diesem Zeitpunkt Gewitter noch nicht räumlich und zeitlich eingrenzen ließen. Einige vorgewarnte Gebiete könnten also auch trocken bleiben. Die Vorwarnung gilt für eine Zeit von zwei bis drei Stunden im Voraus.
Warnstufe 1 (gelb) Ab Warnstufe 1 können Meteorologen das Gewittergebiet räumlich und zeitlich besser eingrenzen. Auf der Karte werden Gebiete gelb markiert, in denen man mit Gewittern und Windböen rechnen muss. Die ersten beiden Stufen zählen noch zu den Wetterwarnungen. Ab Stufe 3 spricht der DWD von Unwetterwarnungen.
Wrnstufe 2 (orange) In die zweite Stufe fallen alle Wetterlagen mit starkem Gewitter, Windböen, Starkregen und Dauerregen.
Warnstufe 3 (rot) Stufe 3 ist erreicht, „wenn wir davon ausgehen, dass golfballgroßer Hagel oder Regen von über 25 Liter pro Stunde fallen“, sagt Ruppert. Der DWD empfiehlt ab dieser Stufe, Aufenthalte im Freien zu meiden.
Warnstufe 4 (violett) Die letzte Warnstufe beschreibt Unwetter, durch die lebensbedrohliche Situationen und große Schäden entstehen können. Diese Zellen können sich sehr schnell entwickeln.