Am 25. April 1942 schloss Selma Tannenbaum die Tür ihres Hauses in der Friesener Straße das letzte Mal hinter sich. Gemeinsam mit ihrem Mann Max machte sie sich auf den Weg zur Sammelstelle in der Kulmbacher Straße. Auf der Brust ihres Mantels befand sich, gut sichtbar, der gelbe Stern, den seit September 1941 reichsweit alle Juden tragen mussten. Nachdem sie fast ihr gesamtes Leben in Kronach verbracht hatte, war sie nun gezwungen, ihre Heimatstadt zu verlassen. Als „Evakuierung nach dem Osten“ hatte man ihr den Abtransport kurz zuvor angekündigt. Das genaue Ziel der Deportation war ihr zu diesem Zeitpunkt ebenso unklar wie das, was sie dort erwarten würde. Noch in der Nacht zuvor hatte sie Saatgut in ihr Mantelfutter eingenäht. Damit wollte sie an ihrem neuen Wohnort wieder einen Garten anlegen.