Gestiegene Kosten Der Bierpreis zieht weiter an

Christopher Michael
Der Pro-Kopf-Verbrauch sinkt deutlich. Foto: dpa/Angelika Warmuth

Kostet der Gerstensaft in Wirtshaus und Getränkemarkt bald deutlich mehr? Die Brauer kämpfen mit enorm gestiegenen Kosten für Personal, Rohstoffe, Energie und Produktionsmittel. Beim Absatz hat die Brauwirtschaft die Talsohle aber durchschritten und Vorkrisen-Niveau erreicht.

 
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Bayerns Brauern blicken wieder vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Der Absatz hat im vergangenen Jahr – der Freistaat nimmt damit bundesweit eine Sonderrolle ein – wieder Vor-Corona-Niveau erreicht. Fast 24 Millionen Hektoliter Bier verließen die bayerischen Brauereien in Richtung der Getränkemärkte, Wirtschaften und Restaurants und auch in den Export. Dabei ist der Pro-Kopf-Verbrauch zuletzt nochmals deutlich gesunken – auf 91,6 Liter.

„So einen starken Rückgang binnen zweier Jahre hat es außerhalb von Kriegszeiten bislang noch nie gegeben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des bayerischen Brauerbundes, Lothar Ebbertz, anlässlich der Jahrespessekonferenz des Verbands. „Was im Inland fehlt, müssen wir im Ausland wieder herausreißen.“ Die bayerischen Brauereien haben 2022 fast ein Viertel ihres Umsatzes in fremden Ländern gemacht. „Die Marke ‚Bayerisches Bier’ zieht in den internationalen Märkten“, sagte Ebbertz. So hätten die Umsatzrückgänge im Inland durch das Auslandsgeschäft kompensiert werden können.

Hoffnungen setzt die Brauwirtschaft auch in einen Bereich, der vor 30 Jahren „überhaupt noch keine Rolle gespielt hat“: das alkoholfreie Bier. Rechne man das zum Gesamtabsatz der bayerischen Brauereien hinzu sei man fast auf dem Niveau der 1990er-Jahre, rechnete Ebbertz vor. Besonders beliebt sei das alkoholfreie Weizen und auch alkoholfreie Mischgetränke wie Radler oder Russen erfreuten sich immer größerer Beliebtheit.

Ohne deutliche Preiserhöhungen wird es in diesem Jahr allerdings für die heimischen Biertrinker nicht abgehen. „Preiserhöhungen für Bier sind unumgänglich“, sagte Verbandspräsident Georg Schneider. Großen Anteil daran hätten sowohl die hohen Rohstoffkosten für Gerstenmalz und Hopfen und die explodierenden Energiekosten als auch die Preise für Produktionsmittel und die Kosten für das Personal. Scharfe Worte richtete Schneider dabei in Richtung der Gewerkschaften. Als „unanständig“, bezeichnete Schneider die Lohnforderungen der Gewerkschaft NGG in der jüngsten Tarifrunde. Die Gewerkschaft fordere ein Lohnplus von zwölf Prozent. „Kleinere Brauereien können das nicht leisten“, sagte Schneider.

Von Meldungen der vergangenen Tage, wonach angeblich ein Bierpreis von 7,50 Euro pro Halbe drohe, distanzierte sich Schneider deutlich. „Es wird auch weiterhin Regionen in Bayern geben, in denen die Halbe für drei Euro zu haben ist“, sagte er. Im Vergleich zu den Steigerungen bei anderen Lebensmitteln werde die Steigerung beim Bierpreis aber eher „moderat“ ausfallen. Die aktuellen Kostensteigerungen seien bei Weitem noch nicht durch die bisher an die Endkunden weitergegebenen Preise aufgefangen“, sagte Schneider. „Die Brauwirtschaft lebt mehr oder weniger von der Substanz.“

Immer wieder machten Schließungen von Brauereien in den vergangenen Monaten Schlagzeilen. Auch traditionelle Brauereien hätten zuletzt immer wieder geschlossen, meist wegen Nachfolgermangels, Investitionsstaus oder der hohen Kosten. Von einem Brauereisterben mag Hauptgeschäftsführer Ebbertz aber nicht sprechen. Was sich zeige sei eine Rückbesinnung auf regionale Biere und Brauereien. „Es ist wie eine Sehnsucht nach Heimat“, sagte Ebbertz auf Nachfrage unserer Zeitung. Statistisch gesehen wirke sich diese Entwicklung jedoch nicht aus.

„Die Zahl der Braustätten ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen“, sagte er. Jedoch sei dies fast ausschließlich auf Kleinst- und Gaststättenbrauereien mit einem Jahresausstoß von unter 1000 Hektolitern zurückzuführen. „Es gibt Brauereien, die das pro Tag ausstoßen“, sagte Ebbertz zur Einordnung. Fasst man das Feld weiter, wird deutlich: Betriebe mit unter 5000 Hektolitern Bier pro Jahr machten deutschlandweit fast 72 Prozent aller Brauereien aus – gleichzeitig lag ihr Anteil am Gesamtausstoß bei gerade einmal 0,84 Prozent. Der Löwenanteil der Bierproduktion – 83,1 Prozent des Ausstoßes – kommt aus 64 Betrieben.

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