Hochschule Coburg Studenten bauen Instrumente aus Müll

Natalie Schalk, Hochschule Coburg

Die Hochschule lädt vom 24. bis 28. April ein, tagtäglich etwas Neues zum Thema Nachhaltigkeit zu erfahren. Dabei werden auch Musikinstrumente präsentiert, die Studierende aus ausrangierten Materialien bauten.

 
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Kreischend dreht sich das Blatt der Kreissäge im Creapolis Makerspace, als Celina Kühn an einem dunklen Winterabend ganz langsam eine besondere Sperrholzplatte hineinschiebt. Die Maße hatte sie vorher genau angezeichnet – so, dass der Aufdruck gut zu sehen bleibt. Dass hier die Rückwand der Verpackung einer Fräsmaschine verbaut wird, sollte am Ende unbedingt zu erkennen sein. „Die Motive sind von der Optik her spannend, die wollte ich in mein Cajón mit einbauen“, erklärt die Dresdnerin. Kühn studiert Soziale Arbeit an der Hochschule Coburg und hat im Wintersemester bei Ralf Probst einen Kurs belegt, in dem Kistentrommeln aus Abfall oder Resten gebaut wurden. Ihre Kommilitonin Sophie Moller aus Schweinfurt berichtet, dass sie ihr Material zu Hause in einem Holzhaufen gefunden habe. Übrig geblieben von Projekten ihres Vaters. Anja Fichter sagt: „Ich bin auch bei meinen Eltern im Keller fündig geworden.“ Sie hatte große Lust auf den freiwilligen Kurs, weil sie Musik liebt und gerne bastelt. Moller erzählt: „Ich habe ein Klavier und spiele auch Gitarre – es ist einfach schön zu sehen, wie ein Instrument entsteht.“

Probst ist Dozent am Wissenschafts- und Kulturzentrum der Hochschule und baut schon seit einigen Jahren Musikinstrumente mit Studierenden. „Vor allem in der Sozialen Arbeit ist Musik ein wichtiger Aspekt“, erklärt er. Bisher wurden Bausätze genutzt. Diesmal sollte aber mit Abfallprodukten gearbeitet werden. „Das war spannend, weil ich überhaupt nicht wusste, welche Materialien kommen.“ Gebaut wurde bei Creapolis im Makerspace. Seit das Projekt der Hochschule mit neuem Namen als „Creapolis + design“ verlängert wurde, ist es noch stärker darauf ausgerichtet, Coburg als kreativen und innovativen Standort zu stärken. Der Makerspace steht Studierenden und Bürgern zur Verfügung. Hier gibt es bei Bedarf auch alle nötigen Maschinen, um Abfallholz in Musikinstrumente zu verwandeln. „Nachhaltigkeit ist auch, aus vorhandenen Ressourcen etwas Neues zu bauen“, sagt Probst.

Nachhaltigkeit hat die Hochschule als einen ihrer Schwerpunkte definiert und im April werden viele Facetten des Themas beleuchtet: Von Montag, 24., bis Freitag, 28. April, findet am Campus Friedrich Streib der Hochschule Impact 2023, das Nachhaltigkeits- und Innovationsfestival für Studierende, statt. Sie entwickeln Lösungsideen für Themen, die von Menschen und Institutionen der Region vorgeschlagen wurden. Die Ergebnisse werden am Freitag, 28. April, öffentlich vorgestellt. Während der Woche ist die breite Öffentlichkeit aber bereits zu den Nachhaltigkeitstagen in der Alten Pakethalle eingeladen. Sie bieten immer ab 17 Uhr Themen von „Globale Gesundheit - regionale Bedeutung“, über Stadtentwicklung, Bauen und Mobilität, sichere Energieversorgung bis hin zu Kreislaufwirtschaft und Konsum. Die Nachhaltigkeitstage werden von der Hochschule mit dem gemeinnützigen Verein Making Culture organisiert und sind für Besucher kostenlos. Zum Rahmenprogramm wird ein „Markt der Möglichkeiten“ gehören. Hier werden auch die Cajóns zu sehen sein – und andere ungewöhnliche Musikexperimente, die in Kronach in einem anderen Seminar der Hochschule entstanden sind.

Nach dem Coburger Vorbild ist am Kronacher Lucas Cranach Campus (LCC) ein hochschuleigener Makerspace eingerichtet – hier baute der Master-Studiengang ZukunftsDesign (ZD) im Winter innovative Klangobjekte. Egal ob handwerklich oder mit 3D-Druck umgesetzt: Im Wahlpflichtfach „Sounds Of Future“ ging es um „Klingende Werkstoffe (Upcycling Music) im Fokus der Nachhaltigkeit“. Nicht nur Materialien, sondern auch Prozesse wurden dabei nachhaltig betrachtet. Die Lehrveranstaltung wurde von Ralf Probst, Tony Gauser und Frank Wunderratsch betreut und beleuchtete akustische, psychologische und soziale Effekte von Musik. Im praktischen Teil brachten die Studierenden Materialien, die auf den ersten Blick teils nutzlos erscheinen, durch Um- und Neugestaltung zum Klingen. „Da ich gerne Gitarre spiele, war es für mich naheliegend, ein solches Instrument aus einem alten Drucker zu bauen“, erklärt ZD-Student Torsten Utz. „Das Projekt war sehr spannend. Es hat einen guten Eindruck gegeben, wie man aus Alltagsgegenständen etwas komplett Neues erschaffen kann“, sagt er.

Seine Kommilitonin Nadine Freitag berichtet, wo sie das Material für ihr „Glasofon“ zusammengetragen hat: „Am Campus Friedrich Streib der Hochschule Coburg gibt es ein Mitnahmeregal.“ Die Studierendenvertretung, der Freitag genau wie Utz angehört, hat diese Tauschplattform ermöglicht, damit ausrangierte Dinge ein zweites Leben finden – dass aus Dessertgläsern und Tellern einmal ein Musikinstrument werden würde, war nicht geplant. Funktionierte aber. Freitag ergänzte ihr Sammelsurium aus dem Mitnahme-Regal mit Altglas. Von Windspielen inspiriert entschied sie, Teile bunt anzusprühen und in ein Netz in einem Rahmen zu spannen. Ihr gefiel der kreative Prozess, aber auch, was sie über Materialien lernte. „Und durch das Upcycling wurde mir bewusst, wie viel Abfall produziert wird und wie wichtig es ist, diesen zu reduzieren und zu trennen.“

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