IHK-Vollversammlung Herdan: Pandemie in Coburg eklatant zu spüren

„Die aktuelle Krise offenbar Foto: dpa-Archiv/Lino Mirgeler

Schlüsselbranchen, aber auch Handel, Hotel- und Gaststätten und touristische Betriebe werden arg gebeutelt, so der IHK-Präsident. Finanzminister Füracker wohnt der Sitzung online bei und bittet um Verständnis für die Corona-Maßnahmen.

 
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Coburg - Premiere bei der Industrie- und Handelskammer zu Coburg: Präsident Friedrich Herdan hat als Ehrengast den Bayerischen Finanzminister Albert Füracker online zur Sitzung der IHK-Vollversammlung begrüßt, die wegen aktueller Hygienevorschriften in den Räumlichkeiten der Pfarrgemeinde St. Augustin stattfand.

In der turnusmäßigen Sitzung wurden verschiedene Themen erörtert, aber insbesondere ging es um die Corona-Auswirkungen, die uns wohl noch eine Zeitlang begleiten werden, wie es in einer Pressemitteilung der IHK zu Coburg heißt. „Darauf müssen wir uns ganz konkret einstellen“, betonte IHK-Präsident Herdan. Er wertete es als wichtiges Signal, dass der Bayerische Finanzminister sich vor allem auch in der aktuell schwierigen Situation die Zeit für den persönlichen Austausch genommen hat.

Ungeahntes Ausmaß

In seinem Situationsbericht erläuterte IHK-Präsident Herdan, dass die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung seit dem Frühjahr eklatant zu spüren sind, wobei unsere industriellen Coburger Schlüsselbranchen Automotive und Maschinenbau mit Auftragsrückgängen ungeahnten Ausmaßes konfrontiert sind. Ebenso sind unser stationärer Einzelhandel, das Hotel- und Gaststättengewerbe, touristische Betriebe, Veranstalter, Kinos und Theater von krisenbedingten Einschränkungen bzw. Untersagung der Geschäftstätigkeit besonders stark getroffen.

„Der im November angeordnete Teil-Lockdown bremst unsere Wirtschaft ein weiteres Mal aus“, so IHK-Präsident Herdan. Es sei zwar zu begrüßen, dass weite Teile des Handels, der Industrie und der Dienstleistung am Laufen bleiben können, aber viele Betriebe – über alle Branchen hinweg – standen schon vorher mit dem Rücken zur Wand.

Teufelskreis

IHK-Präsident Herdan äußerte seinen Dank für die vielfältigen Unterstützungsangebote vom Bund sowie vom Freistaat Bayern, der die Wirtschaft wie kaum ein anderes Bundesland unterstützt. Dennoch kämpfen nun einige Unternehmen mit Liquiditätsproblemen. „Wichtig ist deshalb jetzt die zügige Auszahlung zugesagter Hilfen“, betonte IHK-Präsident Herdan. Er appellierte: „Der Teufelskreis aus Lockdown, wirtschaftlichen Einbrüchen, Hilfsmaßnahmen und Wieder-Hochfahren muss dringend durchbrochen werden, weil weder die Firmen noch der Staat sich das länger leisten können. Hilfszahlungen, so nötig diese gegenwärtig auch sein mögen, sind für Unternehmen kein zukunftsweisendes Geschäftsmodell.“

Mit dem Blick über die jetzige Pandemie hinaus forderte IHK-Präsident Herdan bessere Rahmenbedingungen. Das gelte besonders in diesen Zeiten internationaler Wettbewerbsverzerrungen, der digitalen Transformation, des Mobilitätswandels, der angestrebten Dekarbonisierung, anwachsender globaler Handelshemmnisse und weiterer Herausforderungen. „Bei all dem brauchen unsere Unternehmen endlich mehr Luft zum Atmen. In diesem Szenario muss zumindest unser Steuersystem insgesamt zukunftsgerichteter, vor allem wettbewerbsfähiger aufgestellt werden“, so IHK-Präsident Herdan und fragte den Bayerischen Finanzminister Füracker nach der Wahrscheinlichkeit einer längst überfälligen Reform der Unternehmenssteuern.

Internationaler Druck

Die gesamte Problematik griff der Bayerische Finanzminister Albert Füracker auf und dankte der Wirtschaft zunächst für Engagement, Investitionen und Arbeitsplätze und bezeichnete inhabergeführte Familienbetriebe generell aber vor allem in der aktuellen Situation als „besonders wichtig für die wirtschaftliche Stabilität“. Er bestätigte die Einschätzung von Präsident Herdan, wonach die Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften in Deutschland mit 29,9 % im internationalen Vergleich an der Spitze steht, der Durchschnitt in OECD-Staaten liegt bei 23,5 %, das Mittel in den EU-Staaten ist mit rund 22 % sogar noch etwas geringer. Den internationalen Druck auf die Steuersätze haben 2018 die USA mit einer großen Unternehmenssteuerreform eingeleitet und so bestätigte Staatsminister Füracker Handlungsbedarf an dieser Stelle und verwies darauf, dass etliche Initiativen zugunsten verbesserter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bereits konzipiert sind, jedoch vom Koalitionspartner auf Bundesebene bisher noch abgelehnt werden. Man bleibe aber im Thema!

Finanzielle Herausforderungen

Die aktuelle Krise offenbare laut Staatsminister Füracker auch ordnungspolitische Schwierigkeiten und man versuche, der zweiten Pandemiewelle mit einem Teil-Lockdown zu begegnen, der sowohl Gesundheitsschutz als auch Wirtschaftsleben ermöglicht. Er bat um Verständnis für die angeordneten Maßnahmen. Zudem versicherte StM Füracker bei allen finanziellen Herausforderungen die Fortsetzung einer soliden Haushaltspolitik in Bayern, die auf Grund guten Staatswirtschaftens in der Vergangenheit zusätzlichen Spielraum für hohe Investitionen insbesondere in Forschung und Entwicklung zulässt.

Es folgten Fragen aus dem Auditorium u.a. zur Haftungsfreistellung der Banken, Finanzierbarkeit der umfangreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen, Einschätzung der Wirkungen aus der Umsatzsteuersenkung, die Möglichkeit der Verlustverrechnung bis 2018 sowie die Wirksamkeit der „Hightech-Offensive“. Auch darauf ging der Staatsminister ausführlich ein, signalisierte größtenteils Konsens mit den Ausführungen der Redner, argumentierte zum Teil aber auch relativierend. Er führte aber auch aus, dass die Politik sich schon täglich auch frage: „Wer soll das alles bezahlen und woher kommt das Geld für künftige Investitionen und Innovationen?“ In diesem Zusammenhang betonte Staatsminister Füracker: „Wir brauchen Wirtschaftswachstum.“

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