Die Astronomen haben Glück: Im Gegensatz zu 1I/'Oumuamua wurde 2I/Borisov bereits im Anflug gesichtet. So bleiben den Forschern viele Monate für Untersuchungen. "Das Objekt wird Mitte Dezember die größte Helligkeit erreichen und dann noch bis April 2020 mit mittelgroßen Teleskopen zu sehen sein", erläuterte Farnocchia. "Danach wird es bis Oktober 2020 nur noch mit größeren, professionellen Teleskopen zu beobachten sein."
Mehrere Observatorien haben den Besucher bereits ins Visier genommen. So bestimmte ein Team um Karen Meech von der Universität Hawaii, die bereits die Charakterisierung von 1I/'Oumuamua geleitet hatte, in einer ersten Untersuchung den Durchmesser des Himmelsobjekts auf 2 bis 16 Kilometer. Aufnahmen des Gemini-Observatoriums auf Hawaii zeigen einen deutlichen Schweif des Kometen.
Forscherinnen und Forscher des astrophysikalischen Instituts der Kanaren (IAC) haben bereits ein erstes sogenanntes Spektrum von dem interstellaren Schweifstern gewonnen, das eine Art Fingerabdruck seiner chemischen Zusammensetzung bietet. "Das Spektrum dieses Objekts ähnelt solchen von Kometen unseres Sonnensystems, und das weist darauf hin, das ihre Zusammensetzung ähnlich sein muss", berichtete IAC-Forscherin Julia de León. Diese Beobachtung lege nahe, dass sich Kometen in anderen Sonnensystemen durch ähnliche Prozesse formen könnten wie in unserem, ergänzte de Leóns Kollege Javier Licandro.
Die Entdeckung von gleich zwei interstellaren Besuchern innerhalb von nur zwei Jahren deutet nach Einschätzung der IAU darauf hin, dass diese Objekte einen neuen Weg zur Erforschung bestimmter Prozesse in anderen Sonnensystemen eröffnen könnten. Wie häufig solche Stippvisiten sind, ist allerdings noch schwer abzuschätzen. Einen der nächsten interstellaren Besucher könnte möglicherweise eine geplante Satellitenmission der europäischen Raumfahrtagentur Esa abfangen.
Die Agentur will bis 2028 auf einer Warteposition in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde die dreiteilige Raumsonde "Comet Interceptor" (deutsch etwa Kometen-Abfangjäger) stationieren. Sie soll laut Esa-Wissenschaftsdirektor Günther Hasinger entweder auf einen noch unberührten, frischen Kometen aus unserem eigenen Sonnensystem lauern, oder auf einen interstellaren Besucher wie 1I/'Oumuamua.