Viele Frauen und Kinder
Viel Schlaf haben die beiden auf ihrer Tour nicht bekommen. „In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben wir vielleicht zwei Stunden geschlafen“, berichtet Andi Kraus. Viele Kinder hätten sie gesehen, die aus der Ukraine flüchten wollten. „Und Frauen. Da waren auch zwei Zwölfjährige mit einem Kleinkind dabei“, erzählt er. Teilweise hätten sie den Leuten direkt aus den Fenstern des Transporters heraus warme Decken in die Hand gedrückt. „Da wussten wir wenigstens, dass die Sachen angekommen“, seufzt er.
Mitten in der Nacht von Sonntag auf Montag konnten die beiden schließlich zum Bahnhof fahren um Romans Grycaks Schwägerinnen abzuholen. „Wir haben auch noch andere Leute mitgenommen, die aber nur bis in die Tschechei wollten“, sagt Andi Kraus. Auch in dieser Nacht hätten sie kaum Schlaf gefunden – am Montagfrüh um 9.30 Uhr seien sie schließlich wieder zu Hause angekommen. „Dort ist mir dann erst einmal Romans Mutter um Hals gefallen. Ich musste ihr vor der Abfahrt versprechen, dass ich ihn wieder mitbringe“, erzählt Kraus.
Weitere Transporte geplant
Er betont, dass diese ganze Aktion nicht möglich wäre ohne die vielen helfenden Hände im Hintergrund – und die Hauptorganisatoren Roman Grycak und Marc Bergauer. Es seien weitere Hilfstransporte zur polnisch-ukrainischen Grenze geplant – der nächste bereits am Donnerstag. Andi Kraus wird diesmal aber nicht mitfahren. „Wenn es hart auf hart käme, würde ich es aber wieder machen“, versichert er – nun sei es aber erst einmal sinnvoller, wenn Leute mit Lastwagen die Fahrten übernähmen. Dennoch werde er die Hilfsaktion "Roman“, wie sie inzwischen ganz offiziell heißt, selbstverständlich weiter tatkräftig unterstützen.
Eine unfassbare Situation
Angst habe er an der Grenze übrigens keine gehabt. „Aber als ich die Kinder dort gesehen habe, habe ich gewusst, es ist wichtig, dass man hilft. Und so brutal es zu sehen war, wie verzweifelt ein Mensch sein kann – so war es irgendwie auch ein schönes Gefühl, wenigstens ein bisschen was tun zu können“, beschreibt er seine Eindrücke. Für ihn sei das alles nach wie vor unfassbar. „Wir leben in einer Generation, für die Krieg bis jetzt kaum greifbar war. Jedem Einzelnen, der hilft, kann man nicht genug danken.“
Das Schicksal der Menschen in der Ukraine bewegt offensichtlich noch mehr Kronacher zutiefst. Das zeigt sich daran, dass Viele helfen wollen – sei es, indem sie selbst etwas auf die Beine stellen oder indem sie die Hilfsaktion „Roman“unterstützen.
Viel Unterstützung
So haben beispielsweise die Feuerwehr Teuschnitz und der Markt Pressig kurzfristig Spenden-Sammelstationen für die Aktion „Roman“ gegründet. „Mit Ihrer Hilfe können wir die Menschen vor Ort direkt unterstützen. Auch in Pressig haben sich ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bereit erklärt“, postet der Pressiger Bürgermeister Stefan Heinlein (CSU) auf Facebook. Aktuell würden vor allem Essen (Konserven mit Suppen, Nudeln, Reis), Verbandsmaterialien sowie Decken benötigt. Die Spenden könnten bis zum heutigen Mittwoch, 16 Uhr, am Rathaus abgegeben werden. „Wir fahren die Hilfsgüter danach direkt nach Johannisthal zum Verladepunkt“, informiert Heinlein. Am Donnerstag bringe sie ein Laster von dort direkt ins Krisengebiet.
Auch die Feuerwehr Teuschnitz ruft über Facebook zum Spendensammeln auf: „Die Spenden werden ausschließlich am Samstag, 5. März, von 9 bis 12 Uhr am Feuerwehrgerätehaus in Teuschnitz entgegengenommen und dort direkt verladen.“
Weitere Hilfsaktionen
Elke Helm, Geschäftsführerin der Marktrodacher Firma Unidice, möchte ebenfalls helfen. „Ich würde gerne eine Aktion im Landkreis Kronach starten“, schreibt sie in einer E-Mail an unsere Zeitung. So wie sich die Ukraine nicht alleine verteidigen könne, so könne auch sie das nicht alleine schaffen, schreibt sie und bittet um Unterstützung. Neben Sachspenden, denkt sie dabei an Bus- oder Transportunternehmen, die bereit wären, Güter an die Grenze zu fahren und Flüchtlinge mit nach Deutschland zu bringen. „Wir selbst haben nur einen Transporter, welchen wir persönlich an die polnisch/ukrainische Grenze fahren würden“, meint sie. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie unbürokratisch helfen würden, diese humanitäre Katastrophe wenigstens für ein paar Menschen zu lindern. Jede helfende Hand ist willkommen“, schließt Elke Helm ihren Text.
Auch im Kronacher Jugend- und Kulturzentrum Struwwelpeter möchte man nicht untätig zusehen. „Wie viele Menschen auf der ganzen Welt sehen wir den Krieg in der Ukraine mit Erschütterung und großer Sorge“, posten die Verantwortlichen auf Facebook. Einerseits stünden sie jederzeit im Jugendcafé für Gespräche zur Verfügung – sowohl für junge Kronacher, die Fragen hätten, als auch für Flüchtlinge aus dem Krisengebiet.
„Wir möchten aber nicht nur sprechen, sondern auch konkret helfen“, heißt es weiter. Der Förderverein des Struwwelpeters habe daher eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Das Spendenkonto laute: Förderverein Struwwelpeter, IBAN DE71 715 0000 0101 8473 90, Überweisungsbetreff „Ukraine“. Das Geld werde für Organisationen zur Unterstützung der humanitären Hilfe für die Menschen in der Ukraine beziehungsweise geflüchtete Menschen genutzt.
Kleinbus gesucht
Zudem werde ein Kleinbus gesucht, mit dem ehemalige Ehrenamtliche des „Struwwel“ an die polnisch-ukrainische Grenze fahren, Hilfsgüter dort abgeben und Flüchtlinge mit nach Deutschland nehmen möchten. Am besten wäre ein Neunsitzer. „Ihr könntet ein Auto für die Tage als Ersatzfahrzeug erhalten“, heißt es.
Die genannten Hilfsaktionen im Landkreis stehen beispielhaft für viele weitere und es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.
INFOKASTENTITEL
Der VfR Johannisthal sammelt für die Hilfsaktion „Roman“ verschiedene Sachspenden, die an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht werden. Am meisten benötigt werden laut Andi Kraus: Outdoor- beziehungsweise Militärjacken für Herren, Helme, Taschenlampen, Decken, Schlafsäcke, Verbandstaschen, Verbandsmaterial, Masken, Hygieneartikel (Seifen, Zahnbürsten, Zahnpasta und ähnliches), Notstromaggregate, Nahrungsmittelkonserven sowie Reis und Nudeln. Alle Sammelstationen und das zugehörige Spendenkonto finden Sie
hier.