Jüdisches Leben in Coburg Orte des Gedenkens

„Was in dieser Stadt verloren gegangen ist“: die einst als Synagoge genutzte St.-Nikolaus-Kapelle. Foto: Michael von Aichberger/Neue Presse

Statt eines einzelnen zentralen Gedenkorts plant die Stadt, einen Erinnerungsweg einzurichten – mit insgesamt 13 Stationen.

 
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Die Stadt Coburg soll einen Erinnerungsweg „Jüdisches Leben“ erhalten mit insgesamt 13 Stationen im Stadtgebiet. Dies hat der Kultur- und Schulsenat in seiner Sitzung am Donnerstag einstimmig beschlossen. Die Umsetzung ist für das kommende Jahr geplant.

Zurück geht der Beschluss auf einen Antrag der SPD aus dem Sommer 2021. Darin hatte die Stadtratsfraktion unter Vorsitz von Alt-Oberbürgermeister Norbert Tessmer gefordert, in der Judengasse oder direkt am Judenturm einen Gedenkort zu schaffen. Die Vestestadt gilt Historikern – inzwischen wohl bekanntermaßen – als Keimzelle der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland, Coburg galt im sogenannten Dritten Reich als Vorzeigestadt der Nazis.

Drei Phasen der jüdischen Geschichte

Das Gremium folgte dem Antrag der Sozialdemokraten. Die Verwaltung sollte ein geeignetes Format entwickeln. Der Prozess unter Leitung des verstorbenen damaligen 3. Bürgermeisters Thomas Nowak involvierte diverse Vereinigungen, Initiativen und Interessensgruppen aus der Vestestadt sowie Studenten der Hochschule, die sich in einem Seminar mit dem Thema Erinnerungskultur beschäftigten.

Dabei, so steht es in der zugehörigen Beschlussvorlage vom Donnerstag, stellte sich heraus, dass sich die Vielfalt jüdischen Lebens in Coburg jedoch nicht auf einen Ort, eine Jahreszahl oder ein Ereignis eingrenzen lasse. Um dieser gerecht zu werden, müsse demnach der Zeitraum von 1842 bis 1942 betrachtet und vollumfänglich dargestellt werden. In diesem ließen sich die drei wichtigsten historischen Phasen der jüdischen Geschichte in der Vestestadt aussagekräftig verdeutlichen: also Integration, Exklusion und Extinktion.

Der Erinnerungsweg soll am jüdischen Friedhof auf dem Glockenberg beginnen. Weitere Stationen sind unter anderem die einst als Synagoge genutzte St.-Nikolaus-Kapelle, der Marktplatz und als Schlusspunkt der Bahnhof. An den einzelnen Stationen soll jeweils eine Informationstafel installiert werden, „auf denen die wesentlichen Ereignisse der jüdischen Geschichte in Coburg behandelt werden“, wie Stadtheimatpfleger Christian Boseckert im Senat erläuterte.

„Keine Schuld, aber Verantwortung“

Zusätzlich zu den Texten in Deutsch, Englisch und Hebräisch sollen die Tafeln zeitgenössische Bilder beziehungsweise Dokumente zeigen, eine kleine Übersichtskarte des Erinnerungsweges beinhalten und einen QR-Code für nähere Informationen. Angedacht ist darüber hinaus, drei der Stationen später noch um bislang nicht näher definierte „künstlerische Objekte“ zu erweitern, geschehen soll dies dem Vernehmen nach nicht zuletzt auf dem Markt.

Das Vorhaben stieß bei den Stadtratsmitgliedern auf breite Zustimmung. „Wir zeigen auf diese Art und Weise, dass wir wissen, was in dieser Stadt verloren gegangen und ausgelöscht worden ist“, bekundete etwa Gerhard Amend (CSB). „Wir haben keine Schuld daran, aber wir tragen Verantwortung.“

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