Kronach - Nelly Gion hebelt mit einem Spaten einen rechteckigen Gullydeckel im eingezäunten, verwunschenen Garten vor der Kreuzberg-Kapelle auf. Sie zieht das Metallteil mit Schwung zur Seite und beugt sich über ein dunkles Loch im Boden. Zu sehen ist ein alter Brunnenschacht von etwas mehr als einem Meter Durchmesser, der so tief in die Erde reicht, dass man gerade noch so an seinem Ende eine sprudelnde Quelle erahnen kann. "Dazu gibt es eine schöne Geschichte", beginnt Nelly Gion zu erzählen. Sie spielt in der Zeit der Pest, die im Mittelalter wütete. "Damals galt sauberes Wasser als heiliges Wasser", sagt sie. Denn vielerorts wurde das verseuchte Lebensmittel für diese damals neue, unheimliche Krankheit verantwortlich gemacht, die so schnell so viele Menschen dahinraffte. Und der Brunnen auf dem Kreuzberg lieferte sauberes Nass. Als Dank dafür, dass die Kronacher dem schwarzen Tod noch einmal von der Schippe gesprungen waren, gelobten sie 1634, neben dem Brunnen eine Kapelle zu bauen: die Kreuzbergkapelle. 1645 wurde sie geweiht. In ihrem Inneren sind außerdem heute noch drei Votivtafeln zu sehen, die darauf hinweisen, dass die Kapelle und ihre Quelle auch für Wunderheilungen verantwortlich sein soll.