Kronach Eintauchen in eine Welt aus Wolle

Heike Schülein

In der Lorenz-Kaim-Schule befassten sich angehende Pfleger und Pflegerinnen mit einem Material, das nachhaltig und dazu noch besonders vielseitig ist.

 
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Was war das plötzlich für ein merkwürdiges Geräusch, das durch die Höhle schallt? Das unheilvolle Rascheln stammt von einer großen Wollmaus. Jetzt heißt es schnell sein, um ihr zu entkommen: Ein ungewöhnliches Szenario spielt sich an diesem Vormittag in der Turnhalle der Lorenz-Kaim-Schule ab. Zur Geschichte von der Wollmaus kämpfen sich einige Probanden durch eine riesige „Welt aus Wolle“. „Erfunden“ wurde die spannende Verfolgungsgeschichte nebst der verschiedenen Stationen des in der Turnhalle aufgebauten Geschicklichkeitsparcours von angehenden Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern – als sportlich-fantasievoller Beitrag dreier schulübergreifender Projekttage der Lorenz-Kaim-Schule.

„Mit dem nachwachsenden Rohstoff Wolle möchten unsere drei Berufsfachschulen für Kinderpflege, Sozialpflege sowie Ernährung und Versorgung den Blick ihrer Schüler und Schülerinnen für ein nachhaltiges und vielseitig einsetzbares Material schärfen“, erklärt Fachbereichsleiterin Anna Baumann, die im Vorfeld viele Ideen mit ihrem Team zusammengetragen hatte.

Viel Freiraum zur Entfaltung

In der Projektwoche entwickeln die Lernenden möglichst selbstständig Lösungen für realitätsnahe Problemstellungen. Die Lehrkräfte übernehmen eine unterstützende Rolle, lassen den Auszubildenden jedoch möglichst viel Freiraum zur Entfaltung ihrer individuellen Fähigkeiten und Kreativität. Die Schülermitverwaltung hatte im Vorfeld den Gedanken der Nachhaltigkeit als Schwerpunktthema für das – dieses Mal auf drei Unterrichtstage ausgeweitete – berufsfeldübergreifende Modell ausgewählt, das von den einzelnen Klassen sehr kreativ umgesetzt wurde.

Ihren Beginn fanden die Projekttage mit einer Stoffsammlung und Präsentation der Ergebnisse rund um die tierische Naturfaser. Dabei behandelte man inhaltliche Themen wie die Begriffserklärung, Eigenschaften, Arten und Qualitäten von Wolle, Gewinnung und Weiterverarbeitung, wirtschaftliche Bedeutung und Nachhaltigkeit. In der Kinder- sowie Sozialpflege beschäftigte man sich insbesondere mit der Frage, wie man Wolle in diesem Arbeitsfeld umsetzen bzw. einsetzen kann. Bei der Berufsfachklasse Ernährung und Versorgung ging es vor allem um die Pflege bzw. Waschen des Materials sowie um die unterschiedlichen Fasern. Am zweiten und dritten Tag stand die praktische Umsetzung auf dem Programm, wobei viele Varianten entwickelt wurden. In den verschiedensten Techniken entstand Schönes wie unter anderem Traumfänger, Bommel- bzw. Woll-Tiere, Wollmonster, Woll- bzw. Fadenbilder, Freundschaftsbänder oder Schaukästen. Es wurde gefilzt und auch Wolle natürlich mit Rote Beete oder Karotten gefärbt.

Arbeiten mit Kindern und Senioren

Oftmals wurden die Gestaltungsarbeiten im Bereich Kinder- sowie Sozialpflege mit einer Geschichte kombiniert – beispielsweise passend zum gleichnamigen Buch eine „kleine Raupe Nimmersatt“ aus Wolle gebastelt. Durch das Vorlesen bzw. Sprechen mit den Kindern über den Inhalt wird Sprechvermögen und Sprachverstehen gefördert. Das Basteln kommt der Feinmotorik und Konzentrationsfähigkeit zugute – und nicht zuletzt bereitet es auch unheimlich viel Spaß. Die kreativen Beschäftigungsangebote eignen sich dabei keineswegs nur für Kinder. Angepasst an deren sensorischen Fähigkeiten ist das Basteln mit Wolle auch in der Betreuung von Senioren bzw. Menschen mit Demenz eine beliebte Gestaltungsmöglichkeit, im Sinne einer Aktivierung noch vorhandenen Wissens und eines ganzheitlichen Gedächtnistrainings.

„Wolle ist ein enorm vielfältiges Thema. Da hat sich für alle Beschäftigungsbereiche etwas gefunden“, freut sich Anna Baumann. Die Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung stellten beispielsweise auch schöne Raum-Deko her. Da es sich dabei um nachwachsendes Naturmaterial handelt, lassen sich die Kreativprojekte zudem sehr umweltschonend verwirklichen. Zudem finden sich ja, so Anna Baumann, in den allermeisten Haushalten irgendwelche Wollreste, die man so noch sinnvoll verwerten könne – ganz im Sinne von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Das Projekt endete mit Präsentationen der Ergebnisse sowie einer Reflexion, um den Teilnehmern ein Feedback zu geben. Auf die Präsentation erhielten die Schüler eine Note im Fach Deutsch. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten werden in der Schule in Schaukästen ausgestellt. Vor allem aber werden sie, dokumentiert in Ordnern, als Portfolio nachfolgenden Klassen zur Verfügung gestellt. Angedacht ist auch, eine der fertig aufbereiteten Stunden zum Beispiel in einer Förderschule oder in einem Seniorenhaus abzuhalten.

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