Kunst in Kronach Er malt Geschichten

Heike Schülein
  Foto: /eike Schülein

Auch seine Werke zieren dieser Tage das Kronacher Impfzentrum: Horst Böhm.Der Künstler, einst Schüler von Hermann Kaspar, gilt als Narrativer seiner Zunft.

 
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Kronach - Ein voller Panik nach Luft schnappender Fisch, ein zerbrochenes Schneckenhaus, ein Hirschkäfer, dem einer seiner langen Fühler fehlt, ein vertrockneter Baum; dahinter der rauchende Schlot einer Fabrik – und das alles vor einem in den deutschen Nationalfarben gehaltenen Hintergrund: Die Intention von Horst Böhms im Jahre 1973 geschaffenen „Kleinen Nationalbild“ ist eindeutig: Was tut der Mensch der Natur an?! Seine eindringlich auf Leinwand gebrachte Mahnung an die Menschheit findet sich eingangs im Wartebereich des Kronacher Impfzentrums, während weitere seiner Werke – wie „Susanne im Bade“ sowie „Des Bieres Schönheit und der Liebe Wohlgeschmack“ – den langen Gang bzw. Mitarbeiterzimmer zieren.

„Es macht Freude, einen vorher kahlen Ort mit Farben und Bildern zu füllen – und für die Besucher des Impfzentrums ist es eine schöne Begrüßung“, freut sich der große Kronacher Künstler über die ihm einmal mehr von Ingo Cesaro gebotene Möglichkeit, seine Werke einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können. Der Vorsitzende des Vereins Regionale Kunstförderung Kronach hatte bereits in den vergangenen Jahren die wichtigsten Ausstellungen von ihm konzipiert und auch Kataloge herausgegeben. Unvergessen bleibt insbesondere die Retrospektive im Jahr 2003 mit 180 Tafelbildern auf der Festung Rosenberg. Auch auf der Kunstmesse „ARTkronach“ und dem Mitwitzer Künstlermarkt ist Horst Böhm regelmäßig vertreten.

Visionär an der Leinwand

Zuletzt hatte Ingo Cesaro Ende 2019 dessen Ausstellung „Querschnitt“ in der Galerie EINblicke im Kronacher Finanzamt organisiert, die über den 80. Geburtstag von Horst Böhm im März vergangenen Jahres hinaus hätte laufen sollen. Leider musste die Schau wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden. Nach Wochen des Wartens hat dieser seine Arbeiten in sein Atelier in der Oberen Stadt zurückgeholt. „Ich möchte meine Bilder um mich herum haben. Sie liegen mir sehr am Herzen“, bekundet der „Visionär an der Leinwand“, dessen Markenzeichen die kongeniale Kombination von Malerei und Zeichnung ist.

„Sein Wiedererkennungswert liegt – neben dem sicheren Umgang mit Farbe und Komposition – in der zusätzlichen Verbindung mit zeichnerischen Elementen“, würdigt Ingo Cesaro den erzählenden Charakter von Böhms Werken. Durch das Arbeiten mit feinem Pinselstrich verleihe er den Bildern zusätzliche Tiefe. „Man wird regelrecht hineingezogen. Wir müssen uns nur darauf einlassen, nur hinschauen“, schwärmt der Galerist. Die in Mischtechnik angefertigten Bilderwelten reichen von gegenständlicher Malerei bis zum Rande der – vor allem in der Bretagne entstandenen – gegenstandslosen Kunst. In vielen seiner enorm detailgetreuen Bilder ist Böhms Naturbezug erkennbar, wie im besagten „Kleinen Nationalbild“. Außerdem spielt seine Liebe zur Musik eine große Rolle in seinem Leben wie auch in seiner Kunst. Auch mit religiösen Themen setzt sich der narrative Maler in seinen höchst authentischen, unverkennbaren Bildkompositionen auseinander. Meisterhaft erzählt er dabei, so Ingo Cesaro, nicht nur eine Geschichte, sondern er überlagert die eine mit der anderen und er setzt immer wieder spannende unerwartete Versatzstücke ein.

Kein Bruch in der Schaffensfreude

Die Corona-Pandemie bewirkte keinerlei Bruch in der Schaffensfreude von Horst Böhm, den man weiterhin bei der Arbeit in seinem Atelier findet. Er ist dabei, teilweise schon ausgestellte Arbeiten fertigzustellen. So gab es vor Jahren eine Ausstellung in der Kronacher Synagoge, in der nur noch nicht fertige Arbeiten ausgestellt waren. „Das war die schönste Ausstellung meines Berufslebens. Es war die Ernte eines Jahres und teilweise hing dort Malerei, die noch nicht einmal ganz trocken war“, erinnert sich der Professor für Malerei, Zeichnen und Grafik. Erholung findet der in Anerkennung seines Lebenswerks mit der goldenen Ehrenmedaille der Lucas-Cranach-Stadt ausgezeichnete Künstler im Wald. Nichtsdestotrotz hofft er auf ein baldiges Ende dieser für Kulturschaffende so schwierigen Zeiten.

Nach seinem Abitur 1960 in Kronach hat Horst Böhm von 1962 bis 1968 an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert und 1966 das Staatsexamen abgelegt. Von 1966 bis 1968 verdiente er sich als Meisterschüler von Prof. H. Kaspar seine ersten Meriten und übernahm auch Lehrtätigkeiten an Gymnasien. 1967 begann seine Schaffensperiode, die bis heute andauert. Seither hat Böhm unzählige Kunstwerke angefertigt; etliche davon im öffentlichen Raum in Kronach, aber auch weit darüber hinaus. Aufgrund seiner herausragenden künstlerischen Fähigkeiten wurde er 1977 zum Professor für Malerei, Zeichnen und Grafik an die Technische Universität Darmstadt berufen. Einen Schwerpunkt seines anschließenden freischaffenden Wirkens legt er auf architekturgebundene Arbeiten wie etwa Fassaden- und Glasmalereien.

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