Diese Sensibilität „für die kleinen Dinge, die das Leben ausmachen“ ist für Kanz eine „Schule der Achtsamkeit“ – ein Begriff, den er schon in seinem allerersten Katalog 1994 verwendete, lange bevor er zur Modevokabel avancierte. Die Wiederentdeckung der Achtsamkeit hält Kanz im digitalen Zeitalter für wichtiger denn je: Das analytisch-rationale Denken verdänge mehr und mehr die sinnliche Wahrnehmung, „wir entfremden uns immer mehr von unserer natürlichen Mitwelt und von uns selbst“, fürchtet Kanz. „Ich begreife mich als Teil der Natur, das ist keine romantische Spinnerei, ganz im Gegenteil“, betont der Künstler, der sich mit seinem Plädoyer für mehr Intuition und sinnliches Denken nicht als „romantischer Träumer“ abstempeln lassen möchte.
Er dreht den Spieß vielmehr um: „Wer nur auf entseeltes Denken, auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz setzt, flüchtet sich in eine Scheinwelt“, betont Kanz. Der nüchternen Ratio hält er seine „Romantik 2.0“ entgegen, die keineswegs verklärend oder naiv daherkommt: „Das Leben ist nicht einfach, es gibt Angst, Schmerzen, Verluste, das will ich nicht negieren. Darum zeigen meine Arbeiten Verwerfungen, Brüche, Narben. Aber es gibt eben auch Farbe, die Vernarbungen zuwachsen lässt, und Formen, die das letztendlich zusammenhalten. Damit möchte ich zeigen: Das Leben ist trotzdem schön!“