Sie machen die Brisanz in Zahlen deutlich: Im Landkreis Kronach gab es vor fünf Jahren noch 3785 Milchkühe, im vergangenen Jahr waren es nur noch 3317. Dieselbe Tendenz sei auch in der Rinderhaltung zu beobachten. Hier reduzierte sich die Zahl der Tiere im Landkreis Kronach von 10 981 auf 9593.
„Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass diese geringere Anzahl an Rindern die gleiche Leistung erbringe. Das Tierwohl, wofür wir eintreten und dies auch praktizieren, kostet seinen Preis“, argumentiert der Bauernverband. Für 200 Gramm Kotelett erziele der Erzeuger 0,31 Euro und beim Mischbrot bekomme der Landwirt für ein Kilogramm 0,20 Euro. „Wer Lebensmittel liebt, verramscht sie nicht“, betont der BBV.
Aldi hat „großes Verständnis“
In einer Stellungnahme zu den Protesten betont Aldi, dass die Unternehmensgruppe „großes Verständnis für die Situation der Landwirte“ habe: „Uns ist bewusst, dass sich die Nutztierhaltung in Deutschland in einem Transformationsprozess befindet, der in den kommenden Jahren große Veränderungen und Herausforderungen mit sich bringen wird.“ Die Bayern seien „mit die wichtigsten Partner bei der Umsetzung dieser Transformation“, schreibt Aldi. Deshalb werde man weiterhin „einen konstruktiven und partnerschaftlichen Dialog mit allen landwirtschaftlichen Vertretern führen, die diesen Weg gemeinsam mit uns gehen möchten“. Außerdem werde man sich dafür einsetzen, dass der Transformationsprozess für alle Beteiligten zufriedenstellend verlaufe. Dazu solle auch der Ausbau der Tierwohl-Haltungsformen drei und vier im Frischfleisch- sowie im Milchsortiment beitragen.
Schon heute erziele Aldi 15 Prozent seines Frischfleisch-Umsatzes und mehr als 25 Prozent des Trinkmilch-Umsatzes mit den Haltungsformen drei und vier. Bei der Frischmilch betrage dieser Anteil bereits über 50 Prozent. Rund 85 Prozent der Frischfleischprodukte stammten schon heute von Lieferanten und Erzeugern, die in Deutschland ansässig seien, informiert das Unternehmen. Bei der Milch sei dieser Anteil noch höher. Ab 2024 werde man nur noch Milch aus deutscher Herkunft beziehen. Damit biete man „einen starken, langfristig verlässlichen Absatzkanal für deutsche Tierwohlware“.
Komplexe Lieferkette
Wegen der höheren Kosten der Landwirte könne es Fleisch und Milch aus Tierwohl-Haltungsformen nicht zum Preis von konventioneller Ware geben, erklärt Aldi. Als Handelsunternehmen sei man aber „Teil einer komplexen Lieferkette“. Außerdem würden viele landwirtschaftliche Produkte international gehandelt und unterlägen deshalb starken Preisschwankungen. Darüber hinaus müsse sich auch der Lebensmittelhandel nach Angebot und Nachfrage auf dem Markt richten. „Wie hoch der Auszahlungspreis an die Landwirte letztlich ist, können wir – durch das Kartellrecht festgelegt – nicht unmittelbar beeinflussen“, argumentiert das Unternehmen. Erste Ideen aus dem Agrar-Dialog für abgestimmte Preissetzungen entlang der Lieferkette habe das Bundeskartellamt im Hinblick auf den Verbraucherschutz abgelehnt. „Dennoch ist es aus unserer Sicht der richtige Schritt, dass die gesamte Lieferkette an einem Strang zieht, um existenzsichernde Erlöse für die deutsche Landwirtschaft trotz der steigenden Anforderungen sicherzustellen“, so Aldi. Preisaufschläge im Handel allein reichten angesichts der komplexen Marktstrukturen aber nicht aus, damit mehr Geld bei den Landwirten ankomme. „Vielmehr kann nur die Politik die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, um die laufende Transformation in geordnete Bahnen zu lenken und den landwirtschaftlichen Betrieben über Jahre hinweg finanzielle Sicherheit zu geben“, erklärt das Unternehmen. Darüber hinaus weist es darauf hin, dass man bei Schweinefleisch auf Neuausschreibungen verzichtet habe, trotz deutlich gefallener Preise in diesem Bereich. Momentan zahle Aldi sogar 15 bis 20 Prozent über dem aktuellen Schweineauszahlungs-Preisniveau.