Tag der Arbeit Gewerkschaft kritisiert Tarifflucht

Martin Rebhan

Bei einer Kundgebung fordert der DGB eine gemeinsame Bewältigung der aktuellen Krisen. Es sei eine Schande, dass in Bayern öffentliche Aufträge auch an Firmen gehen, die nur Mindestlohn zahlen.

 
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Unter dem Motto „GeMAInsam Zukunft gestalten“ standen Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am gestrigen Tag der Arbeit. Auf dem Coburger Albertsplatz fanden sich knapp 140 Teilnehmer ein, um ihren „Feiertag der Arbeitnehmer“ zu begehen. Bevor Hauptredner Ralf Kutzner, Vorstandsmitglied der IG Metall, ans Mikrofon trat, ging DGB-Kreisvorsitzender Stephan Bühling in seiner Begrüßung auch auf den Ukraine-Krieg ein.

Bühling sprach von einem verbrecherischen Angriffskrieg, der eine Attacke auf die europäische Friedensordnung darstelle. Die Gewerkschaften, so Bühling, werden allen Opfern weiterhin helfen. „Wir wissen: Solidarität ist stärker als Hass“, betonte der Kreisvorsitzende. Mit Blick auf die gestiegenen Staatsausgaben zur Bewältigung der derzeitigen Krisen warnte er davor, zur Gegenfinanzierung einen Sozialabbau zu betreiben. Bühling deutlich: „Sozialabbau ist eine Gefahr für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie“. Weiter machte Bühling deutlich, dass Frieden, Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalten nicht von alleine kommen, sondern immer wieder erkämpft werden müssen. Auch Ralf Kutzner bezog Stellung zu der Frage von Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Ukraine: „Diese halten wir für richtig und notwendig“. Kutzner weiter: „Eine Demokratie muss wehrhaft sein, sonst wird sie Opfer von Kriegstreibern und Despoten, für die unsere Freiheit eine Bedrohung ihres Regimes der Unterdrückung darstellt.“ In seiner immer wieder durch Applaus unterbrochenen Rede ging Kutzner auf die steigenden Energie- und Versorgungskosten, Energiewende, Fachkräftemangel im Handwerk, Mindestlohn, Tariftreuegesetz und Bildungsurlaub ein. Die bayerische Staatsregierung kam bei seinen Betrachtungen alles andere als gut weg. So bezeichnete er es als eine Schande, dass Bayern, neben Sachsen, das einzige Bundesland ist, in dem noch kein Tariftreuegesetz installiert ist, das vorschreibt, dass öffentliche Aufträge nur noch an Firmen mit Tarifbindung vergeben werden dürfen. „Tarifverträge verhindern prekäre Beschäftigung“, betonte Ralf Kutzner und ergänzte: „Tarifverträge ermöglichen den Beschäftigten, angemessen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.“

Bildung in Krisen wichtig

In der Frage eines gesetzlich festgeschriebenen Bildungsurlaubs attestierte der Redner der bayerischen Staatsregierung, im Tiefschlaf zu verharren. „Bildung ist gerade in Zeiten des Wandels und den Krisen wichtig“, unterstrich Ralf Kutzner. Auf die gewerkschaftliche Schulter klopfte er sich, als das Thema Mindestlohn zur Sprache kam. „Der Zwölf-Euro-Mindestlohn ist unser Erfolg.“ Als Hohn bezeichnete Ralf Kutzner die Argumentation der Arbeitgeber, dass der Gesetzgeber durch den Mindestlohn einen verfassungswidrigen Eingriff in die Tarifautonomie vorgenommen habe. Den Arbeitgebern rief er unmissverständlich zu: „Sorgt für Ordnung in eurem Laden, beendet die Tarifflucht und stellt euch eurer Verantwortung als Sozialpartner in unserer sozialen Marktwirtschaft.“ Dass im Handwerk Fachkräfte fehlen, liegt nach Auffassung des Gewerkschaftlers an den Arbeitgebern, da diese es nicht verstünden, das Handwerk als Arbeitsplatz attraktiv zu machen.

Die Anstrengungen der Politik, den Preisanstiegen bei Energie und Lebensmittel entgegenzuwirken, bezeichnete er als zu gering. Auch sprach er sich für eine umfassende Energiewende aus. Dem politischen Überbietungswettbewerb in Fragen, wie man die derzeitigen Krisen bewältigen könne, erteilte Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) eine deutliche Absage. Er forderte ein Miteinander aller politischen Kräfte ein, um die aktuellen Aufgaben zu bewältigen. Norbert Jungkunz, katholischer Betriebsseelsorger, bezeichnete die Gewerkschaften als einen unverzichtbaren Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens.

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