Im benachbarten Syrien rangen Tierschützer – wie humanitäre Helfer – schon vor den Erdbeben mit extremen Umständen des Bürgerkriegs. „Wir haben schon immer in umkämpften Gebieten gearbeitet“, sagt Mohammed Wattar von der Einrichtung House of Cats Ernesto in Idlib – doch das Beben habe die „Katastrophe“ gebracht. „Wir haben Kühe gesehen, über denen Dächer einstürzten. Wir haben Tiere mit sehr schweren Verletzungen gesehen.“ Etwa 1300 Tiere versorgten die Helfer seit den Beben bei Außeneinsätzen, darunter auch Hühner, Esel, Ziegen und ganze Schafsherden. Im House of Cats tummeln sich aktuell so viele Katzen, dass man sie auf Fotos kaum zählen kann.
Vermittlung an neue Halter braucht Zeit
Auch heute, mehr als zwei Monate nach den Beben, bricht zweimal pro Woche ein Team auf, um Tiere im Umkreis von Idlib zu versorgen. Es hat große Säcke dabei mit Trockenfutter sowie Arzneimittel. „Wer sich meldet und wer ein Tier in Not hat, dem wird geholfen“, so Christoph May von der Welttierschutzgesellschaft in Berlin. Ernesto ist wie die Angels Farm in der Türkei eine Partnerorganisation.
„Es hat eine ganze Weile gedauert, bis sich die Tiere überhaupt wieder gezeigt haben“, sagt May mit Blick etwa auf die Katzen, die sich beim Erdbeben in Nischen versteckten. „Die waren verstört. Ihre komplette Umgebung hat sich auf einmal aufgelöst und lag in Schutt.“ Katzen wie Hunden fehlten plötzlich wichtige Bezugspersonen, weil Menschen um sie herum starben oder die Gegend verließen.
Die Vermittlung etwa an neue Halter braucht Zeit und damit auch mehr Mittel, sagt Mays Kollegin Wiebke Plasse mit Blick auf die Türkei, die nach den Beben selbst in die Region reiste. Doch die Mittel fehlen vielerorts. Auch wenn immer noch Menschen in den sozialen Netzwerken mit Fotos nach ihren Haustieren suchen, die generelle Bereitschaft zur Hilfe habe deutlich abgenommen, so Akgül. Gleich nach den Beben hätten sich etliche Menschen für die Adoption eines Tieres beworben. Die Bereitschaft sei riesig gewesen. Doch das habe – wie auch die Aufmerksamkeit für die Nöte und Sorgen der Menschen in der Region – rapide abgenommen.