Urteil Ab sofort nur noch Traktor

Manfred Wagner
Nur, weil der TÜV an seinem Opel Corsa abgelaufen war, trat ein junger Mann bei einer Verkehrskontrolle voll aufs Gas und versuchte der Polizei davonzufahren. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Nur weil der TÜV abgelaufen war: Ein junger Landwirt flüchtet vor der Polizei und verliert deswegen seine Fahrerlaubnis – darf aber trotzdem weiterhin Traktor fahren.

 
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Was sich ein knapp 22-jähriger Landwirt in der Nacht des 10. Mai dieses Jahres leistete, bezeichnete der Amtsrichter als „absolut dämlich“. Nur, weil der TÜV an seinem Opel Corsa abgelaufen war, trat er bei einer Verkehrskontrolle voll aufs Gas und versuchte der Polizei davonzufahren. Das Haßfurter Amtsgericht präsentierte dem bislang nicht vorbestraften jungen Mann nun die Quittung: Er muss eine Geldstrafe von 2250 Euro bezahlen und für die Dauer eines Jahres seinen Führerschein abgeben. Allerdings darf er berufsbedingt weiterhin Traktor fahren, weil er sonst seinen Job verlieren würde.

Der spektakuläre Vorfall ereignete sich im Eltmanner Ortsteil Eschenbach. Damals führten zwei Verkehrspolizisten in der Dorfstraße eine allgemeine Verkehrskontrolle durch. Als die Uniformierten den Angeklagten mit Blaulicht und Leuchtschrift zum Anhalten bewegen wollten, drosselte dieser auch erst mal sein Fahrzeug auf Schrittgeschwindigkeit ab. Doch kaum machte sich einer der Beamten auf den Weg zu dem Opel, gab der Fahrer „voll Stoff“ und raste wie ein Irrer los. Damit hatte er sich des „Verbotenen Kraftfahrzeugrennens“ schuldig gemacht.

Auch „Alleinrasen“ wird bestraft

Diese Vorschrift gibt es in Deutschland seit 2017. Klassischerweise zielt dieses Gesetz auf illegale Straßenrennen. Der Gesetzgeber hat allerdings festgelegt, dass auch einzelne Fahrer wegen „Alleinrasens“ bestraft werden können. Dabei muss man dem Betreffenden nachweisen, dass er die Absicht hatte, „eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ und dass er sich dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos verhalten hat.

Wie die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift ausführte, erreichte der Beschuldigte mit seinem Wagen eine Höchstgeschwindigkeit von 162 km/h, obwohl nur 100 km/h erlaubt waren. Trotz seiner rasanten Fahrweise erreichte der Angeschuldigte nicht sein Ziel, denn bereits nach knapp zwei Kilometer in Dippach hatten ihn die Ordnungshüter eingeholt. Nach den Worten des Richters war der fehlende TÜV am Opel Corsa ein „nichtiger Anlass“ für die nächtliche Fahrt in Rennwagen-Manier.

Fast täglich auf dem Schlepper

Vor Gericht präsentierte sich der verhinderte Rennfahrer reumütig und räumte sein Fehlverhalten ohne weiteres ein. Gegen den an ihn gerichteten Strafbefehl hatte er Einspruch eingelegt, weil er berufsbedingt als angestellter Landwirt die Fahrerlaubnis für den Traktor braucht. Auf Nachfrage erklärte er, dass er fast jeden Tag auf dem Schlepper sitze. Bei seinem Job auf einem Bauernhof müsse er zum einen Futtermittel transportieren und zum anderen für diverse Arbeiten auf den Feldern und Äckern in der weiteren Umgebung mit dem Bulldog die öffentlichen Straßen benutzen.

Falls er seine Fahrerlaubnis vollständig entzogen bekäme, würde sein Arbeitgeber ihn kündigen, erläuterte er glaubhaft. Die „weiße Weste“ in seinem Vorstrafen- und Verkehrsregister bewahrten den Angeklagten aus dem Maintal vor einer noch härteren Strafe. Seine mündliche Urteilsbegründung beendete der Richter mit einem Appell an den Verurteilten: „Machen Sie bloß keinen solchen Blödsinn mehr!“

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