Wirtschaft in Sorge Unternehmen blicken bange auf eigene Lage

Christopher Michael
Die Unternehmen aus dem Maschinenbau sind besonders von politischen Unwägbarkeiten betroffen. Foto: imago stock&people/imago stock&people

Zu wenig Fachpersonal, hohe Kosten für Rohstoffe, Energie und Co. und eine stetige Angst davor, Opfer Cyberkrimineller zu werden. Die Sorgen der Firmen sind groß. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft sowie die IHK sieht die Politik am Zug.

 
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Fehlendes Personal ist nach einer Umfrage im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) größte Sorge der Unternehmen im Freistaat. Auf Platz zwei stehen die steigenden Kosten. Kaum weniger Kopfzerbrechen bereitet den Firmen das Thema Cyberkriminalität. Das geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens IW Consult im Auftrag der VBW hervor. Seit 2019 erhebt diese, wie stark Risiken und Unsicherheiten das Geschäft beeinflussen und welche Maßnahmen Firmen dagegen ergreifen.

Der Fachkräftemangel wird demnach erheblich gravierender als in den Jahren 2021 und 2022 eingeschätzt, 43 Prozent der befragten Unternehmen sehen dies laut Umfrage als hohes Risiko. In der ersten Risikoumfrage 2019 allerdings lag der Anteil mit 63 Prozent noch höher. „Strukturelle Kostensteigerungen“ – das beinhaltet Energiepreise, Personalkosten, Lagerhaltung und andere Faktoren – bereiten 41 Prozent Sorgen. Cyberkriminalität fürchten 39 Prozent der Unternehmen. Dabei dreht es sich vor allem um die Themen Datendiebstahl sowie das komplette Lahmlegen eines Betriebs. „Nicht nur der Russland-Ukraine-Krieg, sondern auch die geopolitischen Spannungen mit China haben die Gefahrenlage verschärft“, erklärt der Hauptgeschäftsführer der VBW, Bertram Brossardt.

Allein die gestiegenen Energiepreise bewerten laut Umfrage 26 Prozent der Unternehmen als Gefahr für ihr Geschäftsmodell, 31 Prozent sehen darin ein Investitionshemmnis. „Wir müssen die Kosten in den Griff bekommen, um eine Deindustrialisierung zu verhindern, Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Industriestandorts zu ermöglichen, und Bayern und Deutschland auf Innovationskurs zu halten“, betont Brossardt. Auch die Furcht vor einer erneuten Finanzkrise – nach der Bankenkrise 2007 und der Euro-Krise 2010 – belastet immerhin noch 29 Prozent aller befragten Unternehmer.

Die Studie weist zwar keine expliziten Daten für Oberfranken aus, doch decken sich die Ergebnisse der Erhebung mit den Einschätzungen und Erfahrungen der hiesigen Kammern. Zusätzlich zu Energiepreisen und Fachkräftemangel schlägt den Unternehmen in Oberfranken aber auch das Thema Bürokratie aufs Gemüt, wie Peter Belina, Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken Bayreuth im Gespräch mit unserer Zeitung betont. „Hier vermissen wir von Berlin und Brüssel einen gewissen Pragmatismus“, betont Belina mit Blick auf immer mehr und immer komplexere Gesetze und Verordnungen. Ihm seien mittlerweile Fälle bekannt, in denen Unternehmer deshalb ihren Kindern abraten würden, die Nachfolge im Betrieb anzutreten.

Auch die Coburger Wirtschaft belasten laut der IHK zu Coburg zahlreiche Sorgen, die sich mit den Ergebnissen der VBW-Studie decken: Exorbitant gestiegene Preise für Energie, Rohstoffe, Vorprodukte und Dienstleistungen sowie ungeklärte Fragen im Hinblick auf künftige – sichere und wettbewerbsfähige – Energieversorgung trübten dort die Stimmung ein.

Auch die Handwerkerschaft plagen ähnliche Sorgen: „Gewerkübergreifend bleiben die weiter steigenden Einkaufspreise und der sich immer weiter verschärfende Fachkräftemangel erhebliche Belastungsfaktoren für das oberfränkische Handwerk“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken, Reinhard Bauer, erst kürzlich bei einer Rückschau auf die Konjunkturergebnisse des vergangenen Quartals.

Vielen Risiken könnten die Unternehmen selbst nur schwer entgegentreten, betont VBW-Hauptgeschäftsführer Brossardt. Bei den Themen Standortbedingungen, geopolitischen Risiken und Finanzmarktkrise stoße die eigene unternehmerische Vorsorge an Grenzen. „Für solche Herausforderungen brauchen wir verlässliche staatliche Risikostrategien und Rahmenbedingungen“, fordert er.

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