Steinwiesen Die Lebensretter als Lieferanten

Susanne Deuerling
Am Schluss war man eine große Familie: die Männer und Frauen der DLRG Steinwiesen und die Vertreter der örtlichen Geschäfte - hier von der Bäckerei Willi Müller, Nahkauf, Metzgerei Förtschbeck und vom Gasthof "Goldener Anker". Foto: Susanne Deuerling

Wochenlang haben Aktive der DLRG Steinwiesen in der Corona-Krise Bürger mit Lebensmitteln versorgt. Das half auch den Gastronomen und Geschäftsleuten.

 
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Steinwiesen - "Toll, dass Ihr da seid!" - "Vielen Dank für Eure Hilfe!" Das sind nur einige der Aussagen, die die Jungs von der DLRG jeden Tag hörten, wenn sie mit ihrem voll beladenen Fahrzeug vor den Häusern hielten. "Es hat einen schon berührt, wenn man so herzlich empfangen worden ist", erinnert sich Stephan Wrobel, der im März zusammen mit seiner DLRG und örtlichen Geschäftsleuten die Versorgung der Bevölkerung in der Corona-Krise bei Bedarf übernahm.

Sie machten mit

An der Aktion "Wir halten zusammen - gemeinsam gegen Corona" in Steinwiesen nahmen teil: Gasthof "Goldenen Anker", Gasthof "Grüner Baum", Bäckerei Willi Müller, Fritzla Wieland Beierkuhnlein, Bäckerei Kuhnlein, Metzgerei Förtschbeck, Nahkauf und der DLRG-Ortsverband.


Zehn Wochen lang lieferten sie zwei Stunden täglich die Bestellungen der Bürger aus. Egal ob Wurst und Brot, Obst und Gemüse oder sonstige Lebensmittel, die man zu Hause braucht - es wurde alles geordert und ausgeliefert.

Mittagessen von den Gasthöfen "Grüner Baum" und "Goldener Anker" standen besonders am Wochenende auf der Lieferliste ganz oben. "Es war toll, wie uns die Steinwiesener und auch Nachbarorte mit ihren Bestellungen hier unterstützt haben", ist Ulrich Kolb vom "Goldenen Anker" sichtlich gerührt. Weil die Gasthäuser zunächst nicht öffnen durften, war dies die einzige Einnahmequelle. "In Zusammenarbeit mit den Banken, den Energieunternehmen und vor allem unseren treuen Gästen konnten wir einigermaßen über die Runden kommen", sagt der Wirt auch im Namen der Familie Ring vom "Grünen Baum".

Die lustigen freiwilligen Helfer der DLRG-Ortsgruppe Steinwiesen lieferten aber nicht nur aus, sie waren für manche Männer und Frauen der Lichtblick des Tages. Viele gingen aus Vorsicht nicht aus dem Haus, sodass die Begegnung mit den Boten der einzige Besuch, der einzige Kontakt am Tag war. "Da musste ein kleines Schwätzchen schon drin sein, und manchmal war man regelrecht der Seelenklempner", wird Stephan Wrobel nachdenklich. Mal einen Korb Holz holen oder das Hereinbringen der Tageszeitung sowie aufmunternde Worte gehörten einfach dazu. "Da hat man schon gemerkt, dass es doch einsame Menschen auch in unserer Gemeinde gibt."

Aber meistens waren die Erlebnisse lustig. "Meina Bumm, da habd Ihr noch a Stückla Schoklad" oder "ich möchte Euch fei wos schenk, wall de mich helft" - solche Sätze hörten die Helfer nicht nur einmal. "Die Menschen waren einfach dankbar, dass es diese Aktion gegeben hat", ist sich Wieland Beierkuhnlein vom Gemischtwarenladen "Fritzla" in Steinwiesen sicher.

Die Hemmschwelle, sich helfen zu lassen, sei nicht so hoch gewesen, wenn man ganz normal im Geschäft oder Lokal bestellen konnte. Geliefert wurde dann eben von den Jungs im roten Shirt und mit dem schmucken DLRG-Fahrzeug. Viele standen schon mit dem Geld an der Haustür, andere hatten es dort deponiert, weil sie sich nicht herauswagten. Dort stellte man die Waren vor die Tür. In den langen Wochen gab es viele, die sozusagen zu Stammgästen wurden. Zum Schluss wusste man bereits, was bei der Bestellung dabei war - ein Beweis dafür, wie gut der Service angenommen wurde.

Die Lieferungen der frischen Mittagessen waren manchmal gar nicht so leicht. Duftete das Fahrzeug doch oft nach frischen Haxen, leckeren Gänsebrüsten oder saftigem Rehbraten. "Da bekam man schon manchmal Hunger, wenn wir unterwegs waren" - beim Gedanken daran läuft Tobi Böhnlein heute noch das Wasser im Mund zusammen. Aber nach getaner Arbeit wartete schon das Mittagessen, frisch verpackt, im "Goldenen Anker" auf sie. Für die Gasthäuser war auch nach der Öffnung unter Auflagen das Geschäft "über die Gasse" sehr wichtig. Neben der Lieferung wurden nun viele Kunden als Abholer aktiv. Bei den beiden Gastwirtschaften gab es sogar Speisekarten dafür, man konnte Töpfe mitbringen, so wurde auch Verpackungsmaterial gespart. Außerdem wurden etliche Gutscheine geordert, die nach und nach eingelöst werden konnten und dadurch ebenfalls zur Bewältigung der Krise beitrugen.

Der Lieferservice war mit einigem Aufwand verbunden. Hygiene war oberstes Gebot. Nicht nur Handschuhe waren Pflicht, sondern auch die Reinigung und Desinfektion des Fahrzeugs nach jedem Einsatz. Das übernahmen die Frauen und Jugendlichen der Hilfsorganisation. Zahllose Flaschen an Desinfektionsmittel wurden verbraucht, ebenso Einweghandschuhe aus Großpackungen und Papiertücher.

Insgesamt legten die Helfer rund 1400 Kilometer zurück, auch Schlegelshaid und Rieblich wurden mit abgedeckt. Von der Gemeinde gab es einen Zuschuss von 400 Euro, den Rest finanzierten die Aktiven hauptsächlich aus ihren Trinkgeldern und der DLRG-Kasse.

Rückblickend waren sich alle einig, dass diese Aktion allen geholfen hat: den Bürgern, die versorgt waren, den Geschäftsleuten, die weiterhin verkaufen konnten, und den Gastwirtschaften, die wenigstens einen Teil der laufenden Kosten und Löhne erwirtschaften konnten. Deshalb dankte Ulrich Kolb vom "Goldenen Anker", der im März die Aktion ins Leben gerufen hatte, allen Unterstützern: "Man hat gemerkt, dass auch eine etwas größere Ortschaft wie Steinwiesen zusammenhalten kann, wenn es notwendig ist."

Und, ergänzt Chris Weinmann von der DLRG: "Sollte es wirklich noch eine zweite Corona-Welle geben, dann sind wir wieder dabei und helfen, wo wir können."

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