Herbartsdorf Grüner Genuss für die kalte Jahreszeit

Gertrud Pechmann

Lydia Fuchs ist Kräuterpädagogin. Sie weiß, welche Pflanzen früher bei Husten, Schnupfen und Halsweh angewendet wurden und gibt ihr Wissen gerne weiter.

 
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Herbartsdorf - Bei Lydia Fuchs geht es jeden Tag um Kräuter. Wenn die 60-Jährige aus Herbartsdorf aus dem Haus geht, steht sie in ihrem Garten. Dahinter beginnt gleich der Wald. Hier trifft die Kräuterpädagogin ihre grünen Freunde. Und hier gibt sie ihr Wissen um die Verwendung von Heilpflanzen in der Volksheilkunde an Interessierte weiter. "Gerade jetzt in Zeiten von Corona ist mir das wichtig", betont sie. "Mit Wildkräutern können wir unser Immunsystem nachhaltig stärken." Sogar jetzt noch wüchsen viele Pflanzen, die sich gut im Tee oder im Salat machten.

Zur Person

Lydia Fuchs ist auf einem Bauernhof in der Nähe von Ellwangen aufgewachsen. Sie hat eine landwirtschaftliche Ausbildung und zudem Landwirtschaft studiert. Während des Studiums und danach arbeitete sie in Bolivien. Zurück in Deutschland war sie als Übersetzerin und in einer Waldorfschule tätig. Seit zehn Jahren gibt sie als Kräuterpädagogin ihr Wissen über Wildpflanzen weiter. Dabei kooperiert sie etwa mit der Genussregion Coburg-Rennsteig und mit dem Gerätemuseum in Ahorn, für das sie Wildkräuterspaziergänge und Kurse anbietet.

Kontakt: 09566/807920


Rezepte von Lydia Fuchs

Wildfrüchte-Mus: Früchte waschen, in einen großen Topf geben, mit kochendem Wasser übergießen, über Nacht ziehen lassen. Am nächsten Tag aufkochen, zirka 30 Minuten köcheln lassen, Zitronensäure zugeben (etwa einen Teelöffel für 500 Gramm Früchte). Durch Flotte Lotte drehen und in sterilisierte Schraubgläser füllen.

Winter-Tee: Kräuter, bei denen die Blätter verwendet werden, zum Beispiel Thymian, Pfefferminze, Himbeere, Brennnessel, Walnuss, Zitronenmelisse, Johanniskraut mischen mit Kräutern, bei denen die Blüten verwendet werden, zum Beispiel Ringelblumen, Kamille, Rosen, Pfingstrosen, Johanniskraut, Linde, Lavendel. Diese können mit Gewürzen wie Zimtrinde, Nelkenknospen und Kardamom-Früchten ergänzt werden. Um sich einen Vorrat anzulegen, werden ungefähr ein Esslöffel Blätter, ein Teelöffel Blüten und etwas von den Gewürzen in eine Schüssel gegeben und gut gemischt. In ein sauberes Gefäß abfüllen. Es eignen sich leere Schraubgläser oder Papiertüten.

Heckenfrüchte-Chutney: Schwarz- und Weißdornfrüchte, Hagebutten, Kornelkirschen, Ebereschen- und Holunderbeeren, Mispel und Felsenbirnen waschen und in einen großen Topf geben. Mit kochendem Wasser übergießen, ziehen lassen (am besten über Nacht). Am nächsten Tag alles aufkochen und dann zirka 30 Minuten köcheln lassen. Durch die Flotte Lotte drehen. Man kann nun noch Quitten und Tomaten (gerne grüne, in kleine Würfel geschnitten) zugeben, außerdem Senf-, Pfefferkörner, Wacholderbeeren, etwas Zimt und Nelken, Ingwer, Knoblauch und Zwiebel gehackt, Chilischoten geschnitten, etwas Zucker und/oder einige Rosinen, etwas Apfelessig. Das Ganze nochmals etwa 30 Minuten köcheln lassen. Noch heiß in saubere Schraubgläser füllen.


Mit Besuchern geht die Agrarwissenschaftlerin erst einmal raus. Vor einer unscheinbaren grünen Blattrosette bleibt sie stehen. "Das ist die Echte Nelkenwurz. Sie kann man das ganze Jahr ernten", verrät sie. Die Blätter der Pflanze eigneten sich gut als Zugabe für eine Gemüsepfanne. Die Wurzel passe von ihrem Duft her gut in die kalte Jahreszeit. Spricht’s und schabt von der filigranen Wurzel ein bisschen Rinde weg. Ein würzig-zarter Geruch nach Nelke breitet sich aus. Ebenso wie die Gewürznelke wirkt die Wurzel der Nelkenwurz gegen Entzündungen. Und so wurde früher ein starker Tee aus der Wurzel etwa zum Gurgeln bei Halsschmerzen verwendet.

Gleich daneben wachsen späte Gundermann, Gänseblümchen, Giersch, Sauerampfer, Vogelmiere, Spitzwegerich, Rainkohl und Brennnessel. "Damit kann man wunderbar einen Salat aufpeppen", erklärt Lydia Fuchs. Es genügten wenige Wildkräuter, denn diese hätten ein intensiveres Aroma als Kulturpflanzen. Und punkteten mit mehr Nährstoffen. Die Brennnessel etwa enthalte im Vergleich mit einem Kopfsalat etwa doppelt so viel Kalium und ein Vielfaches an Magnesium, Calcium, Eisen und Vitamin C. Bei einem Brombeer-Strauch bleibt die Kräuterpädagogin stehen. "Wenige wissen, dass die Brombeere ihre Blätter auch im Winter behält. Diese kann man fermentieren und wie einen Oolong-Tee trinken", sagt sie und nimmt ein paar Blätter mit. Für das gesunde Plus empfiehlt Lydia Fuchs "von sämtlichen Pflanzen-Inhaltsstoffen etwas".

Jede Pflanze enthalte eine Mischung mehrerer Wirkstoffe. Meistens dominierten ein bis zwei Wirkstoffe wie zum Beispiel Senföle, ätherische Öle, Gerbstoffe, Bitterstoffe oder Farbstoffe. Wer mehrere Wildpflanzen miteinander kombiniere, könne sein Immunsystem gegen die Angriffe von Pilzen, Bakterien und Viren schon mit der täglichen Ernährung stärken. Kohl, Senf und Raps, Kresse, Meerrettich und Knoblauchsrauke lieferten zum Beispiel das scharfe Senföl. "Das hilft gegen alles", scherzt Lydia Fuchs. Die Samen der Knoblauchsrauke seien früher als Ersatz für den teuren Pfeffer aus Übersee verwendet worden. "Es funktioniert sehr gut: Schon ein Samenkörnchen im Mund würzt nachhaltig", versichert die Kräuterfrau. Vogelmiere, Knoblauch, Hülsenfrüchte und Kartoffeln wirkten vor allem gegen Pilze. Malve, Spitzwegerich und Rainkohl wiederum beruhigten mit ihren Schleimstoffen die Haut - gut bei Bronchitis und einem rauen Hals. Floh- und Leinsamen absorbierten Schadstoffe. Die roten Farbstoffe, etwa in Beeren, könnten stressgeplagten Menschen helfen. Wer sich schwach fühle oder die Verdauung anregen wolle, könne sich mit Bitterstoffen, wie sie im Löwenzahn oder im Beifuß vorkommen, etwas Gutes tun. Bitter wirke auch dem Heißhunger auf Süßes entgegen. Gerbstoffe in Schlehen, Hagebutten, Rosenblüten und Schafgarbe dagegen wirkten wundheilungsfördernd.

Für den Herbst und Winter hat Lydia Fuchs einige Rezepte parat. Ein Mus aus Hagebutten, Weißdorn-Früchten und Schlehen liefere viel Vitamin C, das helfen könne, Infekte zu vermeiden. Aus diesen Früchten lasse sich auch ein feiner Fruchtaufstrich oder ein Chutney herstellen. Auch einen Wintertee mit Kräutern, Blüten und Gewürzen können sich Interessierte selber mischen. Am besten aber seien Wildkräuter roh gegessen. "So wie man Schnittlauch über den Salat schneidet, kann man auch Wildkräuter über die Suppe oder das Gemüse rebeln", erklärt sie. Für die grünen Zutaten nennt sie zwei Regeln. Erstens: Nur Pflanzen sammeln, die man sicher erkennt. Zweitens: Weniger ist mehr. Wer sich unsicher ist, könne viele Kräuter im Garten anbauen.

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