Der deutsche Export zeige sich zwar robust, trotz geopolitischer Krisen und konjunktureller Abkühlung in wichtigen Absatzmärkten, sagte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbands BGA. "Eine Schwalbe macht aber noch keinen Sommer." Die Weltwirtschaft sei zunehmend von Protektionismus geprägt. Der DIHK erwartet für das laufende Jahr ein preisbereinigtes Exportwachstum von 0,5 Prozent und ist damit weit optimistischer als die Forschungsinstitute, die ein Minus von 1,4 bis 1,5 Prozent erwarten.
Die deutsche Chemieindustrie produziere immer noch 20 Prozent weniger als vor dem Ukraine-Krieg, sagte Wollmershäuser. Die Erwartung, dass die Produktion mit den sinkenden Energiepreisen zurückkomme, habe sich nicht erfüllt. "Jetzt haben wir sie abgeschrieben." Auch das werde dem deutschen Export fehlen.
Ifo: Rekordlauf des Dax täuscht
Der Blick auf das Rekordhoch der global tätigen deutschen Dax-Konzerne täusche, sagte Fuest. Das Geschäft der im MDax notierten, stärker in Deutschland tätigen Unternehmen laufe schlechter, "weil die heimischen Aussichten nicht so toll sind." Wollmershäuser sagte, die Auftragslage habe sich verschlechtert, der Auftragsbestand sei zu gering, die Unsicherheit sei groß: "Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt."
Auch die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Lage der Wirtschaft als "dramatisch schlecht" bezeichnet und mehr Investitionen gefordert.
IfW-Präsident Moritz Schularick sagte, die Sparanstrengungen der Bundesregierung "versprühen zusätzlichen Pessimismus". Fuest sagte: "Die Schuldenbremse ist kein Wachstumshindernis." Der Staat müsse aber mehr Geld in die Infrastruktur, in die Digitalisierung des Gesundheitswesens oder die klimafreundliche Transformation investieren, statt es für mehr Konsum auszugeben. Das soeben vorgestellte Rentenkonzept sei ein weiteres Negativ-Beispiel. Die Finanzierung sei fraglich und bremse Investitionen.
Ökonomen sehen Politik am Zug
Gut wäre, wenn sich die Ampel auf ein tragfähiges wirtschaftspolitisches Konzept einigen und es umsetzen könnte, um die Unsicherheit zu beenden. Die Bedingungen für private Investitionen könnte sie auch über Steuern und Abgaben, mehr Leistungsanreize und den Abbau überkomplexer Regulierungen verbessern.
Die Wirtschaftsinstitute erwarten, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr besser in Fahrt kommt und im nächsten Jahr dann um 1,2 bis 1,5 Prozent wächst. Sollte sich die Unsicherheit jedoch "nicht auflösen, dürfte die erwartete Erholung weiter in die Ferne rücken", warnten die Ifo-Forscher. Das Staatsdefizit sinkt laut ihrer Prognose von 87,4 auf 76 Milliarden Euro in diesem Jahr und 44,6 Milliarden Euro im nächsten Jahr.