Forstbetriebe sprechen sich für eine Modellregion aus

Was die Bayerischen Staatsforsten ihm auf den Weg mitgeben würden, nehme Einfluss auf den Prozess, versichert Jürgen Baumgärtner: „Auf meine Frage, ob es einen Maulkorb gebe, wurde mir versichert, dass das nicht so ist.“ Peter Hagemann für den Forstbetrieb Rothenkirchen und Fritz Maier für den Forstbetrieb Nordhalben sind der Meinung, dass man mit dem Waldgebiet des Jahres 2017 bereits ein Alleinstellungsmerkmal erwirtschaftet hat, das man nicht gefährden soll.

Deshalb schlagen sie vor, zu prüfen, ob man eine Konzeptphase für einen möglichen Nationalpark nicht eher Konzeptphase für eine potenzielle Modellregion nennen sollte. „Ausgehend vom Waldgebiet des Jahres. Die Standortvorteile, die man hat, könnte man auch in einer Modellregion stärken. Das muss kein Nationalpark sein“, meint Fritz Maier. Peter Hagemann sagt, den Titel Waldgebiet des Jahres könne man als Basis dafür nehmen, die Region weiter zu entwickeln. Stimmen sie einer Konzeptphase zu? Maier lässt das offen, Hagemanns persönliche Sicht der Dinge ist: „Unter den jetzt bestehenden Rahmenbedingungen ist der Eintritt in die Konzeptphase in Richtung Nationalpark unsinnig.“ Mit Baumgärtner einig sei man sich jedoch darüber, dass der Frankenwald Potenzial und Stärken habe und die Region vorangebracht werden solle. Der Weg müsse aber fachlich umsetzbar sein, erläutert Hagemann. Nach den vielen Vorgaben und Regeln, die es in einem Nationalpark gebe, würde das aber nicht gehen. Auch ein Entwicklungs-Nationalpark sei nicht umsetzbar. Und: Es sei unmöglich, sich im Wald ganz rauszuhalten.

FWO will ein Gutachten zum Einfluss auf die Wasserqualität abwarten

Heinz Köhler, Vorsitzender der Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO), erklärt, bevor man sich für einen Nationalpark Frankenwald aussprechen könne, seien noch viele Fragen zu klären. Vor allem brauche man ein wissenschaftliches Gutachten, wie sich das Projekt auf die Wasserqualität der Ködeltalsperre auswirken würde. Dieses müsse staatlicherseits in Auftrag gegeben werden. Köhler: „Die Wasserqualität ist ein K.O.-Kriterium. Wenn sich der Nationalpark negativ auswirken würde, sind wir dagegen.“ Die FWO will noch eine zweite Angelegenheit geklärt wissen. Köhler: „Unsere Leitungen gehen durch den geplanten Nationalpark. Einmal der Frankenwald-Ast und einmal der Hofer Ast.“ Hier müsse sichergestellt werden, dass man sowohl im Unterhalt als auch im Falle eines Neubaus keine Einschränkungen habe.

Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner stimmt Köhler in beiden Punkten zu: „Bei einer Abwägung zwischen Naturschutz und Versorgungssicherheit muss immer zugunsten der Versorgungssicherheit entschieden werden. Davon bin ich überzeugt.“ Markus Rauh, FWO-Geschäftsführer, meint, hinsichtlich der Leitungen werde es sicher Lösungen geben. Schließlich gebe es auch in anderen Nationalparken schon Strukturen: „Aber wir müssen das vorher abklären.“ Laut Köhler sei hier vor allem hinsichtlich der Wasserqualität Eile geboten: „Es wird schon Politik damit gemacht.“ Wo die Einschätzung herkomme, dass sich ein Nationalpark negativ auf die Wasserqualität auswirke, sei ihm allerdings schleierhaft, meint Rauh. Für ihn und Köhler sei der Eintritt in die Konzeptphase richtig. Köhler würde sich allerdings für die Dialogphase mehr Zeit wünschen.

BN hält ein Biosphärenreservat für geeigneter

Für die Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Elisabeth Hoffman, ist der Frankenwald als Nationalpark nicht so geeignet wie beispielsweise der Steigerwald oder der Spessart mit seinen Laubwald-Gebieten: „Deshalb sehen wir da mehr Bedarf, diese Regionen mit einem Nationalpark zu schützen.“ Es gebe geeignetere Regionen, stimmt ihr Jürgen Baumgärtner zu und schiebt grinsend hinterher: „Selten hat es so viel Übereinstimmung zwischen dem BN und der CSU gegeben.“ Beim Thema Nationalpark liege man eng beieinander. Baumgärtner: „Wir glauben beide, dass wir der Natur etwas zurückgeben müssen. Und der Nationalpark ist in erster Linie ein Naturschutzprojekt.“ Er meint, ein möglicher Übergang zu einem Nationalpark wäre eventuell ein Biosphärenreservat – was auch ein Schutzgebiet ist, das aber vor allem durch wirtschaftliche Nutzung durch den Menschen erreicht werden soll. Elisabeth Hoffmann räumt einem Biosphärenreservat mehr Chancen auf Verwirklichung ein als einem Nationalpark: „Und es wäre geeigneter für die Region.“

Der angedachten Konzeptphase stehe der BN offen gegenüber: „Wir können sie angehen, wenn es heißt, dass sie nicht automatisch einen Nationalpark nach sich zieht.“ Und: „Diskussion ist immer gut. Wir bringen uns gerne weiter mit ein.“ Für Jürgen Baumgärtner ist klar, dass man auf den Prüfstand stellen müsse, wie man die Region weiter entwickeln kann. Auch unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten: „Vielleicht kommt am Ende etwas gutes für die Natur heraus.“

Radsportler wollen in die Konzeptphase einsteigen

Michael Lehnhardt ist Organisator des Frankenwald-Radmarathons und kümmert sich auch um verschiedene Radsportprojekte in der Region. Zur Zeit plant er eine Mountainbike-Strecke im Haßlachtal von Haig bis Marienroth. Hier sollen beispielsweise Hindernisse im Wald entstehen. „Es ging heute auch darum, ob so ein Projekt durch den Nationalpark gefördert werden könnte“, erklärt er. Klar sei, dass das bei bereits gebauten Projekten nicht möglich sei. Inwieweit das auch für eine Erweiterung gelte, das müsse geklärt werden. Jürgen Baumgärtner: „Wenn der Nationalpark kommt, streben wir ein touristisches Gesamtkonzept an. Da muss es auch Förderungen geben.“

Lehnhardt erklärt, er wolle in die Konzeptphase einsteigen: „Das finde ich wichtig, weil ich kein Angebot ablehnen kann, das ich noch nicht kenne. Ich kann aber noch nicht sagen, ob ich für einen Nationalpark oder dagegen bin. Ich tendiere aber eher zu dem Projekt.“ Baumgärtner meint, die Dialogphase eröffne Perspektiven: „Die Gespräche haben mir gezeigt, es gibt viele Menschen, die Potenziale für die Region beschreiben, die bis heute eher verborgen waren.“ Allein schon die Dialog- und Konzeptphasen würden die Region vorwärts bringen. Mitte Juli werde der Kreistag über die Konzeptphase entscheiden, „weil sie keine Festlegung ist. Es ist das maßgeschneiderte Erarbeiten eines möglichen Konzepts. Die Konzeptphase ist keine Festlegung für oder gegen den Nationalpark. Aber man kann gewisse Fragen nur dann seriös beantworten, wenn man in die Konzeptphase geht.“

Bezirksfischereiverband sieht Risiken, aber auch Chancen

Friedrich Schmauser, Präsident des Bezirksfischereiverbands, erklärt, 100 Angelvereine seien bei ihm organisiert. Zehn würde der Nationalpark betreffen. Diese habe er angeschrieben und um deren Äußerung zum Thema Nationalpark gebeten. Drei Vereine hätten sich daraufhin gemeldet. „Es kamen nur Bedenken, dass die Fischerei eingeschränkt werden könnte“, berichtet Schmauser. Dies müsse ausgeschlossen werden. Ein Betretungsverbot, oder dass in bestimmten Gewässerabschnitten das Angeln ausgeschlossen werde und die Reduzierung der Erlaubnisscheine seien nicht akzeptabel. Schmauser: „Das würde zu einer Existenzgefährdung bei dem ein oder anderen Verein führen.“

Das Projekt biete Chancen: Man könne in der Region durch den Tourismus die Fischerei beleben. Schon allein durch den Umstand, dass Gastangler in die Region kommen. Jürgen Baumgärtner freut sich, dass man beim Bezirksfischereiverband neben den Risiken auch mögliche Chancen für die Region erkannt habe: „Für mich war spannend, dass man signalisiert hat, einer Konzeptphase positiv gegenüber zu stehen.“ Der Verband wolle sich mit seiner Expertise einbringen. Bei den Risiken und Ängsten, aber auch Chancen, die seitens des Verbands formuliert worden seien, habe es Dinge gegeben, an die er vorher nicht gedacht habe: „Beispielsweise dass man die Frage des Angelns ins touristische Gesamtangebot einbinden könnte, wie andere Regionen das erfolgreich machen. Ich habe heute auch verstanden, dass das Fischereiwesen ein Bestandteil des Naturschutzes ist.“

Frankenwaldverein fordert Mitsprache aus den Nachbarkreisen

Die Vertreter des Frankenwald-Hauptvereins sehen der Konzeptphase positiv entgegen, wenngleich sie auch Befürchtungen hegen. „Für uns ist wichtig, dass unser 817 Kilometer umfassendes Streckennetz nicht gefährdet wird“, sagte Vorsitzender Dieter Frank. Zuletzt habe man zweimal das komplette Netz ertüchtigt und dafür das Prädikat „Wanderbares Deutschland“ erhalten. Man brauche hier weder unschöne Wälder noch Einschränkungen bei der Betretbarkeit des Waldes. „Das könnten wir unseren Mitgliedern nicht erklären“, sagte Franks Vize Josef Daum.

Weiterhin betonte Dieter Frank, dass auch die Landkreise Hof und Kulmbach ein Mitspracherecht bekommen müssten. „Der Frankenwald liegt nicht nur im Landkreis Kronach“, sagte er. Wenn es zu einem Bürgerentscheid komme, dürften zumindest die betroffenen Nachbargemeinden nicht außen vor bleiben.
Generell sei die Konzeptphase wichtig, um einige grundlegende Probleme im Bereich Tourismus anzusprechen – und mit langfristiger Perspektive anzugehen, denn: „Wir haben hier ernsthafte Probleme“, wie Frank sagte. Der Frankenwald sei als Urlaubsregion noch zu unbekannt, gleichzeitig bemängelten viele Urlauber die hiesige Infrastruktur, beispielsweise in der Gastronomie. „Wenn wir für solche Bereiche Lösungsansätze finden könnten, wäre das ein Erfolg. Unabhängig von der Frage: Nationalpark ja oder nein. Hauptgeschäftsführerin Marlene Roßner fasste zusammen: „Es geht um unsere Heimat. Da sollte man weder vorschnell ablehnen noch Hurra schreien.“

WBV Rennsteig ist gegen die Stilllegung von Flächen

Die Waldbesitzervereinigung (WBV) Rennsteig bleibt bei ihrem grundsätzlichen Nein zu einem Nationalpark Frankenwald. Das sagte Vorsitzender Hans-Georg Lindig nach seinem Gespräch mit Landtagsabgeordnetem Jürgen Baumgärtner. Konkrete Ängste vor Enteignungen oder Personalabbau im Forstbereich müsse man zwar nicht haben, so Lindig. Aber: „Ich habe klar aufgezeigt, dass wir gegen die Vergeudung von Ressourcen sind“, sagte er. Eine Stilllegung von Flächen, wie sie ein Nationalpark vorsieht, bedeute allerdings genau das. „Das führt dann dazu, dass Holz bester Qualität im Wald vergammelt.“
Außerdem müsse man weitere Konsequenzen bedenken. Im Frankenwald werde derzeit im Einklang mit Natur- und Tierschutz effizient Holz produziert. Gefährde man diesen Zustand, indem man Flächen stilllege, führe dies dazu, dass an anderer Stelle mehr Holz unter Missachtung von Natur- und Umweltschutz produziert werden müsse. „Das können wir nicht wollen“, so Lindig, der die gute Gesprächsatmosphäre mit dem Abgeordneten lobte. Auch, weil schwelende Ängste dadurch abgebaut worden seien. „Wir dachten am Anfang, die Sache soll in wenigen Wochen durchgepeitscht werden.“ Das soll laut Jürgen Baumgärtner aber nicht der Fall sein. „Wir haben alle Zeit der Welt.“

Dennoch plädierte Hans-Georg Lindig, die Gedankenspiele um einen Nationalpark schon jetzt zu beenden und nicht in die Konzeptphase einzusteigen. Auf jeden Fall kritisch sieht Lindig, dass ein möglicher Nationalpark bis nach Thüringen ins Grüne Band wachsen soll. „Dann wären wir von der WBV Rennsteig vom Nationalpark umschlossen.

Jürgen Baumgärtner äußerte sich dankbar für das Gespräch mit Hans-Georg Lindig. „Man merkt, wie wichtig es ist, ins Gespräch zu kommen. Viele Vorurteile konnten abgebaut werden. Am Ende bleibt für mich die ideologische Frage stehen: Kann man es gutheißen, Flächen stillzulegen.“ In allen anderen Fragen sei man nicht weit auseinander oder gar einer Meinung. „Ich bin dafür, mit diesen Gedanken in eine Konzeptphase zu gehen. Am Ende wird man ein Ergebnis haben, das man bewerten kann.“

Land- und Forstwirte fürchten Wettbewerbsnachteile

Das Gespräch zwischen Jürgen Baumgärtner und den Vertretern des BBV dauerte länger als geplant, brachte aber wenig Annäherung. Immerhin: Angesichts der zuvor sehr angespannten Lage zwischen beiden Seiten konnte zumindest eine „den Umständen entsprechend positive Atmosphäre“ erzeugt werden, wie Baumgärtner sagte. Obmann Erwin Schwarz ergänzte: „Die Diskussion muss versachlicht werden.“
In der Sache liegt man weiterhin weit auseinander. Die Land- und Forstwirte im Landkreis Kronach befürchten gewaltige Wettbewerbsnachteile, weil „wir Auflagen bekommen, die uns das Leben schwer machen werden“, so Schwarz.

Der BBV lehnt das Projekt daher grundlegend ab, will aber in der Konzeptphase weiter mit verhandeln. Strittig ist, ob der BBV, wie es Schwarz wünscht, Verbandsfachleute zu den Gesprächen entsenden darf. „Lobbyisten aus München will Jürgen Baumgärtner nicht am Tisch sitzen haben“, bedauerte Schwarz. Der Abgeordnete indes versicherte: „Ich nehme die Sorgen sehr ernst.“ Das können sich die BBV-Vertreter nicht vorstellen. Erwin Schwarz: „Unser Vertrauen in die Politik ist gering. Wann hat sich die Politik je an ihre Versprechen gehalten?“

Jäger sehen Schwarzwild-Schäden auf Kronach zukommen

Auch die Jäger im Landkreis Kronach lehnen einen Nationalpark Frankenwald weiterhin ab. Das sagte Kreisvorsitzender Bernhard Schmitt nach seinem Gespräch mit dem CSU-Abgeordneten. Das Schwarzwild im Landkreis nehme bereits jetzt überhand. Wenn auf Nationalparkflächen nicht oder nur sehr eingeschränkt gejagt werden dürfe, seien noch mehr Schäden zu erwarten. „Das geht bis zur Frage, wer die vielen Schäden durch Wildunfälle an Autos bezahlt“, so Schmitt. Dennoch sei anzuerkennen, dass „hier etwas für den Landkreis bewegt werden soll“. Daher werde sich der Jägerverband auch engagiert in die Konzeptphase einbringen. „Ein Nationalpark ist aus unserer Sicht nicht die Lösung, die wir brauchen. Aber vielleicht finden wir ja andere“, so Schmitt.

In diese Richtung argumentierte auch Jürgen Baumgärtner. Es gelte – genauso wie in anderen Bereichen – der Grundsatz, dass „niemand objektiv durch einen Nationalpark verlieren darf“. Aus seiner Sicht seien die meisten Befürchtungen der Jäger auszuräumen. Insofern sei er guten Mutes. Generell bewertete Baumgärtner den zweiten Dialogtag als sehr positiv. „Wir sind in vielen Bereichen vorwärts gekommen.“

Forderungskatalog der Waldbesitzer für die weiteren Verhandlungen

Die Waldbesitzer der WBV Kronach-Rothenkirchen sind ebenso wie ihre Kollegen vom Rennsteig „wenig begeistert“ von den Planungen eines Nationalparks. Allerdings wollen sie sich „positiv in den weiteren Dialog einbringen“, wie Georg Konrad nach dem Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten sagte. Es gibt also keine Blockade-Haltung, was den Einstieg in die Konzeptphase angeht. In die Verhandlungen will man mit einem Forderungskatalog gehen, den die WBV im Falle einer Nationalpark-Gründung erfüllt haben möchte. Demnach soll es keine Enteignungen geben und keine Abstriche beim Waldumbau. Zudem müsse geregelt werden, dass der Borkenkäfer genauso bekämpft werde wie die Überpopulation von Schwarzwild. Am liebsten wäre es der WBV, wenn eine solche Regelung in einem Staatsvertrag festgeschrieben würde. In jedem Fall gelte, dass man zu einer Versachlichung der Debatte beitragen möchte. „Es nützt uns nichts, wenn wir uns emotional gegen einander stellen“, so Konrad. In einer Konzeptphase müssten die Fakten auf den Tisch kommen – „und dann entscheiden unsere Mitglieder“. Apropos entscheiden: Für den Fall eines Bürgerentscheids wirbt die WBV dafür, den direkt betroffenen Grundstücksbesitzern ein stärkeres Stimmrecht zuzuerkennen. „Doch das ist rechtlich schwierig“, räumte Konrad ein.

Für Jürgen Baumgärtner stand nach dem Gespräch fest, dass „die WBV Kronach-Rothenkirchen äußerst professionell arbeitet“. So könne ein Dialog erfolgreich sein.