Kronach Plätze des Gedenkens

Yannick Seiler
In der ehemaligen Kronacher Synagoge könnten Gäste Veranstaltungen besuchen, sobald es die Pandemie erlaubt. Foto: /Aktionskreis Synagoge Kronach

Kronach erinnert heuer seiner jüdischen Mitbürger und ihrer Vergangenheit. Wie vielfältig sie war, soll eine Veranstaltungsreihe zeigen. Nun steht fest, was es wann zu sehen gibt.

 
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Kronach - Wer sie nicht kennt, dem werden sie kaum auffallen, die Zeugnisse jüdischen Lebens in Stadt und Landkreis Kronach. Den einstigen jüdischen Friedhof in Küps, die Stolpersteine auf dem Pflaster der Kronacher Altstadt oder die ehemalige Synagoge der Stadt unweit des Marienplatzes etwa. Nun soll sich das ändern. Heuer gedenkt Deutschland seiner jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und ihrer Jahrtausende alten Vergangenheit (siehe Infokasten). Der Frankenwald schließt sich der Erinnerung mit einer mehrmonatigen Veranstaltungsreihe an. „Wir wollen die jüdische Geschichte für die Kronacher Bevölkerung erlebbar machen“, sagt Odette Eisenträger-Sarter, Vorsitzende des Aktionskreises Kronacher Synagoge. Anfang Mai lädt sie zur Auftaktveranstaltung.

Zusammen mit der Leiterin der Volkshochschule Kreis Kronach, Annegret Kestler, und Sabine Nachtrab von der Partnerschaft für Demokratie des Landkreises hat sie vergangenes Jahr das Programm ausgearbeitet. „Super“ wäre es gewesen, hätte sie Gäste in Kronachs Synagoge einladen dürfen. Corona-Maßnahmen verhindern das. Nun plant sie virtuell. Volkshochschule und Partnerschaft für Demokratie machen das durch technische Ausstattung und Fördergelder möglich. Am Montag haben sie die Reihe während eines Pressegesprächs vorgestellt.

Spannende Einführung

Die ersten Worte des Erinnerungsjahrs spricht Bezirksheimatpfleger Günter Dippold. Ab 18.30 Uhr kommenden Dienstag spricht er online über „Aspekte jüdischen Lebens in Franken“. Kestler erwartet „eine spannende Einführung“. Zwei Tage darauf lädt unter anderem Kronachs Künstler Ingo Cesaro zur „Verbrannte Dichter“ genannten Lesung. Zum Gedenken an die von Nationalsozialisten verbrannten Werke jüdischer Autoren lesen Persönlichkeiten des Frankenwalds aus den damals verachteten Büchern. Am 14. Mai stellt Kronachs ehemaliger Landrat Heinz Köhler sein vergangenes Jahr erschienenes Buch „Aus der Geschichte der Juden in Mitwitz“ vor. Darin beschreibt er Hinterlassenschaften jüdischen Lebens in der Gemeinde. Im Juni sind Fahrten zu einstigen jüdischen Friedhöfen in Küps und Ebneth sowie zu den beiden ehemaligen Synagogen in Altenkunstadt und Lichtenfels geplant. Wo Juden in der Kreisstadt wohnten, zeigt der Kronacher Historiker Christian Porzelt. Im Juni und August führt er zu und über die Stolpersteine der Stadt. Im September hält er einen Vortrag zur Ausstellung „Die Bambergers – eine jüdische Familie in Kronach“ in der einstigen Synagoge. Im Oktober hören Gäste die Ergebnisse des Schulprojekts „Meet a Jew“. Dabei tragen Schülerinnen und Schüler jüdische Begriffe in deutsch vor. Auch planen die Organisatorinnen weitere Veranstaltungen wie Konzerte, unter anderem mit Werken jüdischer Komponisten. Am 9. November wollen sie der Reichspogromnacht gedenken. Im Dezember endet die Reihe. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Das ermöglicht laut Nachtrab Geld des Aktionsfonds Partnerschaft für Demokratie. „Durch das Programm haben wir die beste Chance, eine breite Wirkung zu erzielen“, sagt sie.

An die Pogromnacht erinnert Eisenträger-Sarter seit drei Jahrzehnten jedes Jahr. Seit der Gründung des Aktionskreises Kronacher Synagoge vor 30 Jahren ist sie deren Vorsitzende und setzt sich dafür ein, jüdisches Leben im Frankenwald nicht zu vergessen. Vor drei Jahren hat der Aktionskreis mit Führungen über die Stolpersteine begonnen. Die Ausstellung über die Bambergers ist laut Eisenträger-Sarter „erfolgreich“. Heuer unterstützen sie Politiker. Für die Veranstaltungsreihe schicke der Beauftragte der Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Ludwig Spaenle (CSU), eine Grußbotschaft.

Zugangsdaten per E-Mail

Heuer ist es laut Kestler maßgebend, Judenfeindlichkeit vorzubeugen. „Heutzutage ist es wichtiger denn je, ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen“, sagt sie. Jüngste Terrorakte gegen Juden zeigten, dass Judenhass kein Problem der Vergangenheit ist. Zwar dürfe sie zu vielen Veranstaltungen nur online laden, letztlich ist sie jedoch froh, die Veranstaltungsreihe überhaupt durchzuführen. Man habe versucht, ein möglichst vielfältiges Programm zusammenzustellen, das viele Teile jüdischen Lebens zeigt, sagt sie. Die ersten drei Veranstaltungen im Mai finden online statt. Zum Auftaktvortrag können sich Gäste telefonisch unter 09261-60600, per E-Mail an info@vhs-kronach.de oder über die Internetseite der Volkshochschule www.vhs-kronach.de unter Kursnummer 11002 anmelden. Die Zugangsdaten zur Onlineveranstaltung erhalten sie per E-Mail. Für die anderen beiden Veranstaltungen im Mai kann man sich auch anmelden.

Ob die weiteren Veranstaltungen online oder in Präsenz stattfinden, hänge davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt. Aktuelle Informationen dazu finden Besucher auf der Internetseite der Volkshochschule und unter www.synagoge-kronach.de, der Internetseite des Aktionskreises Kronacher Synagoge.

Laut Kestler ist es denkbar, dass künftig Schulklassen am Projekt teilnehmen. In Bamberg etwa gebe es eine aktive Synagogengemeinde, sagt sie. Man könnte Treffen mit Mitgliedern organisieren, die Schülerinnen und Schüler fragen können. Denn laut Eisenträger-Sarter wissen junge Menschen „stellenweise erschreckend“ wenig über jüdisches Leben in Kronach. Während ihrer Arbeit habe sie beobachtet, dass Jugendliche oft nicht wussten, dass vor noch nicht allzu langer Zeit Juden in Kronach gelebt haben und was mit ihnen letztlich geschah.

Würdigen Raum

Dass Gedenkjahre eine breitere Öffentlichkeit erreichen als einzelne Veranstaltungen, bestätigt Eisenträger-Sarter. Demnach widmen sich heuer auch einige Fernsehsendungen dem jüdischen Leben in Deutschland. Die Gedenkveranstaltungen haben durch die politische Unterstützung dieses Jahr nun einen anderen Stellenwert, ergänzt Kestler.

Die einstige Synagoge sei wie die katholische und evangelische Kirche ein Teil Kronachs, sagt Eisenträger-Sarter. „Wir wollen unseren Mitbürgern jüdischen Glaubens einen würdigen Raum geben“, sagt sie.

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