Theisenort Ein Feld für die Forschung

Rainer Glissnik
Annemarie Dorn vom Amt für Landwirtschaft Coburg-Kulmbach erklärte die Versuche auf dem Maisfeld mit verschiedensten Schutzmaßnahmen. Das Bild zeigt, von links, Monique Dobmeier (BayWa), Bereichsleiterin Christine Reininger vom Amt für Landwirtschaft, Projektorganisator Sebastian Funk, Professor Franz-Theo Gottwald, Hubertus von Künsberg-Langenstadt, Peter Hefner vom Agrarunternehmen Syngenta, Bürgermeister Bernd Rebhan, Engelbert Singhartinger von der Unteren Naturschutzbehörde, Annemarie Dorn, Andrè Maslo von der Ökologische Bildungsstätte Oberfranken sowie Guts-Mitarbeiter Björn Forkel. Foto: Rainer Glissnik

In einem Pilotprojekt versuchen Agrarwissenschaftler in Zusammenarbeit mit Landwirten, dem Artensterben entgegenzuwirken. Die Bittl’sche Gutsverwaltung in Theisenort beteiligt sich daran.

 
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Der Betrieb Bittl`sche Gutsverwaltung von Hubertus und Barbara von Künsberg-Langenstadt in Theisenort ist einer von 19 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die beim Projekt „Natur-Positive-Agrarsysteme“ (NaPa) mitwirken. Dabei werden über mehrere Jahre hinweg Daten über die Auswirkungen unterschiedlicher Anbauarten und Bewirtschaftungsformen auf die lokale Biodiversität, Bodengesundheit sowie das Klima gewonnen und dazu regelmäßig Wissen und praktische Erfahrungen ausgetauscht. Die wöchentlich gezogenen Proben werden von einer Forschungsinstitution unter anderem daraufhin ausgewertet, welche Insekten und andere Kleintiere in Luft und Boden vorkommen.

„Ich mache beim Natur-Positive-Agrarsysteme Projekt NaPA mit, denn durch die wissenschaftliche Unterstützung haben wir Möglichkeiten, endlich zu sehen, was für Lebewesen es tatsächlich bei uns gibt und wie häufig sie sind“, erklärte dazu Hubertus von Künsberg-Langenstadt bei einer Informationsveranstaltung über dieses Vorhaben.

Nachhaltiges Wirtschaften

Die Bittl`sche Gutsverwaltung ist hinsichtlich Nachhaltigkeit schon sehr weit, erklärte Hubertus von Künsberg-Langenstadt. Schon sein Schwiegervater Robert Bittl begann vor zwei Jahrzehnten damit, als er feststellte, dass es mit der Bodenerosion einfach nicht mehr so weitergehen dürfe. Damals wurde auf pfluglose Bewirtschaftung umgestellt. Die Flächen nähmen Wasser viel besser auf und hielten es sehr viel besser. Und es gebe sehr viel mehr Regenwürmer.

Konventionelle und ökologische Landwirte sollten sich seiner Meinung nach austauschen und sich Gedanken machen, wie die Landwirtschaft auch mit Klimawandel erfolgreich und nachhaltig ist. „Aber allein an der Stellschraube Landwirtschaft zu drehen, wird die großen Probleme nicht wesentlich verändern“, so Hubertus von Künsberg-Langenstadt. Alle müssten mehr, um die Umwelt zu erhalten. „Wer im Sommer mit dem Auto fährt und seine Windschutzscheibe anschaut, kann sich ausrechnen wie viele Insekten allein durch den Verkehr getötet werden, wenn man von 50 Millionen Autos in Deutschland ausgeht.“

An allen Schrauben drehen

Auch die Lichtverschmutzung töte Milliarden von Insekten. „Alles was wir Menschen – etwa an Medikamenten – zu uns nehmen landet im Wasser. 14 000 Tonnen Sonnenschutzmittel in unseren Meeren. Östrogene zur Schwangerschaftsverhütung haben massive Auswirkungen auf unser Ökosystem. Es entsteht eine Verweiblichung der im Wasser lebenden Tierarten und damit eine zunehmende Unfruchtbarkeit der männlichen Bewohner. Erst wenn wir an allen Schrauben drehen über alle politischen Farben hinweg wird es eine Veränderung geben“, so von Künsberg-Langenstadt. Und natürlich müsse auch die Landwirtschaft dazu beitragen.

In Theisenort werde etwa eine Biogasanlage betrieben, die Strom für 2000 Haushalte erzeugt. Man habe auch ein Nahwärmenetz gelegt. Damit seien in vergangenes Jahr 10 000 Kubikmeter Hackschnitzel getrocknet worden. Der Großteil gehe an das Heizwerk in Mitwitz, wo 124 Haushalte angeschlossen seien. Dort spare man im Jahr 600 000 Liter Heizöl ein.

Schlupfwespen gegen Maiszünsler

Für die Biogasanlage baue man am Bittl`schen Gut auch Mais an. Damit komme aber auch zunehmend der Maiszünsler auf die Äcker. „Wir bringen inzwischen mit einer Drohne genau berechnet Kapseln mit Schlupfwespen aus. Diese legen ihre Eier in den Eiern des Maiszünslers ab und töten dessen Larve.“ Ihm sei diese ökologische Variante lieber als ein Insektizid.

Wie Professor Franz-Theo Gottwald von der Humboldt-Universität Berlin betonte, habe Hubertus von Künsberg-Langenstadt in Küps eine multifunktionale Landwirtschaft aufgebaut. Er sei Landwirt, Energiewirt, Jäger und Waldbauer. Viele Leistungen zur Verbesserung der biologischen Vielfalt seien hier zu sehen. Dabei sei die zunehmende Trockenheit ein Problem. Es geht bei der Weiterentwicklung der Landwirtschaft um Klimaschutz, Bodenschutz, Erhalt der biologischen Vielfalt und das Einkommen, von dem die Menschen auf dem Land leben. Das NaPA-Projekt ziele darauf, Nutz- und Schutzinteressen zu vereinen. Er sehe das NaPA-Projekt als einen Augenöffner. „Endlich kommen wir damit aus den Konfliktlinien zwischen scheinbar guten Biobauern und scheinbar bösen konventionellen Landwirten heraus.“ Man erkunde stattdessen gemeinsam, was in Zeiten des Klimawandels funktioniere. dadurch ergäben sich neue Impulse für den künftigen Anbau.

Neues ausprobieren

Projektorganisator Sebastian Funk erklärte abschließend, wie die Daten auf dem Bittl`schen Gut gewonnen werden. Annemarie Dorn vom Amt für Landwirtschaft Coburg-Kulmbach stellte zudem die Versuche auf dem Maisfeld mit verschiedensten Pflanzenschutzmaßnahmen vor. In der Theisenorter Flur hätten maschinelle Schutzmaßnahmen und halbierter Pflanzenschutzmitteleinsatz eine starke bis völlige Verdrängung des Mais durch andere Pflanzen ergeben. Hierzu wird weiter in der Realität geforscht und Neues probiert.

„Jeder und jede muss einen Beitrag zum Klimaschutzleisten“, appellierte dann auch der Küpser Bürgermeister Bernd Rebhan. Das NaPA-Projekt sei etwas Großartiges.

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