Bayreuth "Nicht nur die Gesteinsart ist entscheidend"

Interview: mit Professor Michael Keppler, Universität Bayreuth Quelle: Unbekannt

Welche Kriterien sind ausschlaggebend für den Bau eines Endlagers mit hochradioaktivem Müll? Der Chef des Geoinstituts an der Universität Bayreuth gibt Antworten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bayreuth - Mit Spannung wird am kommenden Montag in Berlin der Zwischenbericht erwartet, der die Endlagersuche für Atommüll in Deutschland konkretisiert. Darin werden Gebiete in Deutschland genannt, die bestimmte Kriterien für den Bau eines Endlagers für hoch radioaktiven Atommüll erfüllen und genauer untersucht werden sollen. Professor Hans Keppler, Leiter des Bayerischen Geoinstituts an der Universität Bayreuth, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Herr Professor Keppler, welche Art von Gestein ist besonders geeignet für die Lagerung von hochradioaktivem Müll?

Das hängt nicht allein vom Gesteinstyp ab. Wesentlich ist, dass ein Stoffaustausch mit Grundwasser über einen Zeitraum von Millionen von Jahren ausgeschlossen sein muss. Man kann daher in Gebieten, wo es praktisch nie regnet, andere Gesteine verwenden als in Mitteleuropa. Das war der Grundgedanke hinter dem Yucca-Mountain-Projekt in den USA, wo radioaktiver Abfall in vulkanischen Tuffen gelagert werden sollte. Das Hauptargument für diese Lokalität war, dass sie in der Wüste von Nevada liegt, weit weg von menschlichen Siedlungen und ohne Kontakt zu Grundwasser. In Europa wurden bisher drei verschiedene Gesteins-
typen in Betracht gezogen: Steinsalz (Gorleben, Deutschland), Tone (Frankreich und Schweiz) sowie Granit (Schweden und Finnland).

Wie unterscheiden sich diese Gesteine in Bezug auf ein Endlager?

Steinsalz ist auf den ersten Blick vielleicht nicht eine besonders einleuchtende Lösung, da es selbst leicht wasserlöslich ist und auch einen relativ niedrigen Schmelzpunkt um 800 Grad Celsius hat. Die Salzstöcke in Norddeutschland sind aber offenbar durch die umgebenden Gesteine über Millionen von Jahren weitgehend vom Grundwasser abgeschirmt worden - ansonsten würden sie nicht mehr existieren. Für das Salz sprechen daher weniger die Gesteinseigenschaften, sondern die geologische Umgebung. Ton ist prinzipiell sehr attraktiv, da Tone wasser-undurchlässig sind und außerdem durch ihre Ionenaustausch-Eigenschaften eventuell freigesetzte radioaktive Atome erneut binden können. Granit ist mechanisch sehr stabil. Ein Problem ist aber häufig die Bildung von Spalten, durch die Grundwasser zirkulieren kann. Die schwedische Lagerstätte bei Forsmark ist hier ungewöhnlich, da man durch Bohrungen zeigen konnte, dass der Granit nur sehr wenig wasserführende Spalten enthält. In jedem Fall wird man sich bei einem Endlager nie allein auf die Gesteinseigenschaften verlassen - alle Konzepte sehen mehrere Barrieren gegen die Freisetzung von Radioaktivität vor, das Gestein ist nur eine davon.

Welche Rolle spielen Erdbeben? Wären diese eine relevante Gefahr für ein Endlager?

Es gibt durchaus eine Gefährdung durch Erdbeben, insbesondere an den Randstörungen des Oberrheingrabens. Das ist in der öffentlichen Wahrnehmung vielleicht nicht so gegenwärtig - aber im Jahr 1356 wurde Basel durch ein Erdbeben praktisch völlig zerstört. Die bisher diskutierten möglichen Lagerstätten in Deutschland sind aber relativ weit entfernt von möglichen Epizentren und auch die Struktur eines Endlagers ist normalerweise nicht so empfindlich gegen Erschütterungen wie normale Gebäude.

Kann man verhindern, dass Wasser in ein solches Lager einbricht? Spielt der Klimawandel dabei eine Rolle?

Idealerweise sollte die Geologie des Endlagers Kontakt mit Grundwasser ausschließen. Zusätzlich werden aber grundsätzlich immer weitere Barrieren eingebaut, wie etwa Abdichtungen mit Bentonit (einem Tonmineral), korrosionsbeständige Kanister für den Abfall oder die Einbindung des Abfalls in eine schwer lösliche Matrix. Da der Abfall über Millionen von Jahren sicher gelagert werden soll, muss man mögliche Klimaänderungen natürlich im Auge behalten. Das schwedische Konzept berücksichtigt beispielsweise sogar das Risiko durch eine mögliche Vereisung (also eine Überdeckung durch Gletscher).

Interview und Foto: Universität Bayreuth

Autor

Bilder